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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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innere Höhlen findet, welche den centralen Nervenmassen aller übrigen
Thiere gänzlich abgehen. In der Masse des Gehirnes und Rücken-
markes finden die Nerven unzweifelhaft ihre Endigung und zwar wie
es scheint in der Weise, daß jede primitive Faser von einer Ganglien-
kugel entspringt. In der That unterscheidet man im Gehirne und
Rückenmarke aller Wirbelthiere wesentlich zwei Substanzen, eine weiße
Substanz aus Primitivfasern gebildet, welche eine nur unbedeutende
Hülle besitzen, und eine mehr graue Substanz, die vorzugsweise aus
Ganglienkugeln zusammengesetzt erscheint. Die genaueren Verhältnisse
der Nerven zu bestimmten Partien des Gehirnes sind durchaus noch
nicht festgestellt; doch dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß im
Gehirne und Rückenmarke eine Menge von Fasern sowohl wie von
Ganglienkugeln existiren, welche mit den ausstrahlenden Nervenfasern
in keiner direkten Beziehung stehen. Im Allgemeinen bemerkt man,
daß die Gewölbtheile um so mehr ausgebildet sind und der Hirnstamm
um so mehr zurücksinkt, je höher entwickelt die Intelligenz und die
geistigen Fähigkeiten des Thieres erscheinen -- und dieß Verhältniß
sowohl, wie auch direkte Beobachtungen und Versuche weisen darauf
hin, daß die geistigen Fähigkeiten hauptsächlich in den Gewölbtheilen
des Gehirnes ihren Sitz haben, die sich auch durch ihre Unempfind-
lichkeit von dem äußerst empfindlichen Hirnstamme wesentlich unter-
scheiden. Bei den meisten Wirbelthieren lassen sich in dem Gehirne
drei Hauptabtheilungen unterscheiden: Das Hinterhirn oder Nach-
hirn
, aus dem verlängerten Marke, welches unmittelbar mit dem
Rückenmarke zusammenhängt, und dem kleinen Gehirne gebildet; das
Mittelhirn, die sogenannten Vierhügel enthaltend; und das Vor-
derhirn
, das zum größten Theile von den Hemisphären des großen
Gehirnes gebildet wird; es entsprechen diese Theile wesentlich den drei
spezifischen Sinnesorganen des Kopfes, das Vorderhirn der Nase, das
Mittelhirn den Augen, das Nachhirn den Ohren, und wenn auch
mannigfaltige Zusammenschiebungen in dieser Hinsicht vorkommen, so
kann man doch meist bei dem Embryo diese drei Abtheilungen mit
Deutlichkeit in den ersten Anlagen des Central-Nervensystemes unter-
scheiden. Auch hier lassen sich je nach der Stufe der Ausbildung, auf
welche sich ein Wirbelthier erhebt, vielfache Modificationen der Bil-
dung erkennen, indem das Mittelhirn, welches die geringste Gewölbe-
bildung zeigt, stufenweise zurücksinkt, während bei zunehmender Intel-
ligenz die Seitentheile des kleinen Gehirnes, vorzüglich aber die Hemi-
sphären des Großhirnes eine so bedeutende Ausbildung erhalten, daß
letztere das Mittelhirn gänzlich überwuchern und in sich aufnehmen.


innere Höhlen findet, welche den centralen Nervenmaſſen aller übrigen
Thiere gänzlich abgehen. In der Maſſe des Gehirnes und Rücken-
markes finden die Nerven unzweifelhaft ihre Endigung und zwar wie
es ſcheint in der Weiſe, daß jede primitive Faſer von einer Ganglien-
kugel entſpringt. In der That unterſcheidet man im Gehirne und
Rückenmarke aller Wirbelthiere weſentlich zwei Subſtanzen, eine weiße
Subſtanz aus Primitivfaſern gebildet, welche eine nur unbedeutende
Hülle beſitzen, und eine mehr graue Subſtanz, die vorzugsweiſe aus
Ganglienkugeln zuſammengeſetzt erſcheint. Die genaueren Verhältniſſe
der Nerven zu beſtimmten Partien des Gehirnes ſind durchaus noch
nicht feſtgeſtellt; doch dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß im
Gehirne und Rückenmarke eine Menge von Faſern ſowohl wie von
Ganglienkugeln exiſtiren, welche mit den ausſtrahlenden Nervenfaſern
in keiner direkten Beziehung ſtehen. Im Allgemeinen bemerkt man,
daß die Gewölbtheile um ſo mehr ausgebildet ſind und der Hirnſtamm
um ſo mehr zurückſinkt, je höher entwickelt die Intelligenz und die
geiſtigen Fähigkeiten des Thieres erſcheinen — und dieß Verhältniß
ſowohl, wie auch direkte Beobachtungen und Verſuche weiſen darauf
hin, daß die geiſtigen Fähigkeiten hauptſächlich in den Gewölbtheilen
des Gehirnes ihren Sitz haben, die ſich auch durch ihre Unempfind-
