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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 1064. Fig. 1065. Fig 1066.

Fig. 1064. Vordertheil des Muräne (Muraena helena). Fig. 1065. Kopf von Symbranchus
unicolor
von der Seite. Fig. 1066. Derselbe von unten, um die gemeinschaftliche Kiemenöff-
nung unter dem Halse zu zeigen.

Die Aale (Muraenida) haben einen spitzen Kopf mit lang vor-
gezogener Schnauze, die mit starken Hakenzähnen bewaffnet ist. Die
Mundspalte wird einzig vom Zwischenkiefer begränzt; der Oberkiefer
liegt über demselben, zu einem ganz kleinen Knöchelchen geschwunden,
im Fleische. Die Brustflossen fehlen oft gänzlich; vor ihnen findet
sich die fast horizontal gestellte, spaltförmige kleine Kiemenöffnung;
auch die senkrechten Flossen sind zuweilen so verkümmert, daß eine
oder die andere, zuweilen selbst alle gänzlich fehlen. Der Schulter-
gürtel ist nicht, wie bei den übrigen Knochenfischen, an dem Hinter-
haupte, sondern weiter nach hinten an der Wirbelsäule aufgehängt.
Die Bauchhöhle ist ziemlich kurz, der After fast in der Mitte des
Körpers, der Magen mit einem Blindsacke versehen, der Darm dage-
gen ohne Pförtneranhänge; Eierstöcke und Hoden entbehren gänzlich
aller Ausführungsgänge und ihre Produkte werden durch zwei sehr
kleine Oeffnungen zu beiden Seiten des Afters aus der Bauchhöhle,
in die sie sich entleeren, ausgeführt. Der ziemlich allgemein verbreitete
Glaube, daß die Aale lebendige Junge gebären, ist falsch und wurde
durch die Entleerung von Eingeweidewürmern aus dem After bedingt,
die man ihrer Gestalt wegen für junge Aale hielt. Anguilla; Conger;
Muraena; Muraenophis; Sphagebranchus; Ophisurus; Apterichthys
.

In der Familie der Löcheraale (Symbranchida) sind die beiden
Kiemenöffnungen unter der Kehle zu einem einzigen Loche vereinigt,
welches gewöhnlich durch eine mittlere Scheidewand in zwei Theile
getheilt ist. Der Zwischenkiefer begränzt wie bei den vorigen das
ganze Maul, aber der Oberkiefer ist nicht rudimentär und im Fleische
versteckt, sondern begleitet den Zwischenkiefer in seiner ganzen Länge;
der Schultergürtel ist weit hinter dem Kopfe an der Wirbelsäule auf-
gehängt; die Brustflossen fehlen gewöhnlich; bei den senkrechten Flossen
lassen sich meistens die Strahlen kaum erkennen. Die Schwimmblase,
der Blindsack des Magens und die Pförtneranhänge fehlen durchaus,
der Darm ist ganz gerade und die Leber außerordentlich lang; hin-


[Abbildung] Fig. 1064. Fig. 1065. Fig 1066.

Fig. 1064. Vordertheil des Muräne (Muraena helena). Fig. 1065. Kopf von Symbranchus
unicolor
von der Seite. Fig. 1066. Derſelbe von unten, um die gemeinſchaftliche Kiemenöff-
nung unter dem Halſe zu zeigen.

Die Aale (Muraenida) haben einen ſpitzen Kopf mit lang vor-
gezogener Schnauze, die mit ſtarken Hakenzähnen bewaffnet iſt. Die
Mundſpalte wird einzig vom Zwiſchenkiefer begränzt; der Oberkiefer
liegt über demſelben, zu einem ganz kleinen Knöchelchen geſchwunden,
im Fleiſche. Die Bruſtfloſſen fehlen oft gänzlich; vor ihnen findet
ſich die faſt horizontal geſtellte, ſpaltförmige kleine Kiemenöffnung;
auch die ſenkrechten Floſſen ſind zuweilen ſo verkümmert, daß eine
oder die andere, zuweilen ſelbſt alle gänzlich fehlen. Der Schulter-
gürtel iſt nicht, wie bei den übrigen Knochenfiſchen, an dem Hinter-
haupte, ſondern weiter nach hinten an der Wirbelſäule aufgehängt.
Die Bauchhöhle iſt ziemlich kurz, der After faſt in der Mitte des
Körpers, der Magen mit einem Blindſacke verſehen, der Darm dage-
gen ohne Pförtneranhänge; Eierſtöcke und Hoden entbehren gänzlich
aller Ausführungsgänge und ihre Produkte werden durch zwei ſehr
kleine Oeffnungen zu beiden Seiten des Afters aus der Bauchhöhle,
in die ſie ſich entleeren, ausgeführt. Der ziemlich allgemein verbreitete
Glaube, daß die Aale lebendige Junge gebären, iſt falſch und wurde
durch die Entleerung von Eingeweidewürmern aus dem After bedingt,
die man ihrer Geſtalt wegen für junge Aale hielt. Anguilla; Conger;
Muraena; Muraenophis; Sphagebranchus; Ophisurus; Apterichthys
.

