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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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und die den Zweck haben, den Blutstrom von der Lunge ab und un-
mittelbar in die Körpergefäße zu lenken. So existirt in der Scheide-
wand der Vorhöfe das sogenannte eirunde Loch, welches eine Com-
munikation zwischen beiden Vorhöfen herstellt und so gestellt ist, daß
schon der größte Theil des aus dem Körper zurückkehrenden venösen
Blutes unmittelbar durch den rechten Vorhof hindurch in die linke
Herzhälfte strömen muß, also den Weg durch die rechte Kammer, durch die
Lunge bis in den linken Vorhof nicht zu machen braucht. Das wenige
übrige Blut, welches noch in die rechte Kammer kommt, wird zwar
von dieser durch die Lungenarterie ausgetrieben, geht aber größten-
theils durch ein weites Gefäß, den sogenannten Botallischen Gang,
direkt in die Aorta über, ohne die Lunge zu durchlaufen, so daß also
fast alles Blut, welches in das Herz kommt, durch die Körperbahn
der Aorta wieder von demselben weggeführt wird. Diese giebt bald
nach ihrem Eintritte in die Bauchhöhle die oberen Darmarterien ab,
von welchen die Gefäße des Harnsackes, die beiden großen Nabelarte-
rien entspringen, durch die ein bedeutender Theil des Embryonalblutes
in den Fruchtkuchen strömt. Das Blut, welches hier gekreist und
Sauerstoff der Luft, so wie Ernährungsstoffe von dem Blute der
Mutter eingetauscht hat, kehrt durch die Nabelvene zurück und vereinigt
sich durch ein weites, in der Leber gelegenes Gefäß, den venösen Le-
bergang (Ductus venosus Arrantii), mit dem aus dem Körper zurück-
kommendem Blute in der Hohlvene unmittelbar vor dem Herzen. Bei
der Geburt treiben die Muskelfasern des Fruchthälters durch heftige
Zusammenziehungen den Embryo durch die Scheide und die äußeren
Geschlechtstheile hervor, wobei die Eihäute zersprengt werden. Un-
mittelbar nach der Geburt fängt das Junge an zu athmen, die Lungen
dehnen sich aus, das Blut strömt ihnen zu und indem einerseits die
Nabelgefäße, die zu dem als Nachgeburt ausgetriebenen Fruchtkuchen
gingen, zusammenfallen, schließt sich anderseits sehr bald das eirunde
Loch, der Botallische Gang und der venöse Gang der Leber, so daß
die vollständige Scheidung zwischen beiden Herzhälften und Blutarten
realisirt wird. Bei den im Wasser lebenden Säugethieren bleibt das
eirunde Loch besonders lang offen, schließt sich aber doch im späteren
Alter völlig.

Die Dauer der Trächtigkeit ist bei den Säugethieren sehr ver-
schieden, steht aber gewöhnlich im Verhältnisse zu der Größe. Die
kleineren Nager, die Mäuse, Kaninchen u. s. w. tragen nur drei bis
sechs Wochen, während diese Zeit bei dem Menschen neun Monate, bei

und die den Zweck haben, den Blutſtrom von der Lunge ab und un-
mittelbar in die Körpergefäße zu lenken. So exiſtirt in der Scheide-
wand der Vorhöfe das ſogenannte eirunde Loch, welches eine Com-
munikation zwiſchen beiden Vorhöfen herſtellt und ſo geſtellt iſt, daß
ſchon der größte Theil des aus dem Körper zurückkehrenden venöſen
Blutes unmittelbar durch den rechten Vorhof hindurch in die linke
Herzhälfte ſtrömen muß, alſo den Weg durch die rechte Kammer, durch die
Lunge bis in den linken Vorhof nicht zu machen braucht. Das wenige
übrige Blut, welches noch in die rechte Kammer kommt, wird zwar
von dieſer durch die Lungenarterie ausgetrieben, geht aber größten-
theils durch ein weites Gefäß, den ſogenannten Botalliſchen Gang,
direkt in die Aorta über, ohne die Lunge zu durchlaufen, ſo daß alſo
faſt alles Blut, welches in das Herz kommt, durch die Körperbahn
der Aorta wieder von demſelben weggeführt wird. Dieſe giebt bald
nach ihrem Eintritte in die Bauchhöhle die oberen Darmarterien ab,
von welchen die Gefäße des Harnſackes, die beiden großen Nabelarte-
rien entſpringen, durch die ein bedeutender Theil des Embryonalblutes
in den Fruchtkuchen ſtrömt. Das Blut, welches hier gekreiſt und
Sauerſtoff der Luft, ſo wie Ernährungsſtoffe von dem Blute der
Mutter eingetauſcht hat, kehrt durch die Nabelvene zurück und vereinigt
ſich durch ein weites, in der Leber gelegenes Gefäß, den venöſen Le-
bergang (Ductus venosus Arrantii), mit dem aus dem Körper zurück-
kommendem Blute in der Hohlvene unmittelbar vor dem Herzen. Bei
der Geburt treiben die Muskelfaſern des Fruchthälters durch heftige
Zuſammenziehungen den Embryo durch die Scheide und die äußeren
Geſchlechtstheile hervor, wobei die Eihäute zerſprengt werden. Un-
mittelbar nach der Geburt fängt das Junge an zu athmen, die Lungen
dehnen ſich aus, das Blut ſtrömt ihnen zu und indem einerſeits die
Nabelgefäße, die zu dem als Nachgeburt ausgetriebenen Fruchtkuchen
gingen, zuſammenfallen, ſchließt ſich anderſeits ſehr bald das eirunde
Loch, der Botalliſche Gang und der venöſe Gang der Leber, ſo daß
die vollſtändige Scheidung zwiſchen beiden Herzhälften und Blutarten
realiſirt wird. Bei den im Waſſer lebenden Säugethieren bleibt das
eirunde Loch beſonders lang offen, ſchließt ſich aber doch im ſpäteren
Alter völlig.

