lenkte nämlich das Gespräch wieder in's Englische und sichtbar trieb ihn der Aerger, die englische Aussprache zu karikiren. Er zog zum Beispiel bei den Sylben, wo w und a zusammentreffen, wie bei what, die Mund¬ winkel um ein Gutes weiter zurück, als üblich, und brachte so eine Reihe froschähnlich quackender Laute hervor, welche die beiden Knaben mit offenem Munde und sichtbar gegen Lachreiz ankämpfend bestaunten, und mir gieng es nicht besser. Jetzt kam die säuerliche Dame, die das in ihrem Eifer nicht merkte, auf die Landschaft zu sprechen und dehnte ihre Vergleichung auch auf Norwegen aus. A. E. wurde dabei sichtbar un¬ ruhig und als sie die Schönheit der Wasserfälle rühmte, den Rjukanfoß als den mächtigsten, den Ovsthusfoß als den eigenthümlichsten erwähnte, fuhr A. E. sichtbar zusammen, erbleichte und das Messer entfiel seiner Hand.
Jetzt wendete sich die aschblonde junge Frau zu ihm her, näherte ihm mit unaussprechlich sanfter Beu¬ gung -- Johannes auf Leonardo's da Vinci Abend¬ mahl fiel mir ein -- ihr liebliches Haupt und begann zu flüstern. Ich konnte vernehmen, daß es nicht englisch und nicht italienisch war, was sie jetzt sprach; es mußte, wie ich aus einigen Lauten schloß, norwegisch¬ dänisch sein.
Der ernste alte Herr hatte inzwischen mit seinen Enkeln -- denn das mußten die Knaben ja sein -- ein Gespräch über Wilhelm Tell begonnen. "Laßt sehen,"
lenkte nämlich das Geſpräch wieder in's Engliſche und ſichtbar trieb ihn der Aerger, die engliſche Ausſprache zu karikiren. Er zog zum Beiſpiel bei den Sylben, wo w und a zuſammentreffen, wie bei what, die Mund¬ winkel um ein Gutes weiter zurück, als üblich, und brachte ſo eine Reihe froſchähnlich quackender Laute hervor, welche die beiden Knaben mit offenem Munde und ſichtbar gegen Lachreiz ankämpfend beſtaunten, und mir gieng es nicht beſſer. Jetzt kam die ſäuerliche Dame, die das in ihrem Eifer nicht merkte, auf die Landſchaft zu ſprechen und dehnte ihre Vergleichung auch auf Norwegen aus. A. E. wurde dabei ſichtbar un¬ ruhig und als ſie die Schönheit der Waſſerfälle rühmte, den Rjukanfoß als den mächtigſten, den Ovſthusfoß als den eigenthümlichſten erwähnte, fuhr A. E. ſichtbar zuſammen, erbleichte und das Meſſer entfiel ſeiner Hand.
Jetzt wendete ſich die aſchblonde junge Frau zu ihm her, näherte ihm mit unausſprechlich ſanfter Beu¬ gung — Johannes auf Leonardo's da Vinci Abend¬ mahl fiel mir ein — ihr liebliches Haupt und begann zu flüſtern. Ich konnte vernehmen, daß es nicht engliſch und nicht italieniſch war, was ſie jetzt ſprach; es mußte, wie ich aus einigen Lauten ſchloß, norwegiſch¬ däniſch ſein.
Der ernſte alte Herr hatte inzwiſchen mit ſeinen Enkeln — denn das mußten die Knaben ja ſein — ein Geſpräch über Wilhelm Tell begonnen. „Laßt ſehen,“
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lenkte nämlich das Geſpräch wieder in's Engliſche und
ſichtbar trieb ihn der Aerger, die engliſche Ausſprache
zu karikiren. Er zog zum Beiſpiel bei den Sylben,
wo w und a zuſammentreffen, wie bei what, die Mund¬
winkel um ein Gutes weiter zurück, als üblich, und
brachte ſo eine Reihe froſchähnlich quackender Laute
hervor, welche die beiden Knaben mit offenem Munde
und ſichtbar gegen Lachreiz ankämpfend beſtaunten,
und mir gieng es nicht beſſer. Jetzt kam die ſäuerliche
Dame, die das in ihrem Eifer nicht merkte, auf die
Landſchaft zu ſprechen und dehnte ihre Vergleichung auch
auf Norwegen aus. A. E. wurde dabei ſichtbar un¬
ruhig und als ſie die Schönheit der Waſſerfälle rühmte,
den Rjukanfoß als den mächtigſten, den Ovſthusfoß
als den eigenthümlichſten erwähnte, fuhr A. E. ſichtbar
zuſammen, erbleichte und das Meſſer entfiel ſeiner Hand.
Jetzt wendete ſich die aſchblonde junge Frau zu
ihm her, näherte ihm mit unausſprechlich ſanfter Beu¬
gung — Johannes auf Leonardo's da Vinci Abend¬
mahl fiel mir ein — ihr liebliches Haupt und begann
zu flüſtern. Ich konnte vernehmen, daß es nicht
engliſch und nicht italieniſch war, was ſie jetzt ſprach;
es mußte, wie ich aus einigen Lauten ſchloß, norwegiſch¬
däniſch ſein.
Der ernſte alte Herr hatte inzwiſchen mit ſeinen
Enkeln — denn das mußten die Knaben ja ſein —
ein Geſpräch über Wilhelm Tell begonnen. „Laßt ſehen,“
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/75>, abgerufen am 04.12.2024.
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