den Eingeweidesack hin hat und auf der andern Seite in das Herz einmündet. Ohne Zweifel wird durch diesen Vorhof das die Einge- weide umspülende Blut aufgenommen und in das Herz hineingetrie- ben, und es werden bei diesen Thieren die rückführenden Venen durch die gemeinsame Höhle des Eingeweidesackes ersetzt.
Da bis jetzt noch kein Anatom frische Exemplare von Armfüßlern beobachten konnte und die ganze Untersuchung lediglich auf Weingeist- exemplare beschränkt war, so ist man über die Verhältnisse der Ge- schlechtstheile noch sehr im Unklaren. Es finden sich in dem Ein- geweidesacke, außer der Leber, Drüsenmassen, welche bei einigen Gat- tungen sich sogar bis auf den Mantel hin erstrecken und die wohl je nach ihrem Inhalte, entweder männliche oder weibliche Geschlechts- drüsen sein dürften, allein weiteres über die Verhältnisse dieser Theite, sowie über die Fortpflanzung der Armfüßler ist durchaus nicht bekannt.
Die Schalen der Armfüßler sind alle kalkiger Natur und mei- stens, wenigstens bei den lebenden Arten, ziemlich dünn und selbst eini- germaßen biegsam. Bei mikroskopischer Untersuchung unterscheidet man selbst an diesen dünnen Schalen die zwei obenerwähnten Schichten, von welchen die äußere aus schiefstehenden Säulchenzellen gebildet ist, welche im Innern mit Kalkablagerungen erfüllt sind, die man durch Säure ausziehen kann, wo dann die leeren hornigen Zellen zurückbleiben; die innere Schicht der Schale hingegen blätterig und bei einigen Gattungen so porös erscheint, daß sie bei der Versteinerung zuweilen verschwunden ist. Die Schalensubstanz selbst wird entweder nur in ihrer innern Schicht oder in ihrer ganzen Dicke von eigenthümlichen Kanälen durchzogen, welche äußerst eng und wie es scheint mit Kalk- ablagerungen erfüllt sind. Bei der ungemein großen Verbreitung der Armfüßler in den Schichten der Erde, bei der Häufigkeit einzelner Arten hat man auf die äußere Form und Gestaltung dieser Schalen besonders viele Rücksicht genommen und zu ihrer Beschreibung ver- schiedene Kunstausdrücke gebraucht, deren Kenntniß durchaus noth- wendig ist.
Zuerst ist es von Wichtigkeit, das Vorn und Hinten, Rechts und Links, Oben und Unten zu bestimmen, eine Bestimmung, die nicht leicht ist bei Thieren, welche keinen Kopf und keine regelmäßige Stellung besitzen. Viele Armfüßler sind nämlich mit der einen Schale befestigt, so daß die angeheftete Schale die untere, die freie die obere wäre; andere dagegen hängen an einem Stiele fest, der in der Nähe des Schlosses, wo beide Schalen zusammengefügt sind, hervortritt. Hier
den Eingeweideſack hin hat und auf der andern Seite in das Herz einmündet. Ohne Zweifel wird durch dieſen Vorhof das die Einge- weide umſpülende Blut aufgenommen und in das Herz hineingetrie- ben, und es werden bei dieſen Thieren die rückführenden Venen durch die gemeinſame Höhle des Eingeweideſackes erſetzt.
Da bis jetzt noch kein Anatom friſche Exemplare von Armfüßlern beobachten konnte und die ganze Unterſuchung lediglich auf Weingeiſt- exemplare beſchränkt war, ſo iſt man über die Verhältniſſe der Ge- ſchlechtstheile noch ſehr im Unklaren. Es finden ſich in dem Ein- geweideſacke, außer der Leber, Drüſenmaſſen, welche bei einigen Gat- tungen ſich ſogar bis auf den Mantel hin erſtrecken und die wohl je nach ihrem Inhalte, entweder männliche oder weibliche Geſchlechts- drüſen ſein dürften, allein weiteres über die Verhältniſſe dieſer Theite, ſowie über die Fortpflanzung der Armfüßler iſt durchaus nicht bekannt.
