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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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eine mit eigenthümlicher, sehr stark muskulöser Klappe versehene weite
Oeffnung in die rechte Herzkammer getrieben, von welcher aus es in
die Lungen gepumpt wird. Nachdem es die Lungen durchlaufen und
dort den Einfluß der eingeathmeten Luft erfahren hat, kehrt es in
die linke Vorkammer, welche es in die linke Herzkammer sendet, die
es nun durch zwei Aorten, in deren Vertheilung vielfache Verschie-
denheit herrscht, in den Körper treibt, von wo es durch die Venen
und das Pfortadersystem der Leber in die rechte Vorkammer zurück-
kehrt. Die Vögel sind demnach die erste Wirbelthierklasse, bei welchen
das Blut in seiner Gesammtheit die Lungen durchläuft und niemals
eine Mischung zwischen beiden Blutarten stattfindet, Bedingungen,
welche, wie es scheint, zur Hervorbringung der wärmeren Tempera-
tur des Blutes, wie sie bei Säugethieren und Vögeln sich findet,
nothwendig sind. In der Schwanzgegend findet sich bei allen Vögeln
entweder nur ein häutiger Lymphbehälter, oder selbst ein contractiler,
mit Muskelfasern versehener Lymphsack.

Die Nieren liegen in dem hinteren Theile der Bauchhöhle in
den vorderen Gruben des Kreuzbeines, sind sehr häufig mit einander
verschmolzen und senden aus ihrer vorderen Fläche die beiden Harn-
leiter nach der Kloake hin, in deren hintere Wand sie sich neben den
Geschlechtskanälen öffnen. Außer ihnen müssen wir noch eines be-
sonderen Absonderungsorganes gedenken, der sogenannten Bürzel-
drüse,
welche in der äußeren Haut auf dem Rücken des Schwanzes
unmittelbar an den Steuerfedern desselben liegt und eine fettige
Schmiere absondert, womit die Vögel ihre Federn einzuölen pflegen.
Sie ist bei den Wasservögeln, deren fettes Gefieder von dem Wasser
gar nicht genetzt wird, am bedeutendsten und fehlt namentlich den
Laufvögeln durchaus. Enten und Gänse sieht man oft stundenlang
beschäftigt, mit dem Schnabel zuerst etwas Schmiere aus dieser Bür-
zeldrüse auszupressen und dann die einzelnen Federn gleichsam durch-
zukauen und sie so einzuölen.

Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen immer aus
zwei Hoden, von welchen der linke meist etwas größer ist und die
zur Begattungszeit bedeutend anschwellen, nachher aber auf ein sehr
geringes Maaß zurücksinken. Die Samenleiter gehen ohne Bildung
eines Nebenhodens von dem Hoden geschlängelt nach der Kloake zu
und endigen sich an der Hinterwand derselben bei den meisten Vögeln
auf zwei kleinen, gefäßreichen Wärzchen. Nur bei den Laufvögeln

eine mit eigenthümlicher, ſehr ſtark muskulöſer Klappe verſehene weite
Oeffnung in die rechte Herzkammer getrieben, von welcher aus es in
die Lungen gepumpt wird. Nachdem es die Lungen durchlaufen und
dort den Einfluß der eingeathmeten Luft erfahren hat, kehrt es in
die linke Vorkammer, welche es in die linke Herzkammer ſendet, die
es nun durch zwei Aorten, in deren Vertheilung vielfache Verſchie-
denheit herrſcht, in den Körper treibt, von wo es durch die Venen
und das Pfortaderſyſtem der Leber in die rechte Vorkammer zurück-
kehrt. Die Vögel ſind demnach die erſte Wirbelthierklaſſe, bei welchen
das Blut in ſeiner Geſammtheit die Lungen durchläuft und niemals
eine Miſchung zwiſchen beiden Blutarten ſtattfindet, Bedingungen,
welche, wie es ſcheint, zur Hervorbringung der wärmeren Tempera-
tur des Blutes, wie ſie bei Säugethieren und Vögeln ſich findet,
nothwendig ſind. In der Schwanzgegend findet ſich bei allen Vögeln
entweder nur ein häutiger Lymphbehälter, oder ſelbſt ein contractiler,
mit Muskelfaſern verſehener Lymphſack.

