den unsern abmessen -- es ist sehr wahrscheinlich, daß dieselben für jedes Thier verschieden sind und daß das Eine noch Wellenerschütterungen als Schall und Ton empfindet, die für das Andere unhörbar sind etc. Wie dem auch sei, die Sinnesorgane differenziren sich erst allmählig aus der Körpermasse hervor und lassen auch deutliche Spuren allmähliger Ausbildung erkennen. Zuerst tritt in einfacher Blasenform mit einem in diesem Säckchen eingeschlossenen krystallinischen Kerne, das Gehörorgan in die Erscheinung. Tief im Innern des Körpers verborgen und oft unmittelbar dem Centralnervensysteme aufgesetzt, wurde diese primitive Form des Ohrs erst neuerdings durch das Mikroskop entdeckt. Nach und nach hebt es sich an die Oberfläche empor, um die Schallwellen direkt zu empfangen, die es vorher nur durch Vermittelung der Körpergewebe erhielt. Die hinzutretenden Theile erhalten das Uebergewicht über das ursprüngliche Ohrbläschen und auf der höchsten Stufe der Ausbildung zeigt sich ein eigentliches äußeres Ohr, welches mit einem wunderbar complicirten inneren Organe in Zusammenhang steht. In ähnlicher Weise verhält sich das Auge, bei welchem zugleich jenes Gesetz in den Vor- dergrund tritt, nach welchem die vielfachen Wiederholungen eines und desselben Organes mit denselben Functionen eine Stufe niederer Aus- bildung verrathen, während die complicirte Bildung eines zur spe- ciellen Function bestimmten Organes, das in einfacher Zahl vorhanden ist, die höhere Bildungsstufe andeutet. So sind im Anfange die äußeren Hüllen für das Auge in ihrer Beschaffenheit nicht verschieden von der allgemeinen Körperhülle, die eine gewisse Durchsichtigkeit be- sitzt; -- später differenziren sie sich mehr als durchsichtige Augenhäute; aber nur auf höheren Stufen werden eigenthümliche Schutzorgane, Lider, für das Sehorgan nach und nach ausgebildet. In den ersten Rudimenten der Augen existirt nur ein lichtbrechender Körper, die Linse, während nach und nach noch mehre Organe gleicher Art, Glaskör- per, Augenflüssigkeit, hinzutreten. Ebenso differenziren sich nur nach und nach als selbstständige Organe diejenigen Bildungen, welche das Seitenlicht abzuhalten, die Schärfe und Genauigkeit des Bildes zu er- höhen haben, und wozu namentlich die farbigen Augenhäute und die in Art von Schirmen beweglichen Regenbogenhäute gehören. Anfangs ist das Sehorgan unbeweglich in die Körpersubstanz eingefügt; später wird es, selbst unbeweglich, von beweglichen Körpertheilen getragen; auf der höchsten Stufe endlich wird das Organ willkührlich beweglich und kann nach Belieben selbstständig auf den zu betrachtenden Gegen- stand gelenkt werden. -- Nur sehr spät treten besondere Organe für diejenigen Empfindungen, welche wir als Geruch und Ge-
den unſern abmeſſen — es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſelben für jedes Thier verſchieden ſind und daß das Eine noch Wellenerſchütterungen als Schall und Ton empfindet, die für das Andere unhörbar ſind etc. Wie dem auch ſei, die Sinnesorgane differenziren ſich erſt allmählig aus der Körpermaſſe hervor und laſſen auch deutliche Spuren allmähliger Ausbildung erkennen. Zuerſt tritt in einfacher Blaſenform mit einem in dieſem Säckchen eingeſchloſſenen kryſtalliniſchen Kerne, das Gehörorgan in die Erſcheinung. Tief im Innern des Körpers verborgen und oft unmittelbar dem Centralnervenſyſteme aufgeſetzt, wurde dieſe primitive Form des Ohrs erſt neuerdings durch das Mikroſkop entdeckt. Nach und nach hebt es ſich an die Oberfläche empor, um die Schallwellen direkt zu empfangen, die es vorher nur durch Vermittelung der Körpergewebe erhielt. Die hinzutretenden Theile erhalten das Uebergewicht über das urſprüngliche Ohrbläschen und auf der höchſten Stufe der Ausbildung zeigt ſich ein eigentliches äußeres Ohr, welches mit einem wunderbar complicirten inneren Organe in Zuſammenhang ſteht. In ähnlicher Weiſe verhält ſich das Auge, bei welchem zugleich jenes Geſetz in den Vor- dergrund tritt, nach welchem die vielfachen Wiederholungen eines und deſſelben Organes mit denſelben Functionen eine Stufe niederer Aus- bildung verrathen, während die complicirte Bildung eines zur ſpe- ciellen Function beſtimmten Organes, das in einfacher Zahl vorhanden iſt, die