Die Schalen der Armfüßler ſind alle kalkiger Natur und mei- ſtens, wenigſtens bei den lebenden Arten, ziemlich dünn und ſelbſt eini- germaßen biegſam. Bei mikroſkopiſcher Unterſuchung unterſcheidet man ſelbſt an dieſen dünnen Schalen die zwei obenerwähnten Schichten, von welchen die äußere aus ſchiefſtehenden Säulchenzellen gebildet iſt, welche im Innern mit Kalkablagerungen erfüllt ſind, die man durch Säure ausziehen kann, wo dann die leeren hornigen Zellen zurückbleiben; die innere Schicht der Schale hingegen blätterig und bei einigen Gattungen ſo porös erſcheint, daß ſie bei der Verſteinerung zuweilen verſchwunden iſt. Die Schalenſubſtanz ſelbſt wird entweder nur in ihrer innern Schicht oder in ihrer ganzen Dicke von eigenthümlichen Kanälen durchzogen, welche äußerſt eng und wie es ſcheint mit Kalk- ablagerungen erfüllt ſind. Bei der ungemein großen Verbreitung der Armfüßler in den Schichten der Erde, bei der Häufigkeit einzelner Arten hat man auf die äußere Form und Geſtaltung dieſer Schalen beſonders viele Rückſicht genommen und zu ihrer Beſchreibung ver- ſchiedene Kunſtausdrücke gebraucht, deren Kenntniß durchaus noth- wendig iſt.
Zuerſt iſt es von Wichtigkeit, das Vorn und Hinten, Rechts und Links, Oben und Unten zu beſtimmen, eine Beſtimmung, die nicht leicht iſt bei Thieren, welche keinen Kopf und keine regelmäßige Stellung beſitzen. Viele Armfüßler ſind nämlich mit der einen Schale befeſtigt, ſo daß die angeheftete Schale die untere, die freie die obere wäre; andere dagegen hängen an einem Stiele feſt, der in der Nähe des Schloſſes, wo beide Schalen zuſammengefügt ſind, hervortritt. Hier
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den Eingeweideſack hin hat und auf der andern Seite in das Herz
einmündet. Ohne Zweifel wird durch dieſen Vorhof das die Einge-
weide umſpülende Blut aufgenommen und in das Herz hineingetrie-
ben, und es werden bei dieſen Thieren die rückführenden Venen durch
die gemeinſame Höhle des Eingeweideſackes erſetzt.
Da bis jetzt noch kein Anatom friſche Exemplare von Armfüßlern
beobachten konnte und die ganze Unterſuchung lediglich auf Weingeiſt-
exemplare beſchränkt war, ſo iſt man über die Verhältniſſe der Ge-
ſchlechtstheile noch ſehr im Unklaren. Es finden ſich in dem Ein-
geweideſacke, außer der Leber, Drüſenmaſſen, welche bei einigen Gat-
tungen ſich ſogar bis auf den Mantel hin erſtrecken und die wohl je
nach ihrem Inhalte, entweder männliche oder weibliche Geſchlechts-
drüſen ſein dürften, allein weiteres über die Verhältniſſe dieſer Theite,
ſowie über die Fortpflanzung der Armfüßler iſt durchaus nicht
bekannt.
Die Schalen der Armfüßler ſind alle kalkiger Natur und mei-
ſtens, wenigſtens bei den lebenden Arten, ziemlich dünn und ſelbſt eini-
germaßen biegſam. Bei mikroſkopiſcher Unterſuchung unterſcheidet man
ſelbſt an dieſen dünnen Schalen die zwei obenerwähnten Schichten, von
welchen die äußere aus ſchiefſtehenden Säulchenzellen gebildet iſt, welche
im Innern mit Kalkablagerungen erfüllt ſind, die man durch Säure
ausziehen kann, wo dann die leeren hornigen Zellen zurückbleiben;
die innere Schicht der Schale hingegen blätterig und bei einigen
Gattungen ſo porös erſcheint, daß ſie bei der Verſteinerung zuweilen
verſchwunden iſt. Die Schalenſubſtanz ſelbſt wird entweder nur in
ihrer innern Schicht oder in ihrer ganzen Dicke von eigenthümlichen
Kanälen durchzogen, welche äußerſt eng und wie es ſcheint mit Kalk-
ablagerungen erfüllt ſind. Bei der ungemein großen Verbreitung
der Armfüßler in den Schichten der Erde, bei der Häufigkeit einzelner
Arten hat man auf die äußere Form und Geſtaltung dieſer Schalen
beſonders viele Rückſicht genommen und zu ihrer Beſchreibung ver-
ſchiedene Kunſtausdrücke gebraucht, deren Kenntniß durchaus noth-
wendig iſt.
Zuerſt iſt es von Wichtigkeit, das Vorn und Hinten, Rechts und
Links, Oben und Unten zu beſtimmen, eine Beſtimmung, die nicht
leicht iſt bei Thieren, welche keinen Kopf und keine regelmäßige Stellung
beſitzen. Viele Armfüßler ſind nämlich mit der einen Schale befeſtigt,
ſo daß die angeheftete Schale die untere, die freie die obere wäre;
andere dagegen hängen an einem Stiele feſt, der in der Nähe des
Schloſſes, wo beide Schalen zuſammengefügt ſind, hervortritt. Hier
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/292>, abgerufen am 05.12.2024.
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