Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht ohne nachdrücklichen Einschnitt. Man vernahm
plötzlich ein furchtbares Grunzen, ein eigenthümliches
Schnarchen, Speien, Prusten. Der Tanz stand augen¬
blicklich still. Aufgerichtet horchten die sämmtlichen
Thiere. Ein Drachenungethüm wackelte auf die Bühne,
es spie Feuer, glutroth funkelten seine Augen, ein rother
Kamm bekrönte schrecklich seinen krokodilähnlichen Kopf,
kurze Flügel schwankten auf seinem Rücken, lang hin
starrte sein schuppiger Schwanz. Die Thiere stieben
auseinander, der Drache wirbelt auf der leeren Bühne
um seine Axe, zuerst die Bären sind es, die vorsichtig
wieder den Kopf hereinstrecken, sie wagen sich herbei,
der Petz wirft sich dem Ungethüm rittlings auf den
Hals und bearbeitet seinen Kopf mit den Tatzen, die
Bärin, ermuthigt, steigt auf seinen stachligen Rücken,
die Jungen setzen sich auf seinen Schwanz, in wilderen
und wilderen Kreisen wirbelt das Scheusal. Jetzt ge¬
schieht ein kleiner Unschick. Die Drachenmaske war
mühsam und sinnreich genug, doch eben nicht allzu
haltbar aus Leinwand und Bast zusammengestoppelt
und mit dem Nöthigen ausgestattet, um Feuer zu
speien, -- der Künstler war derselbe Bappabuk, der
die Festscheibe erbildet hatte. Bis dahin war es nun
ganz ordentlich gegangen, jetzt aber fieng der Drache
auf einmal an, ganz menschlich zu husten, gleichzeitig
fiel ein Kohlenbecken aus seinem Rachen, und eine
Hand fuhr heraus und griff darnach. Dank der Höhe,

nicht ohne nachdrücklichen Einſchnitt. Man vernahm
plötzlich ein furchtbares Grunzen, ein eigenthümliches
Schnarchen, Speien, Pruſten. Der Tanz ſtand augen¬
blicklich ſtill. Aufgerichtet horchten die ſämmtlichen
Thiere. Ein Drachenungethüm wackelte auf die Bühne,
es ſpie Feuer, glutroth funkelten ſeine Augen, ein rother
Kamm bekrönte ſchrecklich ſeinen krokodilähnlichen Kopf,
kurze Flügel ſchwankten auf ſeinem Rücken, lang hin
ſtarrte ſein ſchuppiger Schwanz. Die Thiere ſtieben
auseinander, der Drache wirbelt auf der leeren Bühne
um ſeine Axe, zuerſt die Bären ſind es, die vorſichtig
wieder den Kopf hereinſtrecken, ſie wagen ſich herbei,
der Petz wirft ſich dem Ungethüm rittlings auf den
Hals und bearbeitet ſeinen Kopf mit den Tatzen, die
Bärin, ermuthigt, ſteigt auf ſeinen ſtachligen Rücken,
die Jungen ſetzen ſich auf ſeinen Schwanz, in wilderen
und wilderen Kreiſen wirbelt das Scheuſal. Jetzt ge¬
ſchieht ein kleiner Unſchick. Die Drachenmaske war
mühſam und ſinnreich genug, doch eben nicht allzu
haltbar aus Leinwand und Baſt zuſammengeſtoppelt
und mit dem Nöthigen ausgeſtattet, um Feuer zu
ſpeien, — der Künſtler war derſelbe Bappabuk, der
die Feſtſcheibe erbildet hatte. Bis dahin war es nun
ganz ordentlich gegangen, jetzt aber fieng der Drache
auf einmal an, ganz menſchlich zu huſten, gleichzeitig
fiel ein Kohlenbecken aus ſeinem Rachen, und eine
Hand fuhr heraus und griff darnach. Dank der Höhe,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0362" n="349"/>
nicht ohne nachdrücklichen Ein&#x017F;chnitt. Man vernahm<lb/>
plötzlich ein furchtbares Grunzen, ein eigenthümliches<lb/>
Schnarchen, Speien, Pru&#x017F;ten. Der Tanz &#x017F;tand augen¬<lb/>
blicklich &#x017F;till. Aufgerichtet horchten die &#x017F;ämmtlichen<lb/>