In der Familie der Löcheraale (Symbranchida) ſind die beiden
Kiemenöffnungen unter der Kehle zu einem einzigen Loche vereinigt,
welches gewöhnlich durch eine mittlere Scheidewand in zwei Theile
getheilt iſt. Der Zwiſchenkiefer begränzt wie bei den vorigen das
ganze Maul, aber der Oberkiefer iſt nicht rudimentär und im Fleiſche
verſteckt, ſondern begleitet den Zwiſchenkiefer in ſeiner ganzen Länge;
der Schultergürtel iſt weit hinter dem Kopfe an der Wirbelſäule auf-
gehängt; die Bruſtfloſſen fehlen gewöhnlich; bei den ſenkrechten Floſſen
laſſen ſich meiſtens die Strahlen kaum erkennen. Die Schwimmblaſe,
der Blindſack des Magens und die Pförtneranhänge fehlen durchaus,
der Darm iſt ganz gerade und die Leber außerordentlich lang; hin-

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[158/0164] [Abbildung Fig. 1064. Fig. 1065. Fig 1066. Fig. 1064. Vordertheil des Muräne (Muraena helena). Fig. 1065. Kopf von Symbranchus unicolor von der Seite. Fig. 1066. Derſelbe von unten, um die gemeinſchaftliche Kiemenöff- nung unter dem Halſe zu zeigen. ] Die Aale (Muraenida) haben einen ſpitzen Kopf mit lang vor- gezogener Schnauze, die mit ſtarken Hakenzähnen bewaffnet iſt. Die Mundſpalte wird einzig vom Zwiſchenkiefer begränzt; der Oberkiefer liegt über demſelben, zu einem ganz kleinen Knöchelchen geſchwunden, im Fleiſche. Die Bruſtfloſſen fehlen oft gänzlich; vor ihnen findet ſich die faſt horizontal geſtellte, ſpaltförmige kleine Kiemenöffnung; auch die ſenkrechten Floſſen ſind zuweilen ſo verkümmert, daß eine oder die andere, zuweilen ſelbſt alle gänzlich fehlen. Der Schulter- gürtel iſt nicht, wie bei den übrigen Knochenfiſchen, an dem Hinter- haupte, ſondern weiter nach hinten an der Wirbelſäule aufgehängt. Die Bauchhöhle iſt ziemlich kurz, der After faſt in der Mitte des Körpers, der Magen mit einem Blindſacke verſehen, der Darm dage- gen ohne Pförtneranhänge; Eierſtöcke und Hoden entbehren gänzlich aller Ausführungsgänge und ihre Produkte werden durch zwei ſehr kleine Oeffnungen zu beiden Seiten des Afters aus der Bauchhöhle, in die ſie ſich entleeren, ausgeführt. Der ziemlich allgemein verbreitete Glaube, daß die Aale lebendige Junge gebären, iſt falſch und wurde durch die Entleerung von Eingeweidewürmern aus dem After bedingt, die man ihrer Geſtalt wegen für junge Aale hielt. Anguilla; Conger; Muraena; Muraenophis; Sphagebranchus; Ophisurus; Apterichthys. In der Familie der Löcheraale (Symbranchida) ſind die beiden Kiemenöffnungen unter der Kehle zu einem einzigen Loche vereinigt, welches gewöhnlich durch eine mittlere Scheidewand in zwei Theile getheilt iſt. Der Zwiſchenkiefer begränzt wie bei den vorigen das ganze Maul, aber der Oberkiefer iſt nicht rudimentär und im Fleiſche verſteckt, ſondern begleitet den Zwiſchenkiefer in ſeiner ganzen Länge; der Schultergürtel iſt weit hinter dem Kopfe an der Wirbelſäule auf- gehängt; die Bruſtfloſſen fehlen gewöhnlich; bei den ſenkrechten Floſſen laſſen ſich meiſtens die Strahlen kaum erkennen. Die Schwimmblaſe, der Blindſack des Magens und die Pförtneranhänge fehlen durchaus, der Darm iſt ganz gerade und die Leber außerordentlich lang; hin-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/164>, abgerufen am 23.11.2024.