höhere Bildungsſtufe andeutet. So ſind im Anfange die äußeren Hüllen für das Auge in ihrer Beſchaffenheit nicht verſchieden von der allgemeinen Körperhülle, die eine gewiſſe Durchſichtigkeit be- ſitzt; — ſpäter differenziren ſie ſich mehr als durchſichtige Augenhäute; aber nur auf höheren Stufen werden eigenthümliche Schutzorgane, Lider, für das Sehorgan nach und nach ausgebildet. In den erſten Rudimenten der Augen exiſtirt nur ein lichtbrechender Körper, die Linſe, während nach und nach noch mehre Organe gleicher Art, Glaskör- per, Augenflüſſigkeit, hinzutreten. Ebenſo differenziren ſich nur nach und nach als ſelbſtſtändige Organe diejenigen Bildungen, welche das Seitenlicht abzuhalten, die Schärfe und Genauigkeit des Bildes zu er- höhen haben, und wozu namentlich die farbigen Augenhäute und die in Art von Schirmen beweglichen Regenbogenhäute gehören. Anfangs iſt das Sehorgan unbeweglich in die Körperſubſtanz eingefügt; ſpäter wird es, ſelbſt unbeweglich, von beweglichen Körpertheilen getragen; auf der höchſten Stufe endlich wird das Organ willkührlich beweglich und kann nach Belieben ſelbſtſtändig auf den zu betrachtenden Gegen- ſtand gelenkt werden. — Nur ſehr ſpät treten beſondere Organe für diejenigen Empfindungen, welche wir als Geruch und Ge-
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[45/0051]
den unſern abmeſſen — es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſelben für jedes
Thier verſchieden ſind und daß das Eine noch Wellenerſchütterungen
als Schall und Ton empfindet, die für das Andere unhörbar ſind etc.
Wie dem auch ſei, die Sinnesorgane differenziren ſich erſt allmählig
aus der Körpermaſſe hervor und laſſen auch deutliche Spuren allmähliger
Ausbildung erkennen. Zuerſt tritt in einfacher Blaſenform mit einem in
dieſem Säckchen eingeſchloſſenen kryſtalliniſchen Kerne, das Gehörorgan
in die Erſcheinung. Tief im Innern des Körpers verborgen und oft
unmittelbar dem Centralnervenſyſteme aufgeſetzt, wurde dieſe primitive
Form des Ohrs erſt neuerdings durch das Mikroſkop entdeckt. Nach und nach
hebt es ſich an die Oberfläche empor, um die Schallwellen direkt zu
empfangen, die es vorher nur durch Vermittelung der Körpergewebe
erhielt. Die hinzutretenden Theile erhalten das Uebergewicht über das
urſprüngliche Ohrbläschen und auf der höchſten Stufe der Ausbildung
zeigt ſich ein eigentliches äußeres Ohr, welches mit einem wunderbar
complicirten inneren Organe in Zuſammenhang ſteht. In ähnlicher Weiſe
verhält ſich das Auge, bei welchem zugleich jenes Geſetz in den Vor-
dergrund tritt, nach welchem die vielfachen Wiederholungen eines und
deſſelben Organes mit denſelben Functionen eine Stufe niederer Aus-
bildung verrathen, während die complicirte Bildung eines zur ſpe-
ciellen Function beſtimmten Organes, das in einfacher Zahl vorhanden
iſt, die höhere Bildungsſtufe andeutet. So ſind im Anfange die
äußeren Hüllen für das Auge in ihrer Beſchaffenheit nicht verſchieden
von der allgemeinen Körperhülle, die eine gewiſſe Durchſichtigkeit be-
ſitzt; — ſpäter differenziren ſie ſich mehr als durchſichtige Augenhäute;
aber nur auf höheren Stufen werden eigenthümliche Schutzorgane,
Lider, für das Sehorgan nach und nach ausgebildet. In den erſten
Rudimenten der Augen exiſtirt nur ein lichtbrechender Körper, die
Linſe, während nach und nach noch mehre Organe gleicher Art, Glaskör-
per, Augenflüſſigkeit, hinzutreten. Ebenſo differenziren ſich nur nach
und nach als ſelbſtſtändige Organe diejenigen Bildungen, welche das
Seitenlicht abzuhalten, die Schärfe und Genauigkeit des Bildes zu er-
höhen haben, und wozu namentlich die farbigen Augenhäute und die
in Art von Schirmen beweglichen Regenbogenhäute gehören. Anfangs
iſt das Sehorgan unbeweglich in die Körperſubſtanz eingefügt; ſpäter
wird es, ſelbſt unbeweglich, von beweglichen Körpertheilen getragen;
auf der höchſten Stufe endlich wird das Organ willkührlich beweglich
und kann nach Belieben ſelbſtſtändig auf den zu betrachtenden Gegen-
ſtand gelenkt werden. — Nur ſehr ſpät treten beſondere Organe
für diejenigen Empfindungen, welche wir als Geruch und Ge-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/51>, abgerufen am 04.12.2024.
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