Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

welchen man noch besonders zwei Gruppen, das silurische als
untere und das devonische System als aufliegende Gruppe unter-
schieden hat, ist besonders in neuerer Zeit ungemein fruchtbringend ge-
wesen und verdient auch um deßwillen besondere Berücksichtigung, weil
hier die Anfangstypen des ganzen Thierlebens sich unsern Blicken darbieten.
Von großer Wichtigkeit ist es daher zu sehen, daß alle jene Grundtypen der
Kreise, welche wir in dem Thierreiche unterscheiden, schon im Beginn re-
präsentirt sind, wenn auch hauptsächlich nur in ihren niederen Formen.

Ueber den Uebergangsgebilden, wohl von ihnen unterschieden und
eine durchaus andere Schöpfung bietend, sehen wir die Steinkohlen-
gebilde
mit einer ungemein reichen Entwickelung der Vegetation,
deren Ueberreste uns jetzt die Steinkohlen liefern. Auch hier findet
sich eine große Anzahl thierischer Versteinerungen, besonders in dem
die Steinkohlen begleitenden Kohlenkalke; wie es denn überhaupt all-
gemeines Gesetz ist, daß thierische Versteinerungen vorzugsweise in
kalkigen Schichten, pflanzliche dagegen in kieselig sandigen Schichten
sich vorfinden. Die Kohlenformation kommt hauptsächlich in einzelnen
Becken vor, welche bald Meeresufer, bald aber auch weit ausge-
dehnte Binnensümpfe gewesen sein mögen, an welchen die üppigen
Wälder der Kohlenzeit gediehen. Auch in der Kohlenzeit sind von
Wirbelthieren nur noch Fische vorhanden, und man hat deßhalb die
Uebergangsgebilde und das Kohlengebirge zusammen wohl auch als
das Reich der Fische bezeichnet.

Auf dem Kohlengebirge lagern vielfache Schichten, welche man,
der vorwiegenden Ausbildung der Reptilien wegen, auch als Reich
der Reptilien bezeichnet hat. Das Kupferschiefergebirge oder
das permische System, das Salzgebirge oder die Trias, der
Jura und die Kreide bilden die vier Gruppen, welche man in die-
ser Periode unterschieden hat. In dem triasischen System, wel-
ches namentlich zu beiden Seiten des Oberrheines und in Mittel-
deutschland als bunter Sandstein, Muschelkalk und Keuper ausgebildet
ist, sind es besonders die Schichten des Muschelkalkes, welche eine
reiche Ausbeute in Versteinerungen liefern und ganz besonders hin-
sichtlich der Ausbildung der Gliederthiere und namentlich der Krebse
wichtig erscheinen. Die Kalk- und Mergelschichten des Jura, durch
ihre Korallenriffe ausgezeichnet, bilden einen nicht minder eigenthüm-
lichen Abschnitt in der Erdgeschichte, indem im Jura besonders die
Ausbildung der Reptilien ihren Höhepunkt erreicht. Die gewaltigen
Bogen, welche von dem jurassischen Gebirge in Nord- und Süddeutsch-
land, in der Schweiz, Frankreich und England angelagert sind und

welchen man noch beſonders zwei Gruppen, das ſiluriſche als
untere und das devoniſche Syſtem als aufliegende Gruppe unter-
ſchieden hat, iſt beſonders in neuerer Zeit ungemein fruchtbringend ge-
weſen und verdient auch um deßwillen beſondere Berückſichtigung, weil
hier die Anfangstypen des ganzen Thierlebens ſich unſern Blicken darbieten.
Von großer Wichtigkeit iſt es daher zu ſehen, daß alle jene Grundtypen der
Kreiſe, welche wir in dem Thierreiche unterſcheiden, ſchon im Beginn re-
präſentirt ſind, wenn auch hauptſächlich nur in ihren niederen Formen.

Ueber den Uebergangsgebilden, wohl von ihnen unterſchieden und
eine durchaus andere Schöpfung bietend, ſehen wir die Steinkohlen-
gebilde
mit einer ungemein reichen Entwickelung der Vegetation,
deren Ueberreſte uns jetzt die Steinkohlen liefern. Auch hier findet
ſich eine große Anzahl thieriſcher Verſteinerungen, beſonders in dem
die Steinkohlen begleitenden Kohlenkalke; wie es denn überhaupt all-
gemeines Geſetz iſt, daß thieriſche Verſteinerungen vorzugsweiſe in
kalkigen Schichten, pflanzliche dagegen in kieſelig ſandigen Schichten
ſich vorfinden. Die Kohlenformation kommt hauptſächlich in einzelnen
Becken vor, welche bald Meeresufer, bald aber auch weit ausge-
dehnte Binnenſümpfe geweſen ſein mögen, an welchen die üppigen
Wälder der Kohlenzeit gediehen. Auch in der Kohlenzeit ſind von
Wirbelthieren nur noch Fiſche vorhanden, und man hat deßhalb die
Uebergangsgebilde und das Kohlengebirge zuſammen wohl auch als
das Reich der Fiſche bezeichnet.

