an die doppelte Biegung der Körpers, die Nackenbeuge hinter der Ohrblase und die Kopfbeuge zwischen der mittleren und hinteren Ab- theilung, durch welche das Vordertheil des Embryo's wie ein Finger zusammengebogen und in die Dotterblase hineingedrückt wird; erst in den späteren Zeiten der Embryonalentwickelung zeigt sich der Säuge- thiertypus in der Hirnbildung dadurch, daß das Vorderhirn gänzlich das Mittelhirn überwächst und zugleich an dem kleinen Gehirne die beiden Seitentheile sich ausbilden, durch deren stärkere Entfaltung das Säugethiergehirn sich wesentlich von demjenigen des Vogels un- terscheidet.
Fast gleichzeitig mit der ersten Anlage des Centralnervensystemes entsteht diejenige des Skelettes in der Wirbelsaite, sowie die erste Zellenanhäufung, die sich später zu dem Herzschlauche aushöhlt. Die Rückensaite erreicht bei den Embryonen der Säugethiere niemals auch nur die verhältnißmäßige Wichtigkeit, welche sie bei den niederen Wirbelthieren besitzt und wird sehr bald durch die ersten Anlagen der Wirbelkörper ersetzt, welche in Gestalt quadratischer Täfelchen zu beiden Seiten der Wirbelsaite auftreten und sich nach und nach zu den Wirbelkörpern umwandeln. An dem Schädel bildet sich ebenso, wie bei den anderen Wirbelthieren, zuerst ein knorpeliger Urschädel, der theilweise an seiner Basis verknöchert, größten Theils aber durch die Deckplatten der Schädelknochen bei der späteren Ausbildung verdrängt wird. Das Verhältniß der drei Schädelbalken zu dem Naume, in welchem sich der Hirnanhang erzeugt, ist bei den Säugethieren ebenfalls wesentlich das früher dargestellte. Auch die Gliedmaßen erscheinen ursprünglich nur als breite, flossenförmige Vorsprünge und lassen erst in den spä- teren Zeiten die Abtheilungen der Finger und Zehen gewahren, welche sich ursprünglich in ähnlicher Weise darstellen, wie sie an den Flossen der Robben z. B. permanent ausgebildet sind. Die erste Anlage des Herzens zeigt sich, wie schon bemerkt, unmittelbar nach der Anlage des Rückenmarkes und Gehirnes in Gestalt einer soliden Zellenanhäu- fung, welche sich bald in einen Sförmig gewundenen Schlauch um- wandelt, der in seinen hinteren Zipfeln das über den Dotter herströ- mende Blut aufnimmt und es durch seine vordere Spitze wieder in
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an die doppelte Biegung der Körpers, die Nackenbeuge hinter der Ohrblaſe und die Kopfbeuge zwiſchen der mittleren und hinteren Ab- theilung, durch welche das Vordertheil des Embryo’s wie ein Finger zuſammengebogen und in die Dotterblaſe hineingedrückt wird; erſt in den ſpäteren Zeiten der Embryonalentwickelung zeigt ſich der Säuge- thiertypus in der Hirnbildung dadurch, daß das Vorderhirn gänzlich das Mittelhirn überwächſt und zugleich an dem kleinen Gehirne die beiden Seitentheile ſich ausbilden, durch deren ſtärkere Entfaltung das Säugethiergehirn ſich weſentlich von demjenigen des Vogels un- terſcheidet.
