Die Athemorgane sind stets nur in Form von Lungen ent- wickelt und wie schon öfter angeführt wurde, unterscheiden sich die Reptilien, sowie alle anderen höheren Wirbelthiere hauptsächlich da- durch von den niederen, daß zu keiner Zeit ihres Lebens, selbst im Embryonalzustande nicht, wirklich athmende Kiemen vorkommen. Ein gesonderter Kehlkopf tritt jetzt deutlich hervor, die Stimmritze ist spaltenförmig und bei einigen Eidechsen sind sogar vollständige spann- bare Stimmbänder ausgebildet. Die Gränze zwischen Luftröhre und deren Aesten sowie den Lungen selbst, ist oft sehr schwierig zu bestim- men, da die Knorpelringe, welche erstere umgeben, zuweilen sich weit in die Lunge hinein fortsetzen und andererseits die Zellen, welche die Lungen auszeichnen, oft über einen großen Theil der Luftröhre sich hinziehen und hier sogar tiefer und ausgebildeter sind, als in den eigentlichen Lungen. Gewöhnlich sind zwei sackartige Lungen vorhan- den, welche durch die ganze Bauchhöhle sich erstrecken und auf ihrer inneren Fläche zellige Vorsprünge der Schleimhaut besitzen, die bald einfach sind, bald sich mehr compliciren und dann einem schwammigen, von Hohlräumen durchzogenen Gewebe ähnlich werden. Zuweilen fehlen diese Zellen in der hinteren Abtheilung der Lunge, die dann als ein wenig gefäßreicher Luftsack sich darstellt und wahrscheinlich als Reservoir dient. Bei den Schlangen und schlangenähnlichen Eidech- sen sind die Lungen ausnahmsweise nicht von gleicher Größe, sondern nur die eine entwickelt, die andere aber rudimentär oder selbst gar nicht vorhanden. Das Herz aller Reptilien besteht aus vier Abthei- lungen, zwei vollständig geschiedenen Vorhöfen, deren Trennung auch äußerlich sichtbar ist und zwei Kammern, deren Scheidewand indessen erst bei den Krokodilen vollständig wird, während bei allen übrigen mehr oder minder große Lücken in denselben vorkommen, durch welche das Blut aus der linken Kammer in die Rechte übergeführt wird. Bei den Schildkröten, den Schlangen und den meisten Eidechsen, wo die Scheidewand unvollständig ist, entspringen deßhalb sowohl die Lungen- als auch die Körpergefäße aus der rechten Herzkammer, wäh- rend bei den Krokodilen die Lungenarterie und eine linke Aorta aus der rechten Kammer, die größere rechte Aorta dagegen aus der linken Kammer entspringt. Wenn nun auch durch besondere Klappenvor- richtungen im Inneren des Herzens das aus dem Körper zurückkeh- rende Blut, auch bei unvollständiger Scheidewand, hauptsächlich nach der Lungenarterie, das aus den Lungen kommende wesentlich nach den Aorten hingeleitet wird, so ist doch auf der anderen Seite sowohl hier, wie
Die Athemorgane ſind ſtets nur in Form von Lungen ent- wickelt und wie ſchon öfter angeführt wurde, unterſcheiden ſich die Reptilien, ſowie alle anderen höheren Wirbelthiere hauptſächlich da- durch von den niederen, daß zu keiner Zeit ihres Lebens, ſelbſt im Embryonalzuſtande nicht, wirklich athmende Kiemen vorkommen. Ein geſonderter Kehlkopf tritt jetzt deutlich hervor, die Stimmritze iſt ſpaltenförmig und bei einigen Eidechſen ſind ſogar vollſtändige ſpann- bare Stimmbänder ausgebildet. Die Gränze zwiſchen Luftröhre und deren Aeſten ſowie den Lungen ſelbſt, iſt oft ſehr ſchwierig zu beſtim- men, da die Knorpelringe, welche erſtere umgeben, zuweilen ſich weit in die Lunge hinein fortſetzen und andererſeits die Zellen, welche die Lungen auszeichnen, oft über einen großen Theil der Luftröhre ſich hinziehen und hier ſogar tiefer und ausgebildeter ſind, als in den eigentlichen Lungen. Gewöhnlich ſind zwei ſackartige Lungen vorhan- den, welche durch die ganze Bauchhöhle ſich erſtrecken und auf ihrer inneren Fläche zellige Vorſprünge der Schleimhaut beſitzen, die bald einfach ſind, bald ſich mehr compliciren und dann einem ſchwammigen, von Hohlräumen durchzogenen Gewebe ähnlich werden. Zuweilen fehlen dieſe Zellen in der hinteren Abtheilung der Lunge, die dann als ein wenig gefäßreicher Luftſack ſich darſtellt und wahrſcheinlich als Reſervoir dient. Bei den Schlangen und ſchlangenähnlichen