Situationen, welche versprechen, geistig interessant zu werden. Es nähert sich zum Beispiel ein Unbekannter -- ein Hund meine ich und rede nicht von Hündin, es handelt sich von Fällen ohne Geschlechtsreiz. Wenn dieser dem diesseitigen Hund bedeutsam erscheint, so daß er sich vorstellt, es werde da ein belebtes Ver¬ hältniß, vielleicht flotte Rauferei sich ergeben, so leckt er sich das Maul aus, er gibt sich Vorschmack, nun also rein symbolisch. -- Wie fragt ein Hund? Wenn er etwas sieht, was er nicht erkennt, so stellt er den Kopf schief, verändert hiemit den Sehwinkel, um deut¬ licher wahrzunehmen; dasselbe thut er nun, wenn er einen Befehl nicht versteht oder seinen Herrn fragt, ob er noch nicht nach Hause gehe.
Wenn die Katze von einer ganz angenehmen Vor¬ stellung erfüllt ist, stellt sie den Schwanz kerzengerad aufwärts. Wenn sie angreift, trägt sie ihn von der Wurzel aus in einem Bogen, von da an einfach niederhängend; ebenso wenn sie Ansatz zum Schein¬ kampf, zum Spiele nimmt. Soll aber das Spiel recht ausnehmend lustig werden, ist sie ganz hans¬ wurstisch gestimmt, dann thut sie von der Seite gesehen dasselbe, jedoch so, daß von hinten gesehen der Schwanz zugleich schief steht. Das heißt doch ganz klar: jetzt soll es einmal ganz schief hergehen!
Es wäre noch viel von dem Ringeln des Schwanzes zu sagen. Es drückt immer prickelnde Gedanken aus,
Situationen, welche verſprechen, geiſtig intereſſant zu werden. Es nähert ſich zum Beiſpiel ein Unbekannter — ein Hund meine ich und rede nicht von Hündin, es handelt ſich von Fällen ohne Geſchlechtsreiz. Wenn dieſer dem dieſſeitigen Hund bedeutſam erſcheint, ſo daß er ſich vorſtellt, es werde da ein belebtes Ver¬ hältniß, vielleicht flotte Rauferei ſich ergeben, ſo leckt er ſich das Maul aus, er gibt ſich Vorſchmack, nun alſo rein ſymboliſch. — Wie fragt ein Hund? Wenn er etwas ſieht, was er nicht erkennt, ſo ſtellt er den Kopf ſchief, verändert hiemit den Sehwinkel, um deut¬ licher wahrzunehmen; daſſelbe thut er nun, wenn er einen Befehl nicht verſteht oder ſeinen Herrn fragt, ob er noch nicht nach Hauſe gehe.
Wenn die Katze von einer ganz angenehmen Vor¬ ſtellung erfüllt iſt, ſtellt ſie den Schwanz kerzengerad aufwärts. Wenn ſie angreift, trägt ſie ihn von der Wurzel aus in einem Bogen, von da an einfach niederhängend; ebenſo wenn ſie Anſatz zum Schein¬ kampf, zum Spiele nimmt. Soll aber das Spiel recht ausnehmend luſtig werden, iſt ſie ganz hans¬ wurſtiſch geſtimmt, dann thut ſie von der Seite geſehen daſſelbe, jedoch ſo, daß von hinten geſehen der Schwanz zugleich ſchief ſteht. Das heißt doch ganz klar: jetzt ſoll es einmal ganz ſchief hergehen!
Es wäre noch viel von dem Ringeln des Schwanzes zu ſagen. Es drückt immer prickelnde Gedanken aus,
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Situationen, welche verſprechen, geiſtig intereſſant zu
werden. Es nähert ſich zum Beiſpiel ein Unbekannter
— ein Hund meine ich und rede nicht von Hündin,
es handelt ſich von Fällen ohne Geſchlechtsreiz. Wenn
dieſer dem dieſſeitigen Hund bedeutſam erſcheint, ſo
daß er ſich vorſtellt, es werde da ein belebtes Ver¬
hältniß, vielleicht flotte Rauferei ſich ergeben, ſo leckt
er ſich das Maul aus, er gibt ſich Vorſchmack, nun
alſo rein ſymboliſch. — Wie fragt ein Hund? Wenn
er etwas ſieht, was er nicht erkennt, ſo ſtellt er den
Kopf ſchief, verändert hiemit den Sehwinkel, um deut¬
licher wahrzunehmen; daſſelbe thut er nun, wenn er
einen Befehl nicht verſteht oder ſeinen Herrn fragt,
ob er noch nicht nach Hauſe gehe.
Wenn die Katze von einer ganz angenehmen Vor¬
ſtellung erfüllt iſt, ſtellt ſie den Schwanz kerzengerad
aufwärts. Wenn ſie angreift, trägt ſie ihn von
der Wurzel aus in einem Bogen, von da an einfach
niederhängend; ebenſo wenn ſie Anſatz zum Schein¬
kampf, zum Spiele nimmt. Soll aber das Spiel
recht ausnehmend luſtig werden, iſt ſie ganz hans¬
wurſtiſch geſtimmt, dann thut ſie von der Seite geſehen
daſſelbe, jedoch ſo, daß von hinten geſehen der Schwanz
zugleich ſchief ſteht. Das heißt doch ganz klar: jetzt
ſoll es einmal ganz ſchief hergehen!
Es wäre noch viel von dem Ringeln des Schwanzes
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/305>, abgerufen am 24.11.2024.
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