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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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Wahre, und leuchtender das Schöne. Herabgesunken
in's Irdische, und nun, wenn sie ein schön Menschen¬
bild sieht: Erinnerung, Staunen, Entzücken, Begei¬
sterung, heiliger Wahnsinn. Wie hat sie's verstanden!
Wahre Liebe erziehende Seelenliebe. Dabei lange
Blicke gewechselt zwischen ihr und Dyring, wie väter¬
lich die seinen, wie dankbar die ihren! Und Arnhelm,
welche reine Glut, womit seine Augen bitten, der
Dritte im Bunde zu sein!

Diese Liebe, die erziehende, die seelenbildende, ist
entsinnlichend, zähmt das dunkle Roß Begierde. Gol¬
drun sagt es ohne Schüchternheit, philosophisch objek¬
tiv. Wir giengen um eine Biegung des Wegs, die
Zwei auf Augenblicke zurücklassend. Dieser Gesundheit
des Geistes kann ich nicht widerstehen, fasse ihre Hand.
Ein warmer, langer Druck der ihrigen sagt mir, wie
sie mein Verständniß versteht. "Phile Phaidre," sagt
sie lächelnd dazu. "Diotima!" rufe ich.


Rjukan-Foß, wilde Herrlichkeit des Rauch-Falls. --
Sie hat's gewagt, mit mir den schwindelnden Fußsteg
Maristien hinauf über die fürchterlichen Felswände.
Die Anderen nicht, sind unten geblieben. Sie ist von
echtem altem Gothenblut! Ja, so müssen die altdeut¬
schen Heldenweiber gewesen sein. -- Hoch oben. Der
ganze Fluß Maanelv wüthet neben uns herab, tief

Wahre, und leuchtender das Schöne. Herabgeſunken
in's Irdiſche, und nun, wenn ſie ein ſchön Menſchen¬
bild ſieht: Erinnerung, Staunen, Entzücken, Begei¬
ſterung, heiliger Wahnſinn. Wie hat ſie's verſtanden!
Wahre Liebe erziehende Seelenliebe. Dabei lange
Blicke gewechſelt zwiſchen ihr und Dyring, wie väter¬
lich die ſeinen, wie dankbar die ihren! Und Arnhelm,
welche reine Glut, womit ſeine Augen bitten, der
Dritte im Bunde zu ſein!

Dieſe Liebe, die erziehende, die ſeelenbildende, iſt
entſinnlichend, zähmt das dunkle Roß Begierde. Gol¬
drun ſagt es ohne Schüchternheit, philoſophiſch objek¬
tiv. Wir giengen um eine Biegung des Wegs, die
Zwei auf Augenblicke zurücklaſſend. Dieſer Geſundheit
des Geiſtes kann ich nicht widerſtehen, faſſe ihre Hand.
Ein warmer, langer Druck der ihrigen ſagt mir, wie
ſie mein Verſtändniß verſteht. „Phile Phaidre,“ ſagt
ſie lächelnd dazu. „Diotima!“ rufe ich.


Rjukan-Foß, wilde Herrlichkeit des Rauch-Falls. —
Sie hat's gewagt, mit mir den ſchwindelnden Fußſteg
Mariſtien hinauf über die fürchterlichen Felswände.
Die Anderen nicht, ſind unten geblieben. Sie iſt von
echtem altem Gothenblut! Ja, ſo müſſen die altdeut¬
ſchen Heldenweiber geweſen ſein. — Hoch oben. Der
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[150/0163] Wahre, und leuchtender das Schöne. Herabgeſunken in's Irdiſche, und nun, wenn ſie ein ſchön Menſchen¬ bild ſieht: Erinnerung, Staunen, Entzücken, Begei¬ ſterung, heiliger Wahnſinn. Wie hat ſie's verſtanden! Wahre Liebe erziehende Seelenliebe. Dabei lange Blicke gewechſelt zwiſchen ihr und Dyring, wie väter¬ lich die ſeinen, wie dankbar die ihren! Und Arnhelm, welche reine Glut, womit ſeine Augen bitten, der Dritte im Bunde zu ſein! Dieſe Liebe, die erziehende, die ſeelenbildende, iſt entſinnlichend, zähmt das dunkle Roß Begierde. Gol¬ drun ſagt es ohne Schüchternheit, philoſophiſch objek¬ tiv. Wir giengen um eine Biegung des Wegs, die Zwei auf Augenblicke zurücklaſſend. Dieſer Geſundheit des Geiſtes kann ich nicht widerſtehen, faſſe ihre Hand. Ein warmer, langer Druck der ihrigen ſagt mir, wie ſie mein Verſtändniß verſteht. „Phile Phaidre,“ ſagt ſie lächelnd dazu. „Diotima!“ rufe ich. Rjukan-Foß, wilde Herrlichkeit des Rauch-Falls. — Sie hat's gewagt, mit mir den ſchwindelnden Fußſteg Mariſtien hinauf über die fürchterlichen Felswände. Die Anderen nicht, ſind unten geblieben. Sie iſt von echtem altem Gothenblut! Ja, ſo müſſen die altdeut¬ ſchen Heldenweiber geweſen ſein. — Hoch oben. Der ganze Fluß Maanelv wüthet neben uns herab, tief

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/163>, abgerufen am 22.11.2024.