Eidech- ſen ſind die Lungen ausnahmsweiſe nicht von gleicher Größe, ſondern nur die eine entwickelt, die andere aber rudimentär oder ſelbſt gar nicht vorhanden. Das Herz aller Reptilien beſteht aus vier Abthei- lungen, zwei vollſtändig geſchiedenen Vorhöfen, deren Trennung auch äußerlich ſichtbar iſt und zwei Kammern, deren Scheidewand indeſſen erſt bei den Krokodilen vollſtändig wird, während bei allen übrigen mehr oder minder große Lücken in denſelben vorkommen, durch welche das Blut aus der linken Kammer in die Rechte übergeführt wird. Bei den Schildkröten, den Schlangen und den meiſten Eidechſen, wo die Scheidewand unvollſtändig iſt, entſpringen deßhalb ſowohl die Lungen- als auch die Körpergefäße aus der rechten Herzkammer, wäh- rend bei den Krokodilen die Lungenarterie und eine linke Aorta aus der rechten Kammer, die größere rechte Aorta dagegen aus der linken Kammer entſpringt. Wenn nun auch durch beſondere Klappenvor- richtungen im Inneren des Herzens das aus dem Körper zurückkeh- rende Blut, auch bei unvollſtändiger Scheidewand, hauptſächlich nach der Lungenarterie, das aus den Lungen kommende weſentlich nach den Aorten hingeleitet wird, ſo iſt doch auf der anderen Seite ſowohl hier, wie
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Die Athemorgane ſind ſtets nur in Form von Lungen ent-
wickelt und wie ſchon öfter angeführt wurde, unterſcheiden ſich die
Reptilien, ſowie alle anderen höheren Wirbelthiere hauptſächlich da-
durch von den niederen, daß zu keiner Zeit ihres Lebens, ſelbſt im
Embryonalzuſtande nicht, wirklich athmende Kiemen vorkommen. Ein
geſonderter Kehlkopf tritt jetzt deutlich hervor, die Stimmritze iſt
ſpaltenförmig und bei einigen Eidechſen ſind ſogar vollſtändige ſpann-
bare Stimmbänder ausgebildet. Die Gränze zwiſchen Luftröhre und
deren Aeſten ſowie den Lungen ſelbſt, iſt oft ſehr ſchwierig zu beſtim-
men, da die Knorpelringe, welche erſtere umgeben, zuweilen ſich weit
in die Lunge hinein fortſetzen und andererſeits die Zellen, welche die
Lungen auszeichnen, oft über einen großen Theil der Luftröhre ſich
hinziehen und hier ſogar tiefer und ausgebildeter ſind, als in den
eigentlichen Lungen. Gewöhnlich ſind zwei ſackartige Lungen vorhan-
den, welche durch die ganze Bauchhöhle ſich erſtrecken und auf ihrer
inneren Fläche zellige Vorſprünge der Schleimhaut beſitzen, die bald
einfach ſind, bald ſich mehr compliciren und dann einem ſchwammigen,
von Hohlräumen durchzogenen Gewebe ähnlich werden. Zuweilen
fehlen dieſe Zellen in der hinteren Abtheilung der Lunge, die dann
als ein wenig gefäßreicher Luftſack ſich darſtellt und wahrſcheinlich als
Reſervoir dient. Bei den Schlangen und ſchlangenähnlichen Eidech-
ſen ſind die Lungen ausnahmsweiſe nicht von gleicher Größe, ſondern
nur die eine entwickelt, die andere aber rudimentär oder ſelbſt gar
nicht vorhanden. Das Herz aller Reptilien beſteht aus vier Abthei-
lungen, zwei vollſtändig geſchiedenen Vorhöfen, deren Trennung auch
äußerlich ſichtbar iſt und zwei Kammern, deren Scheidewand indeſſen
erſt bei den Krokodilen vollſtändig wird, während bei allen übrigen
mehr oder minder große Lücken in denſelben vorkommen, durch welche
das Blut aus der linken Kammer in die Rechte übergeführt wird.
Bei den Schildkröten, den Schlangen und den meiſten Eidechſen, wo
die Scheidewand unvollſtändig iſt, entſpringen deßhalb ſowohl die
Lungen- als auch die Körpergefäße aus der rechten Herzkammer, wäh-
rend bei den Krokodilen die Lungenarterie und eine linke Aorta aus
der rechten Kammer, die größere rechte Aorta dagegen aus der linken
Kammer entſpringt. Wenn nun auch durch beſondere Klappenvor-
richtungen im Inneren des Herzens das aus dem Körper zurückkeh-
rende Blut, auch bei unvollſtändiger Scheidewand, hauptſächlich nach der
Lungenarterie, das aus den Lungen kommende weſentlich nach den
Aorten hingeleitet wird, ſo iſt doch auf der anderen Seite ſowohl hier, wie
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/244>, abgerufen am 23.11.2024.
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