Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

und führe mir Bragi herbei, seine Gattin Idun an
der Hand mit den Alles verjüngenden Wunderäpfeln!
Du aber meide mich, wie ich dich meide, liebreizende
Freyja! Behüte mich vor ihr, Heimdall! Warne mich
mit dem Gjallarhorn, wenn sie mir naht!


Was erlebt!

Von Christiania nach Kongsberg, dann westlich
hinein, die Bekanntschaft der Schneegebirge machen,
Melfjeld, Liefjeld, Bleefjeld, Riesenhaupt Gousta; den
Tindsee, dann den Rjukanfoß sehen! -- Pferd genommen
vom Hofe Vig, guter Rappe; trägt mich lustig an's
Ziel. Ein Kahn mit drei Personen am Ufer des Tind¬
sees, im Begriff abzustoßen; man bemerkt, daß ich mich
nach Fahrgelegenheit umsehe, und läd't mich ein. Ich
lehne nicht ab. Führer nimmt das Pferd zurück. Ein
älterer Herr, ein junger Mann, eine Dame. Stelle
mich vor, wer ich sei, der Herr sich und die Andern.
Gebe kaum Achtung, höre nur, daß der Aeltere Dyring
heißt und daß sie in Bergen zu Hause sind. Denn
welch' ein Weib! Haare, wie ich sie nie gesehen. Nein
metallischer, hochgelber Goldglanz, sonderbar, herrlich
und unheimlich. Fallen geringelt an der Stirn, den
Schläfen herab, darüber rothes Tuch um den Kopf;
hat auf dem Bergausflug dieß Stück Volkstracht ange¬
legt; Kopftuch sonst blau, würde ihr besser stehen;

und führe mir Bragi herbei, ſeine Gattin Idun an
der Hand mit den Alles verjüngenden Wunderäpfeln!
Du aber meide mich, wie ich dich meide, liebreizende
Freyja! Behüte mich vor ihr, Heimdall! Warne mich
mit dem Gjallarhorn, wenn ſie mir naht!


Was erlebt!

Von Chriſtiania nach Kongsberg, dann weſtlich
hinein, die Bekanntſchaft der Schneegebirge machen,
Melfjeld, Liefjeld, Bleefjeld, Rieſenhaupt Gouſta; den
Tindſee, dann den Rjukanfoß ſehen! — Pferd genommen
vom Hofe Vig, guter Rappe; trägt mich luſtig an's
Ziel. Ein Kahn mit drei Perſonen am Ufer des Tind¬
ſees, im Begriff abzuſtoßen; man bemerkt, daß ich mich
nach Fahrgelegenheit umſehe, und läd't mich ein. Ich
lehne nicht ab. Führer nimmt das Pferd zurück. Ein
älterer Herr, ein junger Mann, eine Dame. Stelle
mich vor, wer ich ſei, der Herr ſich und die Andern.
Gebe kaum Achtung, höre nur, daß der Aeltere Dyring
heißt und daß ſie in Bergen zu Hauſe ſind. Denn
welch' ein Weib! Haare, wie ich ſie nie geſehen. Nein
metalliſcher, hochgelber Goldglanz, ſonderbar, herrlich
und unheimlich. Fallen geringelt an der Stirn, den
Schläfen herab, darüber rothes Tuch um den Kopf;
hat auf dem Bergausflug dieß Stück Volkstracht ange¬
legt; Kopftuch ſonſt blau, würde ihr beſſer ſtehen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0156" n="143"/>
und führe mir Bragi herbei, &#x017F;eine Gattin Idun an<lb/>
der Hand mit den Alles verjüngenden Wunderäpfeln!<lb/>
Du aber meide mich, wie ich dich meide, liebreizende<lb/>
Freyja! Behüte mich vor ihr, Heimdall! Warne mich<lb/>
mit dem Gjallarhorn, wenn &#x017F;ie mir naht!</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Was erlebt!</p><lb/>
        <p>Von Chri&#x017F;tiania nach Kongsberg, dann we&#x017F;tlich<lb/>
hinein, die Bekannt&#x017F;chaft der Schneegebirge machen,<lb/>
Melfjeld, Liefjeld, Bleefjeld, Rie&#x017F;enhaupt Gou&#x017F;ta; den<lb/>
Tind&#x017F;ee, dann den Rjukanfoß &#x017F;ehen! &#x2014; Pferd genommen<lb/>
vom Hofe Vig, guter Rappe; trägt mich lu&#x017F;tig an's<lb/>
Ziel. Ein Kahn mit drei Per&#x017F;onen am Ufer des Tind¬<lb/>
&#x017F;ees, im Begriff abzu&#x017F;toßen; man bemerkt, daß ich mich<lb/>
nach Fahrgelegenheit um&#x017F;ehe, und läd't mich ein. Ich<lb/>
lehne nicht ab. Führer nimmt das Pferd zurück. Ein<lb/>
älterer Herr, ein junger Mann, eine Dame. Stelle<lb/>
mich vor, wer ich &#x017F;ei, der Herr &#x017F;ich und die Andern.<lb/>
Gebe kaum Achtung, höre nur, daß der Aeltere Dyring<lb/>
heißt und daß &#x017F;ie in Bergen zu Hau&#x017F;e &#x017F;ind. Denn<lb/>
welch' ein Weib! Haare, wie ich &#x017F;ie nie ge&#x017F;ehen. Nein<lb/>
metalli&#x017F;cher, hochgelber Goldglanz, &#x017F;onderbar, herrlich<lb/>
und unheimlich. Fallen geringelt an der Stirn, den<lb/>
Schläfen herab, darüber rothes Tuch um den Kopf;<lb/>
hat auf dem Bergausflug dieß Stück Volkstracht ange¬<lb/>
legt; Kopftuch &#x017F;on&#x017F;t blau, würde ihr be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehen;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0156] und führe mir Bragi herbei, ſeine Gattin Idun an der Hand mit den Alles verjüngenden Wunderäpfeln! Du aber meide mich, wie ich dich meide, liebreizende Freyja! Behüte mich vor ihr, Heimdall! Warne mich mit dem Gjallarhorn, wenn ſie mir naht! Was erlebt! Von Chriſtiania nach Kongsberg, dann weſtlich hinein, die Bekanntſchaft der Schneegebirge machen, Melfjeld, Liefjeld, Bleefjeld, Rieſenhaupt Gouſta; den Tindſee, dann den Rjukanfoß ſehen! — Pferd genommen vom Hofe Vig, guter Rappe; trägt mich luſtig an's Ziel. Ein Kahn mit drei Perſonen am Ufer des Tind¬ ſees, im Begriff abzuſtoßen; man bemerkt, daß ich mich nach Fahrgelegenheit umſehe, und läd't mich ein. Ich lehne nicht ab. Führer nimmt das Pferd zurück. Ein älterer Herr, ein junger Mann, eine Dame. Stelle mich vor, wer ich ſei, der Herr ſich und die Andern. Gebe kaum Achtung, höre nur, daß der Aeltere Dyring heißt und daß ſie in Bergen zu Hauſe ſind. Denn welch' ein Weib! Haare, wie ich ſie nie geſehen. Nein metalliſcher, hochgelber Goldglanz, ſonderbar, herrlich und unheimlich. Fallen geringelt an der Stirn, den Schläfen herab, darüber rothes Tuch um den Kopf; hat auf dem Bergausflug dieß Stück Volkstracht ange¬ legt; Kopftuch ſonſt blau, würde ihr beſſer ſtehen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/156
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/156>, abgerufen am 22.11.2024.