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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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teristisch sind. Es stehen nämlich diese Stacheln stets auf runden
Knötchen, welchen entsprechend sie an dem untern Ende eine hohle
Gelenkfläche besitzen, so daß sie auf einem förmlichen Kugelgelenke sich
drehen können. Im Umkreise dieses Kugelgelenkes sind faserige Bän-
der entwickelt, welche den Stachel bewegen können. Je bedeutender
die Stacheln, desto größer werden auch die Zapfenhöcker, welche sie
tragen, so daß bei denjenigen Seeigeln, wo sehr bedeutend große Sta-
cheln vorkommen, sich auch auf der Oberfläche der Schale dicke Höcker
zeigen, welche meist noch einen besonderen Gelenkknopf tragen und oft
auch auf ihrer Spitze ein Loch zur Befestigung mittelst eines Sehnen-
bandes zeigen. Das Verhalten dieser Höcker und der großen Stacheln
zu den kleinen, deren Höckerchen der Oberfläche der Schale nur ein
rauhes Aussehen geben, alles dies wird mit Vortheil zur Bestimmung
der Gattungen und Arten benutzt. Die zweite Art von eigenthüm-
lichen Organen, die Pedicellarien, die besonders in der Umgebung
des Mundes stehen, wurden schon früher erwähnt.

Die Entwickelungsgeschichte der Seeigel, Seesterne und Schlangen-
sterne ist besonders in der neuesten Zeit so umfassend beobachtet wor-
den, daß man im Allgemeinen wenigstens die Grundzüge dieser
Entwickelung angeben kann. Es bestehen diese aber im Folgenden:

[Abbildung] Fig. 150. Fig. 151. Fig. 152. Fig. 153.

Seeigel-Eier im Furchungsprozesse. Fig. 150. Das reife Ei. a Dotterhaut; b Dotter;
c Keimbläschen. Fig. 151. Zweitheilung. Fig. 152. Achttheilung. Fig. 153. Maulbeer-
form des Dotters.

Die Eier der Seeigel und Seesterne zeigen eine deutliche Hülle, einen
meist gelblich oder röthlich gefärbten Dotter und ein sehr deutliches
Keimbläschen mit Keimflecken, während die den Eierstöcken ganz gleich gestal-
teten männlichen Organe Samenthierchen mit rundlichem Körper und einem
Schwanzanhange erzeugen. Nach der Befruchtung und dem regel-
mäßigen Furchungsprozesse, welchen diese Eier durchlaufen, ent-
steht ein rundlicher Embryo, der mittelst ausgebildeter Wimper-
haare nach Durchbrechung der Eischale frei in dem Wasser um-
herschwimmt. Nach und nach erhält dieser Embryo die Gestalt
einer vierseitigen Pyramide, welche sich mehr und mehr in die

teriſtiſch ſind. Es ſtehen nämlich dieſe Stacheln ſtets auf runden
Knötchen, welchen entſprechend ſie an dem untern Ende eine hohle
Gelenkfläche beſitzen, ſo daß ſie auf einem förmlichen Kugelgelenke ſich
drehen können. Im Umkreiſe dieſes Kugelgelenkes ſind faſerige Bän-
der entwickelt, welche den Stachel bewegen können. Je bedeutender
die Stacheln, deſto größer werden auch die Zapfenhöcker, welche ſie
tragen, ſo daß bei denjenigen Seeigeln, wo ſehr bedeutend große Sta-
cheln vorkommen, ſich auch auf der Oberfläche der Schale dicke Höcker
zeigen, welche meiſt noch einen beſonderen Gelenkknopf tragen und oft
auch auf ihrer Spitze ein Loch zur Befeſtigung mittelſt eines Sehnen-
bandes zeigen. Das Verhalten dieſer Höcker und der großen Stacheln
zu den kleinen, deren Höckerchen der Oberfläche der Schale nur ein
rauhes Ausſehen geben, alles dies wird mit Vortheil zur Beſtimmung
der Gattungen und Arten benutzt. Die zweite Art von eigenthüm-
lichen Organen, die Pedicellarien, die beſonders in der Umgebung
des Mundes ſtehen, wurden ſchon früher erwähnt.