Die Nieren liegen in dem hinteren Theile der Bauchhöhle in
den vorderen Gruben des Kreuzbeines, ſind ſehr häufig mit einander
verſchmolzen und ſenden aus ihrer vorderen Fläche die beiden Harn-
leiter nach der Kloake hin, in deren hintere Wand ſie ſich neben den
Geſchlechtskanälen öffnen. Außer ihnen müſſen wir noch eines be-
ſonderen Abſonderungsorganes gedenken, der ſogenannten Bürzel-
drüſe,
welche in der äußeren Haut auf dem Rücken des Schwanzes
unmittelbar an den Steuerfedern deſſelben liegt und eine fettige
Schmiere abſondert, womit die Vögel ihre Federn einzuölen pflegen.
Sie iſt bei den Waſſervögeln, deren fettes Gefieder von dem Waſſer
gar nicht genetzt wird, am bedeutendſten und fehlt namentlich den
Laufvögeln durchaus. Enten und Gänſe ſieht man oft ſtundenlang
beſchäftigt, mit dem Schnabel zuerſt etwas Schmiere aus dieſer Bür-
zeldrüſe auszupreſſen und dann die einzelnen Federn gleichſam durch-
zukauen und ſie ſo einzuölen.

Die männlichen Geſchlechtsorgane beſtehen immer aus
zwei Hoden, von welchen der linke meiſt etwas größer iſt und die
zur Begattungszeit bedeutend anſchwellen, nachher aber auf ein ſehr
geringes Maaß zurückſinken. Die Samenleiter gehen ohne Bildung
eines Nebenhodens von dem Hoden geſchlängelt nach der Kloake zu
und endigen ſich an der Hinterwand derſelben bei den meiſten Vögeln
auf zwei kleinen, gefäßreichen Wärzchen. Nur bei den Laufvögeln

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[318/0324] eine mit eigenthümlicher, ſehr ſtark muskulöſer Klappe verſehene weite Oeffnung in die rechte Herzkammer getrieben, von welcher aus es in die Lungen gepumpt wird. Nachdem es die Lungen durchlaufen und dort den Einfluß der eingeathmeten Luft erfahren hat, kehrt es in die linke Vorkammer, welche es in die linke Herzkammer ſendet, die es nun durch zwei Aorten, in deren Vertheilung vielfache Verſchie- denheit herrſcht, in den Körper treibt, von wo es durch die Venen und das Pfortaderſyſtem der Leber in die rechte Vorkammer zurück- kehrt. Die Vögel ſind demnach die erſte Wirbelthierklaſſe, bei welchen das Blut in ſeiner Geſammtheit die Lungen durchläuft und niemals eine Miſchung zwiſchen beiden Blutarten ſtattfindet, Bedingungen, welche, wie es ſcheint, zur Hervorbringung der wärmeren Tempera- tur des Blutes, wie ſie bei Säugethieren und Vögeln ſich findet, nothwendig ſind. In der Schwanzgegend findet ſich bei allen Vögeln entweder nur ein häutiger Lymphbehälter, oder ſelbſt ein contractiler, mit Muskelfaſern verſehener Lymphſack. Die Nieren liegen in dem hinteren Theile der Bauchhöhle in den vorderen Gruben des Kreuzbeines, ſind ſehr häufig mit einander verſchmolzen und ſenden aus ihrer vorderen Fläche die beiden Harn- leiter nach der Kloake hin, in deren hintere Wand ſie ſich neben den Geſchlechtskanälen öffnen. Außer ihnen müſſen wir noch eines be- ſonderen Abſonderungsorganes gedenken, der ſogenannten Bürzel- drüſe, welche in der äußeren Haut auf dem Rücken des Schwanzes unmittelbar an den Steuerfedern deſſelben liegt und eine fettige Schmiere abſondert, womit die Vögel ihre Federn einzuölen pflegen. Sie iſt bei den Waſſervögeln, deren fettes Gefieder von dem Waſſer gar nicht genetzt wird, am bedeutendſten und fehlt namentlich den Laufvögeln durchaus. Enten und Gänſe ſieht man oft ſtundenlang beſchäftigt, mit dem Schnabel zuerſt etwas Schmiere aus dieſer Bür- zeldrüſe auszupreſſen und dann die einzelnen Federn gleichſam durch- zukauen und ſie ſo einzuölen. Die männlichen Geſchlechtsorgane beſtehen immer aus zwei Hoden, von welchen der linke meiſt etwas größer iſt und die zur Begattungszeit bedeutend anſchwellen, nachher aber auf ein ſehr geringes Maaß zurückſinken. Die Samenleiter gehen ohne Bildung eines Nebenhodens von dem Hoden geſchlängelt nach der Kloake zu und endigen ſich an der Hinterwand derſelben bei den meiſten Vögeln auf zwei kleinen, gefäßreichen Wärzchen. Nur bei den Laufvögeln

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/324>, abgerufen am 22.11.2024.