Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Körpers unterscheiden. Man bemerkt deutlich drei Abtheilungen, eine
vordere, welche man mit vollem Rechte den Kopf nennen kann und
die außer den Mundwerkzeugen und den Augen noch zwei Paar fuß-
artiger Anhänge trägt; eine mittlere, die Brust, aus drei Ringen
bestehend und drei Paar eigentlicher Füße tragend; und einen geglie-
derten, meist birnförmigen oder walzigen Hinterleib. Die Mund-
werkzeuge bestehen aus zwei gewaltig großen Kieferfühlern, die
eine Scheere darstellen, welche sich nach unten öffnet; unter diesen
Scheeren, auf deren oberem Kamme ein dünner, geißelartiger Anhang
sitzt, steht noch ein kleineres, scheerenförmiges Werkzeug, welches offenbar
den eigentlichen Kiefern der Insekten entsprechen dürfte. Hierauf
folgen die sehr langen, vielgliederigen Taster, welche sich von den
drei Hinterfußpaaren nur dadurch unterscheiden, daß sie keine Krallen
am Ende tragen, und die ebenso, wie die eigentlichen Füße, beim
Gehen dienen. Ein weiteres Paar von Anhängen, den vorigen voll-
kommen gleich, ebenfalls ohne Krallen, das man gewöhnlich als das
erste Fußpaar zählt, entspricht offenbar den Kieferfüßen der Krebse,
und ist, wie das Tasterpaar, unter dem Kopfringe angebracht, welcher
die zwei großen kugelförmigen Augen an seinem oberen Vorderrande
trägt. Die drei ächten, mit Doppelkrallen versehenen Fußpaare,
von welchen das hintere eigene, lappenartige Anhänge an Schenkel
und Schienen trägt, sitzen an den Brustringen fest. Zwischen dem er-
sten und zweiten Fußpaar befinden sich seitliche, und an der Unterfläche
des Hinterleibes noch zwei mittlere Spaltöffnungen, welche in die
Luftröhren führen. Die Skorpionspinnen sind äußerst gefräßige,
nächtliche Thier, welche selbst Eidechsen und kleine Vögel anfallen und
in ihrem Vaterlande für äußerst giftig gelten, besonders die Art, welche
in den Steppen der Wolga vorkommt, obgleich man keine constatirten
Beweise für diese Volksmeinung hat. Galeodes (Solpuga).

Die Reihe der krebsartigen Spinnenthiere besteht im Gan-
zen nur aus wenigen Gattungen, welche indessen sich durch sehr be-
stimmte Charaktere in verschiedene Familien zerfällen lassen. Sie zeich-
nen sich, wie schon früher bemerkt, besonders durch einen einfachen
Darmkanal, sowie dadurch aus, daß ihre Taster bald scheerenförmig,
bald klauenartig sind, stets aber Greiforgane darstellen. Wir unter-
scheiden bei ihnen folgende Familien:

Die Bücherskorpione (Obisida) sind kleine Thierchen mit meist

Körpers unterſcheiden. Man bemerkt deutlich drei Abtheilungen, eine
vordere, welche man mit vollem Rechte den Kopf nennen kann und
die außer den Mundwerkzeugen und den Augen noch zwei Paar fuß-
artiger Anhänge trägt; eine mittlere, die Bruſt, aus drei Ringen
beſtehend und drei Paar eigentlicher Füße tragend; und einen geglie-
derten, meiſt birnförmigen oder walzigen Hinterleib. Die Mund-
werkzeuge beſtehen aus zwei gewaltig großen Kieferfühlern, die
eine Scheere darſtellen, welche ſich nach unten öffnet; unter dieſen
Scheeren, auf deren oberem Kamme ein dünner, geißelartiger Anhang
ſitzt, ſteht noch ein kleineres, ſcheerenförmiges Werkzeug, welches offenbar
den eigentlichen Kiefern der Inſekten entſprechen dürfte. Hierauf
folgen die ſehr langen, vielgliederigen Taſter, welche ſich von den
drei Hinterfußpaaren nur dadurch unterſcheiden, daß ſie keine Krallen
am Ende tragen, und die ebenſo, wie die eigentlichen Füße, beim
Gehen dienen. Ein weiteres Paar von Anhängen, den vorigen voll-
kommen gleich, ebenfalls ohne Krallen, das man gewöhnlich als das
erſte Fußpaar zählt, entſpricht offenbar den Kieferfüßen der Krebſe,
und iſt, wie das Taſterpaar, unter dem Kopfringe angebracht, welcher
die zwei großen kugelförmigen Augen an ſeinem oberen Vorderrande
trägt. Die drei ächten, mit Doppelkrallen verſehenen Fußpaare,
von welchen das hintere eigene, lappenartige Anhänge an Schenkel
und Schienen trägt, ſitzen an den Bruſtringen feſt. Zwiſchen dem er-
ſten und zweiten Fußpaar befinden ſich ſeitliche, und an der Unterfläche
des Hinterleibes noch zwei mittlere Spaltöffnungen, welche in die
Luftröhren führen. Die Skorpionſpinnen ſind äußerſt gefräßige,
nächtliche Thier, welche ſelbſt Eidechſen und kleine Vögel anfallen und
in ihrem Vaterlande für äußerſt giftig gelten, beſonders die Art, welche
in den Steppen der Wolga vorkommt, obgleich man keine conſtatirten
Beweiſe für dieſe Volksmeinung hat. Galeodes (Solpuga).

