unten hinein in schwarzen, zackig umstarrten Höllen¬ schlund, wo er verborgen weiter siedet, donnert, dumpf hinbrüllt. Wie sie wirbeln, hochauffahrend schwellen, dem Rauch einer Feuersbrunst gleich, die Dampfwolken des Wasserstaubs! Schwindellos steht das stolze Weib und schaut und ihr Auge leuchtet. Und ich schaue sie an, fasse und küsse sie. Und wie hat sie's erwidert! Küsse aus der Wurzel gezogen!
Drunten über dem rauchenden Schlund ein drei¬ facher Regenbogen, glühend, wie ich das Schauspiel nie gesehen. Verkündigst du Frieden? Du brennst auf Dampfsäulen aus Schauertiefen, zitterst an schwarzen Felswänden, schillerst über Todesgrauen -- -- strahle, Traumbild, streue Schimmerfarben, male Seligkeit über den Abgrund!
Schieße noch höher empor, Gousta, und schau' her unter dem Schneehelm auf mein Glück!
Hinab mit ihr in den Abgrund! -- es schoß mir mitten in der Wonne wie ein Blitz, wie ein langer, dünner Dolch durch die Seele.
Im Herabklettern gleite ich aus. Sie hält mich. Nur ein Haar fehlte, und ich zerstäubte, war dahin, lag als Schutt, als Nichts im finsteren Schachte. Aber
unten hinein in ſchwarzen, zackig umſtarrten Höllen¬ ſchlund, wo er verborgen weiter ſiedet, donnert, dumpf hinbrüllt. Wie ſie wirbeln, hochauffahrend ſchwellen, dem Rauch einer Feuersbrunſt gleich, die Dampfwolken des Waſſerſtaubs! Schwindellos ſteht das ſtolze Weib und ſchaut und ihr Auge leuchtet. Und ich ſchaue ſie an, faſſe und küſſe ſie. Und wie hat ſie's erwidert! Küſſe aus der Wurzel gezogen!
Drunten über dem rauchenden Schlund ein drei¬ facher Regenbogen, glühend, wie ich das Schauſpiel nie geſehen. Verkündigſt du Frieden? Du brennſt auf Dampfſäulen aus Schauertiefen, zitterſt an ſchwarzen Felswänden, ſchillerſt über Todesgrauen — — ſtrahle, Traumbild, ſtreue Schimmerfarben, male Seligkeit über den Abgrund!
Schieße noch höher empor, Gouſta, und ſchau' her unter dem Schneehelm auf mein Glück!
Hinab mit ihr in den Abgrund! — es ſchoß mir mitten in der Wonne wie ein Blitz, wie ein langer, dünner Dolch durch die Seele.
Im Herabklettern gleite ich aus. Sie hält mich. Nur ein Haar fehlte, und ich zerſtäubte, war dahin, lag als Schutt, als Nichts im finſteren Schachte. Aber
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unten hinein in ſchwarzen, zackig umſtarrten Höllen¬
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hinbrüllt. Wie ſie wirbeln, hochauffahrend ſchwellen,
dem Rauch einer Feuersbrunſt gleich, die Dampfwolken
des Waſſerſtaubs! Schwindellos ſteht das ſtolze Weib
und ſchaut und ihr Auge leuchtet. Und ich ſchaue ſie
an, faſſe und küſſe ſie. Und wie hat ſie's erwidert!
Küſſe aus der Wurzel gezogen!
Drunten über dem rauchenden Schlund ein drei¬
facher Regenbogen, glühend, wie ich das Schauſpiel
nie geſehen. Verkündigſt du Frieden? Du brennſt auf
Dampfſäulen aus Schauertiefen, zitterſt an ſchwarzen
Felswänden, ſchillerſt über Todesgrauen — — ſtrahle,
Traumbild, ſtreue Schimmerfarben, male Seligkeit über
den Abgrund!
Schieße noch höher empor, Gouſta, und ſchau' her
unter dem Schneehelm auf mein Glück!
Hinab mit ihr in den Abgrund! — es ſchoß mir
mitten in der Wonne wie ein Blitz, wie ein langer,
dünner Dolch durch die Seele.
Im Herabklettern gleite ich aus. Sie hält mich.
Nur ein Haar fehlte, und ich zerſtäubte, war dahin,
lag als Schutt, als Nichts im finſteren Schachte. Aber
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/164>, abgerufen am 25.11.2024.
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