Thiere. Ein Drachenungethüm wackelte auf die Bühne,<lb/>
es &#x017F;pie Feuer, glutroth funkelten &#x017F;eine Augen, ein rother<lb/>
Kamm bekrönte &#x017F;chrecklich &#x017F;einen krokodilähnlichen Kopf,<lb/>
kurze Flügel &#x017F;chwankten auf &#x017F;einem Rücken, lang hin<lb/>
&#x017F;tarrte &#x017F;ein &#x017F;chuppiger Schwanz. Die Thiere &#x017F;tieben<lb/>
auseinander, der Drache wirbelt auf der leeren Bühne<lb/>
um &#x017F;eine Axe, zuer&#x017F;t die Bären &#x017F;ind es, die vor&#x017F;ichtig<lb/>
wieder den Kopf herein&#x017F;trecken, &#x017F;ie wagen &#x017F;ich herbei,<lb/>
der Petz wirft &#x017F;ich dem Ungethüm rittlings auf den<lb/>
Hals und bearbeitet &#x017F;einen Kopf mit den Tatzen, die<lb/>
Bärin, ermuthigt, &#x017F;teigt auf &#x017F;einen &#x017F;tachligen Rücken,<lb/>
die Jungen &#x017F;etzen &#x017F;ich auf &#x017F;einen Schwanz, in wilderen<lb/>
und wilderen Krei&#x017F;en wirbelt das Scheu&#x017F;al. Jetzt ge¬<lb/>
&#x017F;chieht ein kleiner Un&#x017F;chick. Die Drachenmaske war<lb/>
müh&#x017F;am und &#x017F;innreich genug, doch eben nicht allzu<lb/>
haltbar aus Leinwand und Ba&#x017F;t zu&#x017F;ammenge&#x017F;toppelt<lb/>
und mit dem Nöthigen ausge&#x017F;tattet, um Feuer zu<lb/>
&#x017F;peien, &#x2014; der Kün&#x017F;tler war der&#x017F;elbe Bappabuk, der<lb/>
die Fe&#x017F;t&#x017F;cheibe erbildet hatte. Bis dahin war es nun<lb/>
ganz ordentlich gegangen, jetzt aber fieng der Drache<lb/>
auf einmal an, ganz men&#x017F;chlich zu hu&#x017F;ten, gleichzeitig<lb/>
fiel ein Kohlenbecken aus &#x017F;einem Rachen, und eine<lb/>
Hand fuhr heraus und griff darnach. Dank der Höhe,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0362] nicht ohne nachdrücklichen Einſchnitt. Man vernahm plötzlich ein furchtbares Grunzen, ein eigenthümliches Schnarchen, Speien, Pruſten. Der Tanz ſtand augen¬ blicklich ſtill. Aufgerichtet horchten die ſämmtlichen Thiere. Ein Drachenungethüm wackelte auf die Bühne, es ſpie Feuer, glutroth funkelten ſeine Augen, ein rother Kamm bekrönte ſchrecklich ſeinen krokodilähnlichen Kopf, kurze Flügel ſchwankten auf ſeinem Rücken, lang hin ſtarrte ſein ſchuppiger Schwanz. Die Thiere ſtieben auseinander, der Drache wirbelt auf der leeren Bühne um ſeine Axe, zuerſt die Bären ſind es, die vorſichtig wieder den Kopf hereinſtrecken, ſie wagen ſich herbei, der Petz wirft ſich dem Ungethüm rittlings auf den Hals und bearbeitet ſeinen Kopf mit den Tatzen, die Bärin, ermuthigt, ſteigt auf ſeinen ſtachligen Rücken, die Jungen ſetzen ſich auf ſeinen Schwanz, in wilderen und wilderen Kreiſen wirbelt das Scheuſal. Jetzt ge¬ ſchieht ein kleiner Unſchick. Die Drachenmaske war mühſam und ſinnreich genug, doch eben nicht allzu haltbar aus Leinwand und Baſt zuſammengeſtoppelt und mit dem Nöthigen ausgeſtattet, um Feuer zu ſpeien, — der Künſtler war derſelbe Bappabuk, der die Feſtſcheibe erbildet hatte. Bis dahin war es nun ganz ordentlich gegangen, jetzt aber fieng der Drache auf einmal an, ganz menſchlich zu huſten, gleichzeitig fiel ein Kohlenbecken aus ſeinem Rachen, und eine Hand fuhr heraus und griff darnach. Dank der Höhe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/362
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/362>, abgerufen am 05.12.2024.