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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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den Weibchen an der Basis des fünften Fußpaares, bei den Männ-
chen auf dem letzten Brustringel, entweder auf doppelten, warzenarti-
gen Ruthen, oder in einer einzigen kurzen Ruthe öffnen, welche durch
zwei lange Stiele, die von dem zweiten Bauchfußpaare ausgehen, noch
unterstützt wird. Wir unterscheiden folgende Familien, von welchen
nur zwei in älteren Schichten vertreten sind: die Wasserasseln vom oberen
Jura an, die Landasseln dagegen erst in den jüngeren Tertiärschichten.

Die Familie der Lausasseln (Bopyrida) wird nur von einer

[Abbildung] Fig. 535. Fig. 536.

Bopyrus.
Fig. 535. Weibchen des Bopyrus
squillarum,
von der Bauchfläche gesehen,
um die Eier, die Klammerfüße, die fal-
schen Füße und den unsymmetrischen Bau
zu zeigen. Fig. 536. Das Männchen
von oben.

einzigen Gattung (Bopyrus) gebil-
det, welche schmarotzend in der Kie-
menhöhle der Garneelen lebt. Das
Männchen hat einen langgestreckten
Körper mit schmalen, ausgezackten
Brustringen, verschmolzenem Hin-
terleibe und kleinen, mit Krallen
versehenen Füßen; das Weibchen ist
etwa sechsmal größer und bildet ein
breites, verkehrt eiförmiges Schild,
das stets unsymmetrisch ist, auf der
Rückseite nur die Furchen der ver-
schmolzenen Ringe, und auf der
Unterseite die vierzehn hakenförmigen
Klammerfüße zeigt. Der Kopf ist gänzlich untergeschoben und augen-
los, der Hinterleib innen mit häutigen Platten versehen. Die Jun-
gen dieser Thiere sollen beim Ausschlüpfen aus dem Eie den jungen
Wasserflöhen ähnlich sehen, was, wenn es sich erwahren sollte, unbe-
dingt die Stellung dieser Familie von den Asseln weg zu den eigent-
lichen Schmarotzerkrebsen bedingen würde.

Die Familie der Fischasseln (Cymothoida) lebt ebenfalls schma-

[Abbildung] Fig. 537.

Fischassel (Anilocrus).

rotzend, aber meistens auf Fischen, an deren
Schwanz sie sich besonders gern anklammern;
ihr Körper ist gewöhnlich länglich eiförmig,
abgeplattet, der Kopf klein, die beiden Fühler-
paare kurz; die kurzen Füße, welche unter den
wohlgetrennten Brustringen stehen, sind kräftig,
gekrümmt und mit Haken versehen; die Haken
der drei ersten Fußpaare sind stets sehr stark
und einschlagbar, so daß sie förmliche Klammern
bilden. Die fünf ersten Hinterleibsringe sind
schmal, aber deutlich geschieden, der letzte breit,
blattförmig und zu einer Schwimmflosse umge-

den Weibchen an der Baſis des fünften Fußpaares, bei den Männ-
chen auf dem letzten Bruſtringel, entweder auf doppelten, warzenarti-
gen Ruthen, oder in einer einzigen kurzen Ruthe öffnen, welche durch
zwei lange Stiele, die von dem zweiten Bauchfußpaare ausgehen, noch
unterſtützt wird. Wir unterſcheiden folgende Familien, von welchen
nur zwei in älteren Schichten vertreten ſind: die Waſſeraſſeln vom oberen
Jura an, die Landaſſeln dagegen erſt in den jüngeren Tertiärſchichten.

Die Familie der Lausaſſeln (Bopyrida) wird nur von einer

[Abbildung] Fig. 535. Fig. 536.

Bopyrus.
Fig. 535. Weibchen des Bopyrus
squillarum,
von der Bauchfläche geſehen,
um die Eier, die Klammerfüße, die fal-
ſchen Füße und den unſymmetriſchen Bau
zu zeigen. Fig. 536. Das Männchen
von oben.

einzigen Gattung (Bopyrus) gebil-
det, welche ſchmarotzend in der Kie-
menhöhle der Garneelen lebt. Das
Männchen hat einen langgeſtreckten
Körper mit ſchmalen, ausgezackten
Bruſtringen, verſchmolzenem Hin-
terleibe und kleinen, mit Krallen
verſehenen Füßen; das Weibchen iſt
etwa ſechsmal größer und bildet ein
breites, verkehrt eiförmiges Schild,
das ſtets unſymmetriſch iſt, auf der
Rückſeite nur die Furchen der ver-
ſchmolzenen Ringe, und auf der
Unterſeite die vierzehn hakenförmigen
Klammerfüße zeigt. Der Kopf iſt gänzlich untergeſchoben und augen-
los, der Hinterleib innen mit häutigen Platten verſehen. Die Jun-
gen dieſer Thiere ſollen beim Ausſchlüpfen aus dem Eie den jungen
Waſſerflöhen ähnlich ſehen, was, wenn es ſich erwahren ſollte, unbe-
dingt die Stellung dieſer Familie von den Aſſeln weg zu den eigent-
lichen Schmarotzerkrebſen bedingen würde.