Die Reihe der krebsartigen Spinnenthiere beſteht im Gan-
zen nur aus wenigen Gattungen, welche indeſſen ſich durch ſehr be-
ſtimmte Charaktere in verſchiedene Familien zerfällen laſſen. Sie zeich-
nen ſich, wie ſchon früher bemerkt, beſonders durch einen einfachen
Darmkanal, ſowie dadurch aus, daß ihre Taſter bald ſcheerenförmig,
bald klauenartig ſind, ſtets aber Greiforgane darſtellen. Wir unter-
ſcheiden bei ihnen folgende Familien:

Die Bücherſkorpione (Obisida) ſind kleine Thierchen mit meiſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0517" n="511"/>
Körpers unter&#x017F;cheiden. Man bemerkt deutlich drei Abtheilungen, eine<lb/>
vordere, welche man mit vollem Rechte den <hi rendition="#g">Kopf</hi> nennen kann und<lb/>
die außer den Mundwerkzeugen und den Augen noch zwei Paar fuß-<lb/>
artiger Anhänge trägt; eine mittlere, die <hi rendition="#g">Bru&#x017F;t,</hi> aus drei Ringen<lb/>
be&#x017F;tehend und drei Paar eigentlicher Füße tragend; und einen geglie-<lb/>
derten, mei&#x017F;t birnförmigen oder walzigen <hi rendition="#g">Hinterleib.</hi> Die <hi rendition="#g">Mund-</hi><lb/>
werkzeuge be&#x017F;tehen aus zwei gewaltig großen <hi rendition="#g">Kieferfühlern,</hi> die<lb/>
eine Scheere dar&#x017F;tellen, welche &#x017F;ich nach unten öffnet; unter die&#x017F;en<lb/>
Scheeren, auf deren oberem Kamme ein dünner, geißelartiger Anhang<lb/>
&#x017F;itzt, &#x017F;teht noch ein kleineres, &#x017F;cheerenförmiges Werkzeug, welches offenbar<lb/>
den eigentlichen <hi rendition="#g">Kiefern</hi> der In&#x017F;ekten ent&#x017F;prechen dürfte. Hierauf<lb/>
folgen die &#x017F;ehr langen, vielgliederigen <hi rendition="#g">Ta&#x017F;ter,</hi> welche &#x017F;ich von den<lb/>
drei Hinterfußpaaren nur dadurch unter&#x017F;cheiden, daß &#x017F;ie keine Krallen<lb/>
am Ende tragen, und die eben&#x017F;o, wie die eigentlichen Füße, beim<lb/>
Gehen dienen. Ein weiteres Paar von Anhängen, den vorigen voll-<lb/>
kommen gleich, ebenfalls ohne Krallen, das man gewöhnlich als das<lb/>
er&#x017F;te Fußpaar zählt, ent&#x017F;pricht offenbar den <hi rendition="#g">Kieferfüßen</hi> der Kreb&#x017F;e,<lb/>
und i&#x017F;t, wie das Ta&#x017F;terpaar, unter dem Kopfringe angebracht, welcher<lb/>
die zwei großen kugelförmigen Augen an &#x017F;einem oberen Vorderrande<lb/>
trägt. Die drei ächten, mit Doppelkrallen ver&#x017F;ehenen <hi rendition="#g">Fußpaare,</hi><lb/>
von welchen das hintere eigene, lappenartige Anhänge an Schenkel<lb/>
und Schienen trägt, &#x017F;itzen an den Bru&#x017F;tringen fe&#x017F;t. Zwi&#x017F;chen dem er-<lb/>
&#x017F;ten und zweiten Fußpaar befinden &#x017F;ich &#x017F;eitliche, und an der Unterfläche<lb/>
des Hinterleibes noch zwei mittlere Spaltöffnungen, welche in die<lb/>
Luftröhren führen. Die Skorpion&#x017F;pinnen &#x017F;ind äußer&#x017F;t gefräßige,<lb/>
nächtliche Thier, welche &#x017F;elb&#x017F;t Eidech&#x017F;en und kleine Vögel anfallen und<lb/>
in ihrem Vaterlande für äußer&#x017F;t giftig gelten, be&#x017F;onders die Art, welche<lb/>
in den Steppen der Wolga vorkommt, obgleich man keine con&#x017F;tatirten<lb/>
Bewei&#x017F;e für die&#x017F;e Volksmeinung hat. <hi rendition="#aq">Galeodes (Solpuga).</hi></p><lb/>
          <p>Die Reihe der <hi rendition="#b">krebsartigen Spinnenthiere</hi> be&#x017F;teht im Gan-<lb/>