Auf dem Kohlengebirge lagern vielfache Schichten, welche man,
der vorwiegenden Ausbildung der Reptilien wegen, auch als Reich
der Reptilien bezeichnet hat. Das Kupferſchiefergebirge oder
das permiſche Syſtem, das Salzgebirge oder die Trias, der
Jura und die Kreide bilden die vier Gruppen, welche man in die-
ſer Periode unterſchieden hat. In dem triaſiſchen Syſtem, wel-
ches namentlich zu beiden Seiten des Oberrheines und in Mittel-
deutſchland als bunter Sandſtein, Muſchelkalk und Keuper ausgebildet
iſt, ſind es beſonders die Schichten des Muſchelkalkes, welche eine
reiche Ausbeute in Verſteinerungen liefern und ganz beſonders hin-
ſichtlich der Ausbildung der Gliederthiere und namentlich der Krebſe
wichtig erſcheinen. Die Kalk- und Mergelſchichten des Jura, durch
ihre Korallenriffe ausgezeichnet, bilden einen nicht minder eigenthüm-
lichen Abſchnitt in der Erdgeſchichte, indem im Jura beſonders die
Ausbildung der Reptilien ihren Höhepunkt erreicht. Die gewaltigen
Bogen, welche von dem juraſſiſchen Gebirge in Nord- und Süddeutſch-
land, in der Schweiz, Frankreich und England angelagert ſind und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="73"/>
welchen man noch be&#x017F;onders zwei Gruppen, das <hi rendition="#g">&#x017F;iluri&#x017F;che</hi> als<lb/>
untere und das <hi rendition="#g">devoni&#x017F;che Sy&#x017F;tem</hi> als aufliegende Gruppe unter-<lb/>
&#x017F;chieden hat, i&#x017F;t be&#x017F;onders in neuerer Zeit ungemein fruchtbringend ge-<lb/>
we&#x017F;en und verdient auch um deßwillen be&#x017F;ondere Berück&#x017F;ichtigung, weil<lb/>
hier die Anfangstypen des ganzen Thierlebens &#x017F;ich un&#x017F;ern Blicken darbieten.<lb/>
Von großer Wichtigkeit i&#x017F;t es daher zu &#x017F;ehen, daß alle jene Grundtypen der<lb/>
Krei&#x017F;e, welche wir in dem Thierreiche unter&#x017F;cheiden, &#x017F;chon im Beginn re-<lb/>
prä&#x017F;entirt &#x017F;ind, wenn auch haupt&#x017F;ächlich nur in ihren niederen Formen.</p><lb/>
        <p>Ueber den Uebergangsgebilden, wohl von ihnen unter&#x017F;chieden und<lb/>
eine durchaus andere Schöpfung bietend, &#x017F;ehen wir die <hi rendition="#g">Steinkohlen-<lb/>
gebilde</hi> mit einer ungemein reichen Entwickelung der Vegetation,<lb/>
deren Ueberre&#x017F;te uns jetzt die Steinkohlen liefern. Auch hier findet<lb/>
&#x017F;ich eine große Anzahl thieri&#x017F;cher Ver&#x017F;teinerungen, be&#x017F;onders in dem<lb/>
die Steinkohlen begleitenden Kohlenkalke; wie es denn überhaupt all-<lb/>
gemeines Ge&#x017F;etz i&#x017F;t, daß thieri&#x017F;che Ver&#x017F;teinerungen vorzugswei&#x017F;e in<lb/>
kalkigen Schichten, pflanzliche dagegen in kie&#x017F;elig &#x017F;andigen Schichten<lb/>
&#x017F;ich vorfinden. Die Kohlenformation kommt haupt&#x017F;ächlich in einzelnen<lb/>
Becken vor, welche bald Meeresufer, bald aber auch weit ausge-<lb/>
dehnte Binnen&#x017F;ümpfe gewe&#x017F;en &#x017F;ein mögen, an welchen die üppigen<lb/>
Wälder der Kohlenzeit gediehen. Auch in der Kohlenzeit &#x017F;ind von<lb/>
Wirbelthieren nur noch Fi&#x017F;che vorhanden, und man hat deßhalb die<lb/>
Uebergangsgebilde und das Kohlengebirge zu&#x017F;ammen wohl auch als<lb/>
das Reich der Fi&#x017F;che bezeichnet.</p><lb/>
        <p>Auf dem Kohlengebirge lagern vielfache Schichten, welche man,<lb/>
der vorwiegenden Ausbildung der Reptilien wegen, auch als Reich<lb/>
der Reptilien bezeichnet hat. Das <hi rendition="#g">Kupfer&#x017F;chiefergebirge</hi> oder<lb/>
das <hi rendition="#g">permi&#x017F;che Sy&#x017F;tem</hi>, das <hi rendition="#g">Salzgebirge</hi> oder die <hi rendition="#g">Trias</hi>, der<lb/><hi rendition="#g">Jura</hi> und die <hi rendition="#g">Kreide</hi> bilden die vier Gruppen, welche man in die-<lb/>
&#x017F;er Periode unter&#x017F;chieden hat. In dem <hi rendition="#g">tria&#x017F;i&#x017F;chen Sy&#x017F;tem</hi>, wel-<lb/>
