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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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durch längere Beine von den Weibchen unterscheiden. Die meisten
Schildläuse führen in der Körperhaut ein schön rothes Pigment, die
Cochenille oder Kermeslack. Man züchtet zur Gewinnung dieses
Farbstoffes besonders in Mexiko die Cactus-Laus (Coccus cacti), in-
dem man trächtige Weichen in besondere Nestchen auf die Blätter der
Pflanzen setzt und die Larven, bevor sie sich festgesogen haben, auf
diesen Pflanzen vertheilt. Man sammelt die todten Männchen nach der
Begattung und tödtet diejenigen trächtigen Weibchen, deren man nicht
zur Nachzucht bedarf, auf erhitzten Blechen, worauf man sie getrocknet
in den Handel bringt. Vor der Ausbeutung von Amerika benutzte
man zu gleichem Zwecke eine Schildlausart, die besonders in Nord-
deutschland und Polen auf den Wurzeln von Seleranthus perennis
vorkommt. Coccus; Aspidiotus; Porphyrophora.

Blattläuse (Phytophthiria). Kurze Thierchen mit schmalem Kopfe,
dreiringeliger Brust und flaschenförmigem, dickem Hinterleibe, die stets
auf Gewächsen leben und dort oft durch ihre Stiche Gallen und
ähnliche Auswüchse verursachen. Die Fühler sind faden- oder borsten-
förmig, länger als der Körper; die Augen meist mittelgroß, rundlich
vorstehend, die Fühler zwischen ihnen eingesetzt. Nebenaugen fehlen.
Der Schnabel ist meist lang, dünn, entspringt an der unteren Seite
des Kopfes weit nach hinten hin und wird unter den Kopf zurück-
geschlagen getragen; die Schnabelscheide ist dreigliedrig; Flügel meist
vorhanden, öfter bei den Weibchen fehlend; Vorderflügel stets viel
größer; Beine lang, dünn; Tarsen zweigliedrig, mit zwei Klauen
versehen.

Bei den eigentlichen Blattläusen (Aphidida) stehen auf

[Abbildung] Fig. 681.

Geflügelte Rosenblattlaus (Aphis rosarum).

dem Hinterleibe zwei gerade Röh-
ren, aus denen ein süßer Zucker-
saft quillt, nach dem die Ameisen
besonders sehr begierig sind. Jeder
Ameisenstock hat gewissermaßen eine
Domäne von Bäumen, Sträuchen
und Kräutern, auf deren Vlät-
tern und Wurzeln Blattlaus-
colonieen sitzen, die von den
Ameisen sorgsam gepflegt, oft selbst
von einem Orte zum andern getra-
gen werden. Man sieht, wie die
Ameisen dieses ihr Melkvieh lieb-
kosen, sanft mit den Fühlhörnern

durch längere Beine von den Weibchen unterſcheiden. Die meiſten
Schildläuſe führen in der Körperhaut ein ſchön rothes Pigment, die
Cochenille oder Kermeslack. Man züchtet zur Gewinnung dieſes
Farbſtoffes beſonders in Mexiko die Cactus-Laus (Coccus cacti), in-
dem man trächtige Weichen in beſondere Neſtchen auf die Blätter der
Pflanzen ſetzt und die Larven, bevor ſie ſich feſtgeſogen haben, auf
dieſen Pflanzen vertheilt. Man ſammelt die todten Männchen nach der
Begattung und tödtet diejenigen trächtigen Weibchen, deren man nicht
zur Nachzucht bedarf, auf erhitzten Blechen, worauf man ſie getrocknet
in den Handel bringt. Vor der Ausbeutung von Amerika benutzte
man zu gleichem Zwecke eine Schildlausart, die beſonders in Nord-
deutſchland und Polen auf den Wurzeln von Seleranthus perennis
vorkommt. Coccus; Aspidiotus; Porphyrophora.