Die Entwickelungsgeſchichte der Seeigel, Seeſterne und Schlangen-
ſterne iſt beſonders in der neueſten Zeit ſo umfaſſend beobachtet wor-
den, daß man im Allgemeinen wenigſtens die Grundzüge dieſer
Entwickelung angeben kann. Es beſtehen dieſe aber im Folgenden:

[Abbildung] Fig. 150. Fig. 151. Fig. 152. Fig. 153.

Seeigel-Eier im Furchungsprozeſſe. Fig. 150. Das reife Ei. a Dotterhaut; b Dotter;
c Keimbläschen. Fig. 151. Zweitheilung. Fig. 152. Achttheilung. Fig. 153. Maulbeer-
form des Dotters.

Die Eier der Seeigel und Seeſterne zeigen eine deutliche Hülle, einen
meiſt gelblich oder röthlich gefärbten Dotter und ein ſehr deutliches
Keimbläschen mit Keimflecken, während die den Eierſtöcken ganz gleich geſtal-
teten männlichen Organe Samenthierchen mit rundlichem Körper und einem
Schwanzanhange erzeugen. Nach der Befruchtung und dem regel-
mäßigen Furchungsprozeſſe, welchen dieſe Eier durchlaufen, ent-
ſteht ein rundlicher Embryo, der mittelſt ausgebildeter Wimper-
haare nach Durchbrechung der Eiſchale frei in dem Waſſer um-
herſchwimmt. Nach und nach erhält dieſer Embryo die Geſtalt
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[162/0168] teriſtiſch ſind. Es ſtehen nämlich dieſe Stacheln ſtets auf runden Knötchen, welchen entſprechend ſie an dem untern Ende eine hohle Gelenkfläche beſitzen, ſo daß ſie auf einem förmlichen Kugelgelenke ſich drehen können. Im Umkreiſe dieſes Kugelgelenkes ſind faſerige Bän- der entwickelt, welche den Stachel bewegen können. Je bedeutender die Stacheln, deſto größer werden auch die Zapfenhöcker, welche ſie tragen, ſo daß bei denjenigen Seeigeln, wo ſehr bedeutend große Sta- cheln vorkommen, ſich auch auf der Oberfläche der Schale dicke Höcker zeigen, welche meiſt noch einen beſonderen Gelenkknopf tragen und oft auch auf ihrer Spitze ein Loch zur Befeſtigung mittelſt eines Sehnen- bandes zeigen. Das Verhalten dieſer Höcker und der großen Stacheln zu den kleinen, deren Höckerchen der Oberfläche der Schale nur ein rauhes Ausſehen geben, alles dies wird mit Vortheil zur Beſtimmung der Gattungen und Arten benutzt. Die zweite Art von eigenthüm- lichen Organen, die Pedicellarien, die beſonders in der Umgebung des Mundes ſtehen, wurden ſchon früher erwähnt. Die Entwickelungsgeſchichte der Seeigel, Seeſterne und Schlangen- ſterne iſt beſonders in der neueſten Zeit ſo umfaſſend beobachtet wor- den, daß man im Allgemeinen wenigſtens die Grundzüge dieſer Entwickelung angeben kann. Es beſtehen dieſe aber im Folgenden: [Abbildung Fig. 150. Fig. 151. Fig. 152. Fig. 153. Seeigel-Eier im Furchungsprozeſſe. Fig. 150. Das reife Ei. a Dotterhaut; b Dotter; c Keimbläschen. Fig. 151. Zweitheilung. Fig. 152. Achttheilung. Fig. 153. Maulbeer- form des Dotters.] Die Eier der Seeigel und Seeſterne zeigen eine deutliche Hülle, einen meiſt gelblich oder röthlich gefärbten Dotter und ein ſehr deutliches Keimbläschen mit Keimflecken, während die den Eierſtöcken ganz gleich geſtal- teten männlichen Organe Samenthierchen mit rundlichem Körper und einem Schwanzanhange erzeugen. Nach der Befruchtung und dem regel- mäßigen Furchungsprozeſſe, welchen dieſe Eier durchlaufen, ent- ſteht ein rundlicher Embryo, der mittelſt ausgebildeter Wimper- haare nach Durchbrechung der Eiſchale frei in dem Waſſer um- herſchwimmt. Nach und nach erhält dieſer Embryo die Geſtalt einer vierſeitigen Pyramide, welche ſich mehr und mehr in die

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/168>, abgerufen am 04.05.2024.