ches namentlich zu beiden Seiten des Oberrheines und in Mittel-<lb/>
deut&#x017F;chland als bunter Sand&#x017F;tein, Mu&#x017F;chelkalk und Keuper ausgebildet<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ind es be&#x017F;onders die Schichten des Mu&#x017F;chelkalkes, welche eine<lb/>
reiche Ausbeute in Ver&#x017F;teinerungen liefern und ganz be&#x017F;onders hin-<lb/>
&#x017F;ichtlich der Ausbildung der Gliederthiere und namentlich der Kreb&#x017F;e<lb/>
wichtig er&#x017F;cheinen. Die Kalk- und Mergel&#x017F;chichten des <hi rendition="#g">Jura</hi>, durch<lb/>
ihre Korallenriffe ausgezeichnet, bilden einen nicht minder eigenthüm-<lb/>
lichen Ab&#x017F;chnitt in der Erdge&#x017F;chichte, indem im Jura be&#x017F;onders die<lb/>
Ausbildung der Reptilien ihren Höhepunkt erreicht. Die gewaltigen<lb/>
Bogen, welche von dem jura&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Gebirge in Nord- und Süddeut&#x017F;ch-<lb/>
land, in der Schweiz, Frankreich und England angelagert &#x017F;ind und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0079] welchen man noch beſonders zwei Gruppen, das ſiluriſche als untere und das devoniſche Syſtem als aufliegende Gruppe unter- ſchieden hat, iſt beſonders in neuerer Zeit ungemein fruchtbringend ge- weſen und verdient auch um deßwillen beſondere Berückſichtigung, weil hier die Anfangstypen des ganzen Thierlebens ſich unſern Blicken darbieten. Von großer Wichtigkeit iſt es daher zu ſehen, daß alle jene Grundtypen der Kreiſe, welche wir in dem Thierreiche unterſcheiden, ſchon im Beginn re- präſentirt ſind, wenn auch hauptſächlich nur in ihren niederen Formen. Ueber den Uebergangsgebilden, wohl von ihnen unterſchieden und eine durchaus andere Schöpfung bietend, ſehen wir die Steinkohlen- gebilde mit einer ungemein reichen Entwickelung der Vegetation, deren Ueberreſte uns jetzt die Steinkohlen liefern. Auch hier findet ſich eine große Anzahl thieriſcher Verſteinerungen, beſonders in dem die Steinkohlen begleitenden Kohlenkalke; wie es denn überhaupt all- gemeines Geſetz iſt, daß thieriſche Verſteinerungen vorzugsweiſe in kalkigen Schichten, pflanzliche dagegen in kieſelig ſandigen Schichten ſich vorfinden. Die Kohlenformation kommt hauptſächlich in einzelnen Becken vor, welche bald Meeresufer, bald aber auch weit ausge- dehnte Binnenſümpfe geweſen ſein mögen, an welchen die üppigen Wälder der Kohlenzeit gediehen. Auch in der Kohlenzeit ſind von Wirbelthieren nur noch Fiſche vorhanden, und man hat deßhalb die Uebergangsgebilde und das Kohlengebirge zuſammen wohl auch als das Reich der Fiſche bezeichnet. Auf dem Kohlengebirge lagern vielfache Schichten, welche man, der vorwiegenden Ausbildung der Reptilien wegen, auch als Reich der Reptilien bezeichnet hat. Das Kupferſchiefergebirge oder das permiſche Syſtem, das Salzgebirge oder die Trias, der Jura und die Kreide bilden die vier Gruppen, welche man in die- ſer Periode unterſchieden hat. In dem triaſiſchen Syſtem, wel- ches namentlich zu beiden Seiten des Oberrheines und in Mittel- deutſchland als bunter Sandſtein, Muſchelkalk und Keuper ausgebildet iſt, ſind es beſonders die Schichten des Muſchelkalkes, welche eine reiche Ausbeute in Verſteinerungen liefern und ganz beſonders hin- ſichtlich der Ausbildung der Gliederthiere und namentlich der Krebſe wichtig erſcheinen. Die Kalk- und Mergelſchichten des Jura, durch ihre Korallenriffe ausgezeichnet, bilden einen nicht minder eigenthüm- lichen Abſchnitt in der Erdgeſchichte, indem im Jura beſonders die Ausbildung der Reptilien ihren Höhepunkt erreicht. Die gewaltigen Bogen, welche von dem juraſſiſchen Gebirge in Nord- und Süddeutſch- land, in der Schweiz, Frankreich und England angelagert ſind und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/79
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/79>, abgerufen am 04.12.2024.