Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

Das gäbe Motiv zu mehr als Einem Lustspiel: Liebes¬
briefe, Schuldbriefe, Scheltbriefe, Amtsschreiben falsch
ausgetragen, -- benützt von heiteren Schelmen, Intri¬
ganten, es steigt ein ganzes Gewimmel von Ansätzen
zu komischen Verwicklungen aus dem Samenkorn auf.
Wenn ich nur etwas der Art machen könnte!


Junger Mann tritt auf in einem Gasthof. Ist in
die Kreisstadt gereist, um seine Scheidung zu be¬
treiben. Sieht am Fenster gegenüber eine reizende
Erscheinung. Es beginnt ein Roman auf Distanz
während der langen Weile des Prozesses. Zeichen, Brief¬
chen u. s. w. Muß gesteigert, gespannt, auch gelegentlich
exponirt werden, daß er kurzsichtig ist. Endlich Zusammen¬
kunft. Die Unbekannte ist seine Frau. Versöhnung.


Ließe sich nicht die Agnes Bernauer noch einmal
behandeln? Folgendes gäbe eine hochtragische Szene:
Prinz Albrecht ist von Straubing, wo er Agnes im
Schloß geborgen glaubt, Ingolstadt zugeritten, mit
lustiger Begleitung. Macht Halt bei einem Dorf.
Ahnt nichts vom Vorgehen des Herzogs gegen Agnes,
vom Hexenprozeß. Selig in seinem Glück, übermüthig.
Man zecht im Freien, in der Nähe eines Bauernhofs.
An dessen Wand liest Albrecht den Spruch:

Das gäbe Motiv zu mehr als Einem Luſtſpiel: Liebes¬
briefe, Schuldbriefe, Scheltbriefe, Amtsſchreiben falſch
ausgetragen, — benützt von heiteren Schelmen, Intri¬
ganten, es ſteigt ein ganzes Gewimmel von Anſätzen
zu komiſchen Verwicklungen aus dem Samenkorn auf.
Wenn ich nur etwas der Art machen könnte!


Junger Mann tritt auf in einem Gaſthof. Iſt in
die Kreisſtadt gereiſt, um ſeine Scheidung zu be¬
treiben. Sieht am Fenſter gegenüber eine reizende
Erſcheinung. Es beginnt ein Roman auf Diſtanz
während der langen Weile des Prozeſſes. Zeichen, Brief¬
chen u. ſ. w. Muß geſteigert, geſpannt, auch gelegentlich
exponirt werden, daß er kurzſichtig iſt. Endlich Zuſammen¬
kunft. Die Unbekannte iſt ſeine Frau. Verſöhnung.


Ließe ſich nicht die Agnes Bernauer noch einmal
behandeln? Folgendes gäbe eine hochtragiſche Szene:
Prinz Albrecht iſt von Straubing, wo er Agnes im
Schloß geborgen glaubt, Ingolſtadt zugeritten, mit
luſtiger Begleitung. Macht Halt bei einem Dorf.
Ahnt nichts vom Vorgehen des Herzogs gegen Agnes,
vom Hexenprozeß. Selig in ſeinem Glück, übermüthig.
Man zecht im Freien, in der Nähe eines Bauernhofs.
An deſſen Wand liest Albrecht den Spruch:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0237" n="224"/>
Das gäbe Motiv zu mehr als Einem Lu&#x017F;t&#x017F;piel: Liebes¬<lb/>
briefe, Schuldbriefe, Scheltbriefe, Amts&#x017F;chreiben fal&#x017F;ch<lb/>
ausgetragen, &#x2014; benützt von heiteren Schelmen, Intri¬<lb/>
ganten, es &#x017F;teigt ein ganzes Gewimmel von An&#x017F;ätzen<lb/>
zu komi&#x017F;chen Verwicklungen aus dem Samenkorn auf.<lb/>
Wenn ich nur etwas der Art machen könnte!</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Junger Mann tritt auf in einem Ga&#x017F;thof. I&#x017F;t in<lb/>
die Kreis&#x017F;tadt gerei&#x017F;t, um &#x017F;eine Scheidung zu be¬<lb/>
treiben. Sieht am Fen&#x017F;ter gegenüber eine reizende<lb/>
Er&#x017F;cheinung. Es beginnt ein Roman auf Di&#x017F;tanz<lb/>
während der langen Weile des Proze&#x017F;&#x017F;es. Zeichen, Brief¬<lb/>
chen u. &#x017F;. w. Muß ge&#x017F;teigert, ge&#x017F;pannt, auch gelegentlich<lb/>
exponirt werden, daß er kurz&#x017F;ichtig i&#x017F;t. Endlich Zu&#x017F;ammen¬<lb/>
kunft. Die Unbekannte i&#x017F;t &#x017F;eine Frau. Ver&#x017F;öhnung.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Ließe &#x017F;ich nicht die Agnes Bernauer noch einmal<lb/>
behandeln? Folgendes gäbe eine hochtragi&#x017F;che Szene:<lb/>
Prinz Albrecht i&#x017F;t von Straubing, wo er Agnes im<lb/>
Schloß geborgen glaubt, Ingol&#x017F;tadt zugeritten, mit<lb/>
lu&#x017F;tiger Begleitung. Macht Halt bei einem Dorf.<lb/>
Ahnt nichts vom Vorgehen des Herzogs gegen Agnes,<lb/>
vom Hexenprozeß. Selig in &#x017F;einem Glück, übermüthig.<lb/>
Man zecht im Freien, in der Nähe eines Bauernhofs.<lb/>
An de&#x017F;&#x017F;en Wand liest Albrecht den Spruch:</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0237] Das gäbe Motiv zu mehr als Einem Luſtſpiel: Liebes¬ briefe, Schuldbriefe, Scheltbriefe, Amtsſchreiben falſch ausgetragen, — benützt von heiteren Schelmen, Intri¬ ganten, es ſteigt ein ganzes Gewimmel von Anſätzen zu komiſchen Verwicklungen aus dem Samenkorn auf. Wenn ich nur etwas der Art machen könnte! Junger Mann tritt auf in einem Gaſthof. Iſt in die Kreisſtadt gereiſt, um ſeine Scheidung zu be¬ treiben. Sieht am Fenſter gegenüber eine reizende Erſcheinung. Es beginnt ein Roman auf Diſtanz während der langen Weile des Prozeſſes. Zeichen, Brief¬ chen u. ſ. w. Muß geſteigert, geſpannt, auch gelegentlich exponirt werden, daß er kurzſichtig iſt. Endlich Zuſammen¬ kunft. Die Unbekannte iſt ſeine Frau. Verſöhnung. Ließe ſich nicht die Agnes Bernauer noch einmal behandeln? Folgendes gäbe eine hochtragiſche Szene: Prinz Albrecht iſt von Straubing, wo er Agnes im Schloß geborgen glaubt, Ingolſtadt zugeritten, mit luſtiger Begleitung. Macht Halt bei einem Dorf. Ahnt nichts vom Vorgehen des Herzogs gegen Agnes, vom Hexenprozeß. Selig in ſeinem Glück, übermüthig. Man zecht im Freien, in der Nähe eines Bauernhofs. An deſſen Wand liest Albrecht den Spruch:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/237
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/237>, abgerufen am 24.11.2024.