der kleinen Außendinge mit dem Werthe seiner Geistes¬ thätigkeit ruhte. So konnte man den Widerspruch begreifen und verzeihen, daß er eben aus diesem Grimm bei der Betrachtung jener Dinge sich aufhielt und eben die Zeit, deren sie nicht werth sind, ihnen widmete. Aber nun diesen Widerspruch so weit treiben, sich so schwer an seiner Zeit versündigen: das war denn doch zu arg, war unverantwortlich, war abscheu¬ lich! Mir fiel wieder ein, was ich einst auf der Axenstraße ihm zu Gewissen geführt, ich hätte den Todten aus dem Grabe fordern und in Donnerpredigt wiederholen mögen, was ich ihm schon damals vor¬ gehalten, ich ballte den Papierhaufen zu einer großen Kugel zusammen und schleuderte sie an die Wand, als wäre ihre Fläche die Stirne des strafwürdigen Sünders. Doch dessen schämte ich mich wieder, legte den Knäuel vor mich hin, sah ihn ruhig an und fand bei gesammeltem Nachdenken, daß dieser närrische Ver¬ such so ganz unmerkwürdig eben nicht sei, freilich nur im negativen Sinne, nemlich als abschreckendes Beispiel. A. E. wollte der Weltordnung -- allerdings nur dem unteren Stockwerk derselben, denn an der Güte des oberen Stockwerks, des sittlichen Reiches, war er ja nicht verzweifelt -- den Possen spielen, ihr einmal tabellarisch vor die Augen -- als hätte sie solche -- zu rücken, was für eine schlechte Ordnung sie sei. Also ein geordnetes Bild des Ungeordneten sollte auf¬
der kleinen Außendinge mit dem Werthe ſeiner Geiſtes¬ thätigkeit ruhte. So konnte man den Widerſpruch begreifen und verzeihen, daß er eben aus dieſem Grimm bei der Betrachtung jener Dinge ſich aufhielt und eben die Zeit, deren ſie nicht werth ſind, ihnen widmete. Aber nun dieſen Widerſpruch ſo weit treiben, ſich ſo ſchwer an ſeiner Zeit verſündigen: das war denn doch zu arg, war unverantwortlich, war abſcheu¬ lich! Mir fiel wieder ein, was ich einſt auf der Axenſtraße ihm zu Gewiſſen geführt, ich hätte den Todten aus dem Grabe fordern und in Donnerpredigt wiederholen mögen, was ich ihm ſchon damals vor¬ gehalten, ich ballte den Papierhaufen zu einer großen Kugel zuſammen und ſchleuderte ſie an die Wand, als wäre ihre Fläche die Stirne des ſtrafwürdigen Sünders. Doch deſſen ſchämte ich mich wieder, legte den Knäuel vor mich hin, ſah ihn ruhig an und fand bei geſammeltem Nachdenken, daß dieſer närriſche Ver¬ ſuch ſo ganz unmerkwürdig eben nicht ſei, freilich nur im negativen Sinne, nemlich als abſchreckendes Beiſpiel. A. E. wollte der Weltordnung — allerdings nur dem unteren Stockwerk derſelben, denn an der Güte des oberen Stockwerks, des ſittlichen Reiches, war er ja nicht verzweifelt — den Poſſen ſpielen, ihr einmal tabellariſch vor die Augen — als hätte ſie ſolche — zu rücken, was für eine ſchlechte Ordnung ſie ſei. Alſo ein geordnetes Bild des Ungeordneten ſollte auf¬
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der kleinen Außendinge mit dem Werthe ſeiner Geiſtes¬
thätigkeit ruhte. So konnte man den Widerſpruch
begreifen und verzeihen, daß er eben aus dieſem
Grimm bei der Betrachtung jener Dinge ſich aufhielt
und eben die Zeit, deren ſie nicht werth ſind, ihnen
widmete. Aber nun dieſen Widerſpruch ſo weit treiben,
ſich ſo ſchwer an ſeiner Zeit verſündigen: das war
denn doch zu arg, war unverantwortlich, war abſcheu¬
lich! Mir fiel wieder ein, was ich einſt auf der
Axenſtraße ihm zu Gewiſſen geführt, ich hätte den
Todten aus dem Grabe fordern und in Donnerpredigt
wiederholen mögen, was ich ihm ſchon damals vor¬
gehalten, ich ballte den Papierhaufen zu einer großen
Kugel zuſammen und ſchleuderte ſie an die Wand,
als wäre ihre Fläche die Stirne des ſtrafwürdigen
Sünders. Doch deſſen ſchämte ich mich wieder, legte
den Knäuel vor mich hin, ſah ihn ruhig an und fand
bei geſammeltem Nachdenken, daß dieſer närriſche Ver¬
ſuch ſo ganz unmerkwürdig eben nicht ſei, freilich nur im
negativen Sinne, nemlich als abſchreckendes Beiſpiel.
A. E. wollte der Weltordnung — allerdings nur dem
unteren Stockwerk derſelben, denn an der Güte des
oberen Stockwerks, des ſittlichen Reiches, war er ja
nicht verzweifelt — den Poſſen ſpielen, ihr einmal
tabellariſch vor die Augen — als hätte ſie ſolche —
zu rücken, was für eine ſchlechte Ordnung ſie ſei.
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/88>, abgerufen am 21.11.2024.
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