Die Dauer der Trächtigkeit iſt bei den Säugethieren ſehr ver-
ſchieden, ſteht aber gewöhnlich im Verhältniſſe zu der Größe. Die
kleineren Nager, die Mäuſe, Kaninchen u. ſ. w. tragen nur drei bis
ſechs Wochen, während dieſe Zeit bei dem Menſchen neun Monate, bei

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[426/0432] und die den Zweck haben, den Blutſtrom von der Lunge ab und un- mittelbar in die Körpergefäße zu lenken. So exiſtirt in der Scheide- wand der Vorhöfe das ſogenannte eirunde Loch, welches eine Com- munikation zwiſchen beiden Vorhöfen herſtellt und ſo geſtellt iſt, daß ſchon der größte Theil des aus dem Körper zurückkehrenden venöſen Blutes unmittelbar durch den rechten Vorhof hindurch in die linke Herzhälfte ſtrömen muß, alſo den Weg durch die rechte Kammer, durch die Lunge bis in den linken Vorhof nicht zu machen braucht. Das wenige übrige Blut, welches noch in die rechte Kammer kommt, wird zwar von dieſer durch die Lungenarterie ausgetrieben, geht aber größten- theils durch ein weites Gefäß, den ſogenannten Botalliſchen Gang, direkt in die Aorta über, ohne die Lunge zu durchlaufen, ſo daß alſo faſt alles Blut, welches in das Herz kommt, durch die Körperbahn der Aorta wieder von demſelben weggeführt wird. Dieſe giebt bald nach ihrem Eintritte in die Bauchhöhle die oberen Darmarterien ab, von welchen die Gefäße des Harnſackes, die beiden großen Nabelarte- rien entſpringen, durch die ein bedeutender Theil des Embryonalblutes in den Fruchtkuchen ſtrömt. Das Blut, welches hier gekreiſt und Sauerſtoff der Luft, ſo wie Ernährungsſtoffe von dem Blute der Mutter eingetauſcht hat, kehrt durch die Nabelvene zurück und vereinigt ſich durch ein weites, in der Leber gelegenes Gefäß, den venöſen Le- bergang (Ductus venosus Arrantii), mit dem aus dem Körper zurück- kommendem Blute in der Hohlvene unmittelbar vor dem Herzen. Bei der Geburt treiben die Muskelfaſern des Fruchthälters durch heftige Zuſammenziehungen den Embryo durch die Scheide und die äußeren Geſchlechtstheile hervor, wobei die Eihäute zerſprengt werden. Un- mittelbar nach der Geburt fängt das Junge an zu athmen, die Lungen dehnen ſich aus, das Blut ſtrömt ihnen zu und indem einerſeits die Nabelgefäße, die zu dem als Nachgeburt ausgetriebenen Fruchtkuchen gingen, zuſammenfallen, ſchließt ſich anderſeits ſehr bald das eirunde Loch, der Botalliſche Gang und der venöſe Gang der Leber, ſo daß die vollſtändige Scheidung zwiſchen beiden Herzhälften und Blutarten realiſirt wird. Bei den im Waſſer lebenden Säugethieren bleibt das eirunde Loch beſonders lang offen, ſchließt ſich aber doch im ſpäteren Alter völlig. Die Dauer der Trächtigkeit iſt bei den Säugethieren ſehr ver- ſchieden, ſteht aber gewöhnlich im Verhältniſſe zu der Größe. Die kleineren Nager, die Mäuſe, Kaninchen u. ſ. w. tragen nur drei bis ſechs Wochen, während dieſe Zeit bei dem Menſchen neun Monate, bei

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/432>, abgerufen am 25.11.2024.