Blattläuſe (Phytophthiria). Kurze Thierchen mit ſchmalem Kopfe,
dreiringeliger Bruſt und flaſchenförmigem, dickem Hinterleibe, die ſtets
auf Gewächſen leben und dort oft durch ihre Stiche Gallen und
ähnliche Auswüchſe verurſachen. Die Fühler ſind faden- oder borſten-
förmig, länger als der Körper; die Augen meiſt mittelgroß, rundlich
vorſtehend, die Fühler zwiſchen ihnen eingeſetzt. Nebenaugen fehlen.
Der Schnabel iſt meiſt lang, dünn, entſpringt an der unteren Seite
des Kopfes weit nach hinten hin und wird unter den Kopf zurück-
geſchlagen getragen; die Schnabelſcheide iſt dreigliedrig; Flügel meiſt
vorhanden, öfter bei den Weibchen fehlend; Vorderflügel ſtets viel
größer; Beine lang, dünn; Tarſen zweigliedrig, mit zwei Klauen
verſehen.

Bei den eigentlichen Blattläuſen (Aphidida) ſtehen auf

[Abbildung] Fig. 681.

Geflügelte Roſenblattlaus (Aphis rosarum).

dem Hinterleibe zwei gerade Röh-
ren, aus denen ein ſüßer Zucker-
ſaft quillt, nach dem die Ameiſen
beſonders ſehr begierig ſind. Jeder
Ameiſenſtock hat gewiſſermaßen eine
Domäne von Bäumen, Sträuchen
und Kräutern, auf deren Vlät-
tern und Wurzeln Blattlaus-
colonieen ſitzen, die von den
Ameiſen ſorgſam gepflegt, oft ſelbſt
von einem Orte zum andern getra-
gen werden. Man ſieht, wie die
Ameiſen dieſes ihr Melkvieh lieb-
koſen, ſanft mit den Fühlhörnern

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[568/0574] durch längere Beine von den Weibchen unterſcheiden. Die meiſten Schildläuſe führen in der Körperhaut ein ſchön rothes Pigment, die Cochenille oder Kermeslack. Man züchtet zur Gewinnung dieſes Farbſtoffes beſonders in Mexiko die Cactus-Laus (Coccus cacti), in- dem man trächtige Weichen in beſondere Neſtchen auf die Blätter der Pflanzen ſetzt und die Larven, bevor ſie ſich feſtgeſogen haben, auf dieſen Pflanzen vertheilt. Man ſammelt die todten Männchen nach der Begattung und tödtet diejenigen trächtigen Weibchen, deren man nicht zur Nachzucht bedarf, auf erhitzten Blechen, worauf man ſie getrocknet in den Handel bringt. Vor der Ausbeutung von Amerika benutzte man zu gleichem Zwecke eine Schildlausart, die beſonders in Nord- deutſchland und Polen auf den Wurzeln von Seleranthus perennis vorkommt. Coccus; Aspidiotus; Porphyrophora. Blattläuſe (Phytophthiria). Kurze Thierchen mit ſchmalem Kopfe, dreiringeliger Bruſt und flaſchenförmigem, dickem Hinterleibe, die ſtets auf Gewächſen leben und dort oft durch ihre Stiche Gallen und ähnliche Auswüchſe verurſachen. Die Fühler ſind faden- oder borſten- förmig, länger als der Körper; die Augen meiſt mittelgroß, rundlich vorſtehend, die Fühler zwiſchen ihnen eingeſetzt. Nebenaugen fehlen. Der Schnabel iſt meiſt lang, dünn, entſpringt an der unteren Seite des Kopfes weit nach hinten hin und wird unter den Kopf zurück- geſchlagen getragen; die Schnabelſcheide iſt dreigliedrig; Flügel meiſt vorhanden, öfter bei den Weibchen fehlend; Vorderflügel ſtets viel größer; Beine lang, dünn; Tarſen zweigliedrig, mit zwei Klauen verſehen. Bei den eigentlichen Blattläuſen (Aphidida) ſtehen auf [Abbildung Fig. 681. Geflügelte Roſenblattlaus (Aphis rosarum).] dem Hinterleibe zwei gerade Röh- ren, aus denen ein ſüßer Zucker- ſaft quillt, nach dem die Ameiſen beſonders ſehr begierig ſind. Jeder Ameiſenſtock hat gewiſſermaßen eine Domäne von Bäumen, Sträuchen und Kräutern, auf deren Vlät- tern und Wurzeln Blattlaus- colonieen ſitzen, die von den Ameiſen ſorgſam gepflegt, oft ſelbſt von einem Orte zum andern getra- gen werden. Man ſieht, wie die Ameiſen dieſes ihr Melkvieh lieb- koſen, ſanft mit den Fühlhörnern

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/574>, abgerufen am 14.06.2024.