Faſt gleichzeitig mit der erſten Anlage des Centralnervenſyſtemes entſteht diejenige des Skelettes in der Wirbelſaite, ſowie die erſte Zellenanhäufung, die ſich ſpäter zu dem Herzſchlauche aushöhlt. Die Rückenſaite erreicht bei den Embryonen der Säugethiere niemals auch nur die verhältnißmäßige Wichtigkeit, welche ſie bei den niederen Wirbelthieren beſitzt und wird ſehr bald durch die erſten Anlagen der Wirbelkörper erſetzt, welche in Geſtalt quadratiſcher Täfelchen zu beiden Seiten der Wirbelſaite auftreten und ſich nach und nach zu den Wirbelkörpern umwandeln. An dem Schädel bildet ſich ebenſo, wie bei den anderen Wirbelthieren, zuerſt ein knorpeliger Urſchädel, der theilweiſe an ſeiner Baſis verknöchert, größten Theils aber durch die Deckplatten der Schädelknochen bei der ſpäteren Ausbildung verdrängt wird. Das Verhältniß der drei Schädelbalken zu dem Naume, in welchem ſich der Hirnanhang erzeugt, iſt bei den Säugethieren ebenfalls weſentlich das früher dargeſtellte. Auch die Gliedmaßen erſcheinen urſprünglich nur als breite, floſſenförmige Vorſprünge und laſſen erſt in den ſpä- teren Zeiten die Abtheilungen der Finger und Zehen gewahren, welche ſich urſprünglich in ähnlicher Weiſe darſtellen, wie ſie an den Floſſen der Robben z. B. permanent ausgebildet ſind. Die erſte Anlage des Herzens zeigt ſich, wie ſchon bemerkt, unmittelbar nach der Anlage des Rückenmarkes und Gehirnes in Geſtalt einer ſoliden Zellenanhäu- fung, welche ſich bald in einen Sförmig gewundenen Schlauch um- wandelt, der in ſeinen hinteren Zipfeln das über den Dotter herſtrö- mende Blut aufnimmt und es durch ſeine vordere Spitze wieder in
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an die doppelte Biegung der Körpers, die Nackenbeuge hinter der
Ohrblaſe und die Kopfbeuge zwiſchen der mittleren und hinteren Ab-
theilung, durch welche das Vordertheil des Embryo’s wie ein Finger
zuſammengebogen und in die Dotterblaſe hineingedrückt wird; erſt in
den ſpäteren Zeiten der Embryonalentwickelung zeigt ſich der Säuge-
thiertypus in der Hirnbildung dadurch, daß das Vorderhirn gänzlich
das Mittelhirn überwächſt und zugleich an dem kleinen Gehirne die
beiden Seitentheile ſich ausbilden, durch deren ſtärkere Entfaltung
das Säugethiergehirn ſich weſentlich von demjenigen des Vogels un-
terſcheidet.
Faſt gleichzeitig mit der erſten Anlage des Centralnervenſyſtemes
entſteht diejenige des Skelettes in der Wirbelſaite, ſowie die erſte
Zellenanhäufung, die ſich ſpäter zu dem Herzſchlauche aushöhlt. Die
Rückenſaite erreicht bei den Embryonen der Säugethiere niemals auch nur
die verhältnißmäßige Wichtigkeit, welche ſie bei den niederen Wirbelthieren
beſitzt und wird ſehr bald durch die erſten Anlagen der Wirbelkörper
erſetzt, welche in Geſtalt quadratiſcher Täfelchen zu beiden Seiten der
Wirbelſaite auftreten und ſich nach und nach zu den Wirbelkörpern
umwandeln. An dem Schädel bildet ſich ebenſo, wie bei den anderen
Wirbelthieren, zuerſt ein knorpeliger Urſchädel, der theilweiſe an ſeiner
Baſis verknöchert, größten Theils aber durch die Deckplatten der
Schädelknochen bei der ſpäteren Ausbildung verdrängt wird. Das
Verhältniß der drei Schädelbalken zu dem Naume, in welchem ſich
der Hirnanhang erzeugt, iſt bei den Säugethieren ebenfalls weſentlich
das früher dargeſtellte. Auch die Gliedmaßen erſcheinen urſprünglich
nur als breite, floſſenförmige Vorſprünge und laſſen erſt in den ſpä-
teren Zeiten die Abtheilungen der Finger und Zehen gewahren, welche
ſich urſprünglich in ähnlicher Weiſe darſtellen, wie ſie an den Floſſen
der Robben z. B. permanent ausgebildet ſind. Die erſte Anlage des
Herzens zeigt ſich, wie ſchon bemerkt, unmittelbar nach der Anlage
des Rückenmarkes und Gehirnes in Geſtalt einer ſoliden Zellenanhäu-
fung, welche ſich bald in einen Sförmig gewundenen Schlauch um-
wandelt, der in ſeinen hinteren Zipfeln das über den Dotter herſtrö-
mende Blut aufnimmt und es durch ſeine vordere Spitze wieder in
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/425>, abgerufen am 24.11.2024.
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