zen nur aus wenigen Gattungen, welche inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich durch &#x017F;ehr be-<lb/>
&#x017F;timmte Charaktere in ver&#x017F;chiedene Familien zerfällen la&#x017F;&#x017F;en. Sie zeich-<lb/>
nen &#x017F;ich, wie &#x017F;chon früher bemerkt, be&#x017F;onders durch einen einfachen<lb/>
Darmkanal, &#x017F;owie dadurch aus, daß ihre Ta&#x017F;ter bald &#x017F;cheerenförmig,<lb/>
bald klauenartig &#x017F;ind, &#x017F;tets aber Greiforgane dar&#x017F;tellen. Wir unter-<lb/>
&#x017F;cheiden bei ihnen folgende Familien:</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#b">Bücher&#x017F;korpione</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(Obisida)</hi></hi> &#x017F;ind kleine Thierchen mit mei&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[511/0517] Körpers unterſcheiden. Man bemerkt deutlich drei Abtheilungen, eine vordere, welche man mit vollem Rechte den Kopf nennen kann und die außer den Mundwerkzeugen und den Augen noch zwei Paar fuß- artiger Anhänge trägt; eine mittlere, die Bruſt, aus drei Ringen beſtehend und drei Paar eigentlicher Füße tragend; und einen geglie- derten, meiſt birnförmigen oder walzigen Hinterleib. Die Mund- werkzeuge beſtehen aus zwei gewaltig großen Kieferfühlern, die eine Scheere darſtellen, welche ſich nach unten öffnet; unter dieſen Scheeren, auf deren oberem Kamme ein dünner, geißelartiger Anhang ſitzt, ſteht noch ein kleineres, ſcheerenförmiges Werkzeug, welches offenbar den eigentlichen Kiefern der Inſekten entſprechen dürfte. Hierauf folgen die ſehr langen, vielgliederigen Taſter, welche ſich von den drei Hinterfußpaaren nur dadurch unterſcheiden, daß ſie keine Krallen am Ende tragen, und die ebenſo, wie die eigentlichen Füße, beim Gehen dienen. Ein weiteres Paar von Anhängen, den vorigen voll- kommen gleich, ebenfalls ohne Krallen, das man gewöhnlich als das erſte Fußpaar zählt, entſpricht offenbar den Kieferfüßen der Krebſe, und iſt, wie das Taſterpaar, unter dem Kopfringe angebracht, welcher die zwei großen kugelförmigen Augen an ſeinem oberen Vorderrande trägt. Die drei ächten, mit Doppelkrallen verſehenen Fußpaare, von welchen das hintere eigene, lappenartige Anhänge an Schenkel und Schienen trägt, ſitzen an den Bruſtringen feſt. Zwiſchen dem er- ſten und zweiten Fußpaar befinden ſich ſeitliche, und an der Unterfläche des Hinterleibes noch zwei mittlere Spaltöffnungen, welche in die Luftröhren führen. Die Skorpionſpinnen ſind äußerſt gefräßige, nächtliche Thier, welche ſelbſt Eidechſen und kleine Vögel anfallen und in ihrem Vaterlande für äußerſt giftig gelten, beſonders die Art, welche in den Steppen der Wolga vorkommt, obgleich man keine conſtatirten Beweiſe für dieſe Volksmeinung hat. Galeodes (Solpuga). Die Reihe der krebsartigen Spinnenthiere beſteht im Gan- zen nur aus wenigen Gattungen, welche indeſſen ſich durch ſehr be- ſtimmte Charaktere in verſchiedene Familien zerfällen laſſen. Sie zeich- nen ſich, wie ſchon früher bemerkt, beſonders durch einen einfachen Darmkanal, ſowie dadurch aus, daß ihre Taſter bald ſcheerenförmig, bald klauenartig ſind, ſtets aber Greiforgane darſtellen. Wir unter- ſcheiden bei ihnen folgende Familien: Die Bücherſkorpione (Obisida) ſind kleine Thierchen mit meiſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/517
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/517>, abgerufen am 24.11.2024.