lichkeit von dem äußerſt empfindlichen Hirnſtamme weſentlich unter-
ſcheiden. Bei den meiſten Wirbelthieren laſſen ſich in dem Gehirne
drei Hauptabtheilungen unterſcheiden: Das Hinterhirn oder Nach-
hirn
, aus dem verlängerten Marke, welches unmittelbar mit dem
Rückenmarke zuſammenhängt, und dem kleinen Gehirne gebildet; das
Mittelhirn, die ſogenannten Vierhügel enthaltend; und das Vor-
derhirn
, das zum größten Theile von den Hemiſphären des großen
Gehirnes gebildet wird; es entſprechen dieſe Theile weſentlich den drei
ſpezifiſchen Sinnesorganen des Kopfes, das Vorderhirn der Naſe, das
Mittelhirn den Augen, das Nachhirn den Ohren, und wenn auch
mannigfaltige Zuſammenſchiebungen in dieſer Hinſicht vorkommen, ſo
kann man doch meiſt bei dem Embryo dieſe drei Abtheilungen mit
Deutlichkeit in den erſten Anlagen des Central-Nervenſyſtemes unter-
ſcheiden. Auch hier laſſen ſich je nach der Stufe der Ausbildung, auf
welche ſich ein Wirbelthier erhebt, vielfache Modificationen der Bil-
dung erkennen, indem das Mittelhirn, welches die geringſte Gewölbe-
bildung zeigt, ſtufenweiſe zurückſinkt, während bei zunehmender Intel-
ligenz die Seitentheile des kleinen Gehirnes, vorzüglich aber die Hemi-
ſphären des Großhirnes eine ſo bedeutende Ausbildung erhalten, daß
letztere das Mittelhirn gänzlich überwuchern und in ſich aufnehmen.


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[9/0015] innere Höhlen findet, welche den centralen Nervenmaſſen aller übrigen Thiere gänzlich abgehen. In der Maſſe des Gehirnes und Rücken- markes finden die Nerven unzweifelhaft ihre Endigung und zwar wie es ſcheint in der Weiſe, daß jede primitive Faſer von einer Ganglien- kugel entſpringt. In der That unterſcheidet man im Gehirne und Rückenmarke aller Wirbelthiere weſentlich zwei Subſtanzen, eine weiße Subſtanz aus Primitivfaſern gebildet, welche eine nur unbedeutende Hülle beſitzen, und eine mehr graue Subſtanz, die vorzugsweiſe aus Ganglienkugeln zuſammengeſetzt erſcheint. Die genaueren Verhältniſſe der Nerven zu beſtimmten Partien des Gehirnes ſind durchaus noch nicht feſtgeſtellt; doch dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß im Gehirne und Rückenmarke eine Menge von Faſern ſowohl wie von Ganglienkugeln exiſtiren, welche mit den ausſtrahlenden Nervenfaſern in keiner direkten Beziehung ſtehen. Im Allgemeinen bemerkt man, daß die Gewölbtheile um ſo mehr ausgebildet ſind und der Hirnſtamm um ſo mehr zurückſinkt, je höher entwickelt die Intelligenz und die geiſtigen Fähigkeiten des Thieres erſcheinen — und dieß Verhältniß ſowohl, wie auch direkte Beobachtungen und Verſuche weiſen darauf hin, daß die geiſtigen Fähigkeiten hauptſächlich in den Gewölbtheilen des Gehirnes ihren Sitz haben, die ſich auch durch ihre Unempfind- lichkeit von dem äußerſt empfindlichen Hirnſtamme weſentlich unter- ſcheiden. Bei den meiſten Wirbelthieren laſſen ſich in dem Gehirne drei Hauptabtheilungen unterſcheiden: Das Hinterhirn oder Nach- hirn, aus dem verlängerten Marke, welches unmittelbar mit dem Rückenmarke zuſammenhängt, und dem kleinen Gehirne gebildet; das Mittelhirn, die ſogenannten Vierhügel enthaltend; und das Vor- derhirn, das zum größten Theile von den Hemiſphären des großen Gehirnes gebildet wird; es entſprechen dieſe Theile weſentlich den drei ſpezifiſchen Sinnesorganen des Kopfes, das Vorderhirn der Naſe, das Mittelhirn den Augen, das Nachhirn den Ohren, und wenn auch mannigfaltige Zuſammenſchiebungen in dieſer Hinſicht vorkommen, ſo kann man doch meiſt bei dem Embryo dieſe drei Abtheilungen mit Deutlichkeit in den erſten Anlagen des Central-Nervenſyſtemes unter- ſcheiden. Auch hier laſſen ſich je nach der Stufe der Ausbildung, auf welche ſich ein Wirbelthier erhebt, vielfache Modificationen der Bil- dung erkennen, indem das Mittelhirn, welches die geringſte Gewölbe- bildung zeigt, ſtufenweiſe zurückſinkt, während bei zunehmender Intel- ligenz die Seitentheile des kleinen Gehirnes, vorzüglich aber die Hemi- ſphären des Großhirnes eine ſo bedeutende Ausbildung erhalten, daß letztere das Mittelhirn gänzlich überwuchern und in ſich aufnehmen.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/15>, abgerufen am 21.11.2024.