den Schluß des alten Liedes laßt ihr weg, oder wenn ihr ihn einmal singt, singt ihr ihn falsch, denn wo es heißt, daß Coridwen gebiert die Strahlenstirn, Taliesin, da singt ihr: verflucht, wer nicht an Taliesin glaubt. Selig, heißt es, selig, wer ihn versteht und glaubt!
"Wer ist denn der kleine Tropf, der häßliche Knirps Gwyon? Der Erdenmensch ist er. Was hat er ver¬ schmeckt, als er aus dem Zaubertopf naschte? Den Geist, denn im Topf war ein Brei aus Kräutern, die da geben das Schauen, das Durchschauen. Was ist das für eine Jagd und Hatz, die dann angeht, da ihn Coridwen verfolgt im Hasen als Hündin, im Fisch als Otter, im Finken als Falk, im Waizenkorn als Henne? Nun, was wird's besagen? Den Geist kriegt man nicht umsonst, der läßt sich nicht nur so schlecken, da muß man gejagt, geängstet, gebeutelt, ge¬ trillt, geworfelt werden, da muß man sich durch alle Formen durchwürgen, hat sich ja vor der ersten Ge¬ burt schon durchwürgen müssen als Has, Fisch und Fink, da muß man die Todesangst der Kreatur nicht viermal, nein viermillionenmal schmecken, da muß man endlich gar verschluckt werden und, wie das Samen¬ korn abstirbt im Erdschoß, um Aehre zu werden, absterben dem ersten, frischen, lustigen, bunten Leben, um aufzustehen als Taliesin, als Strahlenstirn, als Geistmensch und so im Leben das zweite Leben zu leben. Wer wird denn die Fee Coridwen eigentlich
den Schluß des alten Liedes laßt ihr weg, oder wenn ihr ihn einmal ſingt, ſingt ihr ihn falſch, denn wo es heißt, daß Coridwen gebiert die Strahlenſtirn, Talieſin, da ſingt ihr: verflucht, wer nicht an Talieſin glaubt. Selig, heißt es, ſelig, wer ihn verſteht und glaubt!
„Wer iſt denn der kleine Tropf, der häßliche Knirps Gwyon? Der Erdenmenſch iſt er. Was hat er ver¬ ſchmeckt, als er aus dem Zaubertopf naſchte? Den Geiſt, denn im Topf war ein Brei aus Kräutern, die da geben das Schauen, das Durchſchauen. Was iſt das für eine Jagd und Hatz, die dann angeht, da ihn Coridwen verfolgt im Haſen als Hündin, im Fiſch als Otter, im Finken als Falk, im Waizenkorn als Henne? Nun, was wird's beſagen? Den Geiſt kriegt man nicht umſonſt, der läßt ſich nicht nur ſo ſchlecken, da muß man gejagt, geängſtet, gebeutelt, ge¬ trillt, geworfelt werden, da muß man ſich durch alle Formen durchwürgen, hat ſich ja vor der erſten Ge¬ burt ſchon durchwürgen müſſen als Has, Fiſch und Fink, da muß man die Todesangſt der Kreatur nicht viermal, nein viermillionenmal ſchmecken, da muß man endlich gar verſchluckt werden und, wie das Samen¬ korn abſtirbt im Erdſchoß, um Aehre zu werden, abſterben dem erſten, friſchen, luſtigen, bunten Leben, um aufzuſtehen als Talieſin, als Strahlenſtirn, als Geiſtmenſch und ſo im Leben das zweite Leben zu leben. Wer wird denn die Fee Coridwen eigentlich
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den Schluß des alten Liedes laßt ihr weg, oder wenn
ihr ihn einmal ſingt, ſingt ihr ihn falſch, denn wo es
heißt, daß Coridwen gebiert die Strahlenſtirn, Talieſin,
da ſingt ihr: verflucht, wer nicht an Talieſin glaubt.
Selig, heißt es, ſelig, wer ihn verſteht und glaubt!
„Wer iſt denn der kleine Tropf, der häßliche Knirps
Gwyon? Der Erdenmenſch iſt er. Was hat er ver¬
ſchmeckt, als er aus dem Zaubertopf naſchte? Den
Geiſt, denn im Topf war ein Brei aus Kräutern, die
da geben das Schauen, das Durchſchauen. Was iſt
das für eine Jagd und Hatz, die dann angeht, da
ihn Coridwen verfolgt im Haſen als Hündin, im
Fiſch als Otter, im Finken als Falk, im Waizenkorn
als Henne? Nun, was wird's beſagen? Den Geiſt
kriegt man nicht umſonſt, der läßt ſich nicht nur ſo
ſchlecken, da muß man gejagt, geängſtet, gebeutelt, ge¬
trillt, geworfelt werden, da muß man ſich durch alle
Formen durchwürgen, hat ſich ja vor der erſten Ge¬
burt ſchon durchwürgen müſſen als Has, Fiſch und
Fink, da muß man die Todesangſt der Kreatur nicht
viermal, nein viermillionenmal ſchmecken, da muß man
endlich gar verſchluckt werden und, wie das Samen¬
korn abſtirbt im Erdſchoß, um Aehre zu werden,
abſterben dem erſten, friſchen, luſtigen, bunten Leben,
um aufzuſtehen als Talieſin, als Strahlenſtirn, als
Geiſtmenſch und ſo im Leben das zweite Leben zu
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/292>, abgerufen am 05.12.2024.
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