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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 534.

Kellerassel (Oniscus).
c Kopf. t1 bis t7 Brustringe.
ab Hinterleib. p--pp Fuß-
paare.

man eine förmliche Reihe, von schmarotzen-
den Formen an, deren Organisation fast
gänzlich unkenntlich wird, bis zu hoch orga-
nisirten, luftathmenden Landthieren verfolgen
kann.

Der Körper der Asseln ist gewöhnlich
platt, von oben nach unten zusammengedrückt,
bald mehr länglich, bald eiförmig, oder
selbst der Kreisform sich nähernd; ihr Kopf
ist klein, aber stets deutlich von dem ersten
Brustringe getrennt; die gewöhnlich gehäuf-
ten, seltener zusammengesetzten Augen rund,
zuweilen von bedeutender Größe; die Fühler
von mäßiger Länge, gewöhnlich quer nach Außen gestellt, die vorderen
zuweilen rudimentär; die Mundwerkzeuge sind wohl ausgebildet, die
Kiefer stark, gezähnelt, die Kaufüße sehr groß, aber von wechselnder
Form; die Brust besteht aus sieben Ringen, deren Seitenränder meist
blattartig vorragen; jeder Brustring trägt ein Paar Füße, die fast
immer von gleicher Form sind und am Ende eine scharfe Klaue, nie-
mals eine Scheere haben; an ihrer Basis tragen diese Füße bei den
Weibchen eine breite Platte zur Aufbewahrung der Eier, niemals aber
solche Kiemenblätter, wie bei den vorhergehenden Ordnungen. Der
Hinterleib ist wohl ausgebildet, ursprünglich aus sechs Ringen zusam-
mengesetzt, die aber zuweilen mit einander verschmolzen sind. Die
Bauchfüße tragen jeder zwei große, häutige, eiförmige Blätter, deren
inneres Blatt sehr zart ist und als Kiemenblatt fungirt; das sechste
Bauchfußpaar dagegen weicht von den vorhergehenden in seiner Bil-
dung ab und zeigt sich gewöhnlich in Gestalt eines deckelartigen Flü-
gels, der sich über die anderen Kiemenblätter hinüberklappen kann;
zuweilen auch bilden diese letzten Bauchfüße eine Art stielförmigen
Schwanzes oder eine Flosse.

Das Nervensystem der Asseln besteht aus einem ziemlich großen
Hirnknoten, aus sieben, gewöhnlich gleichmäßig großen Brustknoten,
die durch Längsfäden mit einander verbunden sind und auf die zu-
weilen noch mehrere kleine Hirnknötchen folgen. Der Magen ist in-
nen mit gezähnten Hornleisten besetzt und das Herz erstreckt sich über
die ganze Länge des Rückens. Die oben beschriebenen Kiemenblätter
erleiden bei den Landasseln bemerkenswerthe Modificationen, die wir
bei dieser Familie betrachten werden. Eierstöcke und Hoden gleichen
sich in ihrer Gestalt und bilden seitliche Blindschläuche, die sich bei


[Abbildung] Fig. 534.

Kelleraſſel (Oniscus).
c Kopf. t1 bis t7 Bruſtringe.
ab Hinterleib. p—pp Fuß-
paare.

man eine förmliche Reihe, von ſchmarotzen-
den Formen an, deren Organiſation faſt
gänzlich unkenntlich wird, bis zu hoch orga-
niſirten, luftathmenden Landthieren verfolgen
kann.

Der Körper der Aſſeln iſt gewöhnlich
platt, von oben nach unten zuſammengedrückt,
bald mehr länglich, bald eiförmig, oder
ſelbſt der Kreisform ſich nähernd; ihr Kopf
iſt klein, aber ſtets deutlich von dem erſten
Bruſtringe getrennt; die gewöhnlich gehäuf-
ten, ſeltener zuſammengeſetzten Augen rund,
zuweilen von bedeutender Größe; die Fühler
von mäßiger Länge, gewöhnlich quer nach Außen geſtellt, die vorderen
zuweilen rudimentär; die Mundwerkzeuge ſind wohl ausgebildet, die
Kiefer ſtark, gezähnelt, die Kaufüße ſehr groß, aber von wechſelnder
Form; die Bruſt beſteht aus ſieben Ringen, deren Seitenränder meiſt
blattartig vorragen; jeder Bruſtring trägt ein Paar Füße, die faſt
immer von gleicher Form ſind und am Ende eine ſcharfe Klaue, nie-
mals eine Scheere haben; an ihrer Baſis tragen dieſe Füße bei den
Weibchen eine breite Platte zur Aufbewahrung der Eier, niemals aber
ſolche Kiemenblätter, wie bei den vorhergehenden Ordnungen. Der
Hinterleib iſt wohl ausgebildet, urſprünglich aus ſechs Ringen zuſam-
mengeſetzt, die aber zuweilen mit einander verſchmolzen ſind. Die
Bauchfüße tragen jeder zwei große, häutige, eiförmige Blätter, deren
inneres Blatt ſehr zart iſt und als Kiemenblatt fungirt; das ſechſte
Bauchfußpaar dagegen weicht von den vorhergehenden in ſeiner Bil-
dung ab und zeigt ſich gewöhnlich in Geſtalt eines deckelartigen Flü-
gels, der ſich über die anderen Kiemenblätter hinüberklappen kann;
zuweilen auch bilden dieſe letzten Bauchfüße eine Art ſtielförmigen
Schwanzes oder eine Floſſe.