Die Familie der Fiſchaſſeln (Cymothoida) lebt ebenfalls ſchma-

[Abbildung] Fig. 537.

Fiſchaſſel (Anilocrus).

rotzend, aber meiſtens auf Fiſchen, an deren
Schwanz ſie ſich beſonders gern anklammern;
ihr Körper iſt gewöhnlich länglich eiförmig,
abgeplattet, der Kopf klein, die beiden Fühler-
paare kurz; die kurzen Füße, welche unter den
wohlgetrennten Bruſtringen ſtehen, ſind kräftig,
gekrümmt und mit Haken verſehen; die Haken
der drei erſten Fußpaare ſind ſtets ſehr ſtark
und einſchlagbar, ſo daß ſie förmliche Klammern
bilden. Die fünf erſten Hinterleibsringe ſind
ſchmal, aber deutlich geſchieden, der letzte breit,
blattförmig und zu einer Schwimmfloſſe umge-

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[479/0485] den Weibchen an der Baſis des fünften Fußpaares, bei den Männ- chen auf dem letzten Bruſtringel, entweder auf doppelten, warzenarti- gen Ruthen, oder in einer einzigen kurzen Ruthe öffnen, welche durch zwei lange Stiele, die von dem zweiten Bauchfußpaare ausgehen, noch unterſtützt wird. Wir unterſcheiden folgende Familien, von welchen nur zwei in älteren Schichten vertreten ſind: die Waſſeraſſeln vom oberen Jura an, die Landaſſeln dagegen erſt in den jüngeren Tertiärſchichten. Die Familie der Lausaſſeln (Bopyrida) wird nur von einer [Abbildung Fig. 535. Fig. 536. Bopyrus. Fig. 535. Weibchen des Bopyrus squillarum, von der Bauchfläche geſehen, um die Eier, die Klammerfüße, die fal- ſchen Füße und den unſymmetriſchen Bau zu zeigen. Fig. 536. Das Männchen von oben.] einzigen Gattung (Bopyrus) gebil- det, welche ſchmarotzend in der Kie- menhöhle der Garneelen lebt. Das Männchen hat einen langgeſtreckten Körper mit ſchmalen, ausgezackten Bruſtringen, verſchmolzenem Hin- terleibe und kleinen, mit Krallen verſehenen Füßen; das Weibchen iſt etwa ſechsmal größer und bildet ein breites, verkehrt eiförmiges Schild, das ſtets unſymmetriſch iſt, auf der Rückſeite nur die Furchen der ver- ſchmolzenen Ringe, und auf der Unterſeite die vierzehn hakenförmigen Klammerfüße zeigt. Der Kopf iſt gänzlich untergeſchoben und augen- los, der Hinterleib innen mit häutigen Platten verſehen. Die Jun- gen dieſer Thiere ſollen beim Ausſchlüpfen aus dem Eie den jungen Waſſerflöhen ähnlich ſehen, was, wenn es ſich erwahren ſollte, unbe- dingt die Stellung dieſer Familie von den Aſſeln weg zu den eigent- lichen Schmarotzerkrebſen bedingen würde. Die Familie der Fiſchaſſeln (Cymothoida) lebt ebenfalls ſchma- [Abbildung Fig. 537. Fiſchaſſel (Anilocrus).] rotzend, aber meiſtens auf Fiſchen, an deren Schwanz ſie ſich beſonders gern anklammern; ihr Körper iſt gewöhnlich länglich eiförmig, abgeplattet, der Kopf klein, die beiden Fühler- paare kurz; die kurzen Füße, welche unter den wohlgetrennten Bruſtringen ſtehen, ſind kräftig, gekrümmt und mit Haken verſehen; die Haken der drei erſten Fußpaare ſind ſtets ſehr ſtark und einſchlagbar, ſo daß ſie förmliche Klammern bilden. Die fünf erſten Hinterleibsringe ſind ſchmal, aber deutlich geſchieden, der letzte breit, blattförmig und zu einer Schwimmfloſſe umge-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/485>, abgerufen am 15.06.2024.