Das Nervenſyſtem der Aſſeln beſteht aus einem ziemlich großen
Hirnknoten, aus ſieben, gewöhnlich gleichmäßig großen Bruſtknoten,
die durch Längsfäden mit einander verbunden ſind und auf die zu-
weilen noch mehrere kleine Hirnknötchen folgen. Der Magen iſt in-
nen mit gezähnten Hornleiſten beſetzt und das Herz erſtreckt ſich über
die ganze Länge des Rückens. Die oben beſchriebenen Kiemenblätter
erleiden bei den Landaſſeln bemerkenswerthe Modificationen, die wir
bei dieſer Familie betrachten werden. Eierſtöcke und Hoden gleichen
ſich in ihrer Geſtalt und bilden ſeitliche Blindſchläuche, die ſich bei

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[478/0484] [Abbildung Fig. 534. Kelleraſſel (Oniscus). c Kopf. t1 bis t7 Bruſtringe. ab Hinterleib. p—pp Fuß- paare.] man eine förmliche Reihe, von ſchmarotzen- den Formen an, deren Organiſation faſt gänzlich unkenntlich wird, bis zu hoch orga- niſirten, luftathmenden Landthieren verfolgen kann. Der Körper der Aſſeln iſt gewöhnlich platt, von oben nach unten zuſammengedrückt, bald mehr länglich, bald eiförmig, oder ſelbſt der Kreisform ſich nähernd; ihr Kopf iſt klein, aber ſtets deutlich von dem erſten Bruſtringe getrennt; die gewöhnlich gehäuf- ten, ſeltener zuſammengeſetzten Augen rund, zuweilen von bedeutender Größe; die Fühler von mäßiger Länge, gewöhnlich quer nach Außen geſtellt, die vorderen zuweilen rudimentär; die Mundwerkzeuge ſind wohl ausgebildet, die Kiefer ſtark, gezähnelt, die Kaufüße ſehr groß, aber von wechſelnder Form; die Bruſt beſteht aus ſieben Ringen, deren Seitenränder meiſt blattartig vorragen; jeder Bruſtring trägt ein Paar Füße, die faſt immer von gleicher Form ſind und am Ende eine ſcharfe Klaue, nie- mals eine Scheere haben; an ihrer Baſis tragen dieſe Füße bei den Weibchen eine breite Platte zur Aufbewahrung der Eier, niemals aber ſolche Kiemenblätter, wie bei den vorhergehenden Ordnungen. Der Hinterleib iſt wohl ausgebildet, urſprünglich aus ſechs Ringen zuſam- mengeſetzt, die aber zuweilen mit einander verſchmolzen ſind. Die Bauchfüße tragen jeder zwei große, häutige, eiförmige Blätter, deren inneres Blatt ſehr zart iſt und als Kiemenblatt fungirt; das ſechſte Bauchfußpaar dagegen weicht von den vorhergehenden in ſeiner Bil- dung ab und zeigt ſich gewöhnlich in Geſtalt eines deckelartigen Flü- gels, der ſich über die anderen Kiemenblätter hinüberklappen kann; zuweilen auch bilden dieſe letzten Bauchfüße eine Art ſtielförmigen Schwanzes oder eine Floſſe. Das Nervenſyſtem der Aſſeln beſteht aus einem ziemlich großen Hirnknoten, aus ſieben, gewöhnlich gleichmäßig großen Bruſtknoten, die durch Längsfäden mit einander verbunden ſind und auf die zu- weilen noch mehrere kleine Hirnknötchen folgen. Der Magen iſt in- nen mit gezähnten Hornleiſten beſetzt und das Herz erſtreckt ſich über die ganze Länge des Rückens. Die oben beſchriebenen Kiemenblätter erleiden bei den Landaſſeln bemerkenswerthe Modificationen, die wir bei dieſer Familie betrachten werden. Eierſtöcke und Hoden gleichen ſich in ihrer Geſtalt und bilden ſeitliche Blindſchläuche, die ſich bei

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/484>, abgerufen am 18.06.2024.