Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

gebracht hätte, aber --" Er nahm seine Erzählung
wieder auf, als hätte er sie nicht unterbrochen gehabt:
"Es träumte mir in der Nacht nach der Wolfsjagd,
ich stehe wieder im Wald und ziele und wolle eben
abschnellen auf den jungen Priester, da fühle ich meine
Hand gehalten und sehe einen Glanz um mich und
neben mir steht Taliesin, der Glanz geht von seiner
Stirn aus und er spricht: ,Diese soll nicht Pfeil
niederstrecken, sondern neuer Taliesin.' Es kam dann
das Erz zu uns und ich erfreute mich noch eine Zeit
der Jagd mit den neuen Waffen, aber der Traum
kehrte öfters wieder, Gedanken wie Blitze sind mir in
manchen Stunden aufgestiegen, unser alter Götterglaube
und Dienst wollte mir vorkommen glanzlos, zerbrech¬
lich, matt, wie Bein und Stein gegen das gediegene
glänzende Metall, das Jagen fieng an, mir zu entleiden --
und nun auf der Reise -- drüben in Turik -- bei den
Barden -- es wurde heller und heller -- schicken thut
mich Niemand, als mein Vater zu Odgal, die Ver¬
wandten einmal wieder zu begrüßen und nach der
Base zu schauen, aber jetzt, seitdem es mir so wetter¬
leuchtet im Kopf und jetzt seit dem Feste da, wo der
alte Wust mir wieder so gröblich vor Augen geplatzt
ist, jetzt muß ich wandern, wandern, es läßt mir keine
Ruhe, und dann -- ja, ich spür's, mir schwant's,
von diesen Tagen, von gestern, von heute an wird mein
Leben -- wenn ich's rette -- eine Jagd werden --

gebracht hätte, aber —“ Er nahm ſeine Erzählung
wieder auf, als hätte er ſie nicht unterbrochen gehabt:
„Es träumte mir in der Nacht nach der Wolfsjagd,
ich ſtehe wieder im Wald und ziele und wolle eben
abſchnellen auf den jungen Prieſter, da fühle ich meine
Hand gehalten und ſehe einen Glanz um mich und
neben mir ſteht Talieſin, der Glanz geht von ſeiner
Stirn aus und er ſpricht: ‚Dieſe ſoll nicht Pfeil
niederſtrecken, ſondern neuer Talieſin.‘ Es kam dann
das Erz zu uns und ich erfreute mich noch eine Zeit
der Jagd mit den neuen Waffen, aber der Traum
kehrte öfters wieder, Gedanken wie Blitze ſind mir in
manchen Stunden aufgeſtiegen, unſer alter Götterglaube
und Dienſt wollte mir vorkommen glanzlos, zerbrech¬
lich, matt, wie Bein und Stein gegen das gediegene
glänzende Metall, das Jagen fieng an, mir zu entleiden —
und nun auf der Reiſe — drüben in Turik — bei den
Barden — es wurde heller und heller — ſchicken thut
mich Niemand, als mein Vater zu Odgal, die Ver¬
wandten einmal wieder zu begrüßen und nach der
Baſe zu ſchauen, aber jetzt, ſeitdem es mir ſo wetter¬
leuchtet im Kopf und jetzt ſeit dem Feſte da, wo der
alte Wuſt mir wieder ſo gröblich vor Augen geplatzt
iſt, jetzt muß ich wandern, wandern, es läßt mir keine
Ruhe, und dann — ja, ich ſpür's, mir ſchwant's,
von dieſen Tagen, von geſtern, von heute an wird mein
Leben — wenn ich's rette — eine Jagd werden —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0259" n="246"/>
gebracht hätte, aber &#x2014;&#x201C; Er nahm &#x017F;eine Erzählung<lb/>
wieder auf, als hätte er &#x017F;ie nicht unterbrochen gehabt:<lb/>
&#x201E;Es träumte mir in der Nacht nach der Wolfsjagd,<lb/>
ich &#x017F;tehe wieder im Wald und ziele und wolle eben<lb/>
ab&#x017F;chnellen auf den jungen Prie&#x017F;ter, da fühle ich meine<lb/>
Hand gehalten und &#x017F;ehe einen Glanz um mich und<lb/>
neben mir &#x017F;teht Talie&#x017F;in, der Glanz geht von &#x017F;einer<lb/>
Stirn aus und er &#x017F;pricht: &#x201A;Die&#x017F;e &#x017F;oll nicht Pfeil<lb/>
nieder&#x017F;trecken, &#x017F;ondern neuer Talie&#x017F;in.&#x2018; Es kam dann<lb/>
das Erz zu uns und ich erfreute mich noch eine Zeit<lb/>
der Jagd mit den neuen Waffen, aber der Traum<lb/>
kehrte öfters wieder, Gedanken wie Blitze &#x017F;ind mir in<lb/>
manchen Stunden aufge&#x017F;tiegen, un&#x017F;er alter Götterglaube<lb/>
und Dien&#x017F;t wollte mir vorkommen glanzlos, zerbrech¬<lb/>
lich, matt, wie Bein und Stein gegen das gediegene<lb/>
glänzende Metall, das Jagen fieng an, mir zu entleiden &#x2014;<lb/>
und nun auf der Rei&#x017F;e &#x2014; drüben in Turik &#x2014; bei den<lb/>
Barden &#x2014; es wurde heller und heller &#x2014; &#x017F;chicken thut<lb/>
mich Niemand, als mein Vater zu Odgal, die Ver¬<lb/>
wandten einmal wieder zu begrüßen und nach der<lb/>
Ba&#x017F;e zu &#x017F;chauen, aber jetzt, &#x017F;eitdem es mir &#x017F;o wetter¬<lb/>
leuchtet im Kopf und jetzt &#x017F;eit dem Fe&#x017F;te da, wo der<lb/>
alte Wu&#x017F;t mir wieder &#x017F;o gröblich vor Augen geplatzt<lb/>
i&#x017F;t, jetzt muß ich wandern, wandern, es läßt mir keine<lb/>
Ruhe, und dann &#x2014; ja, ich &#x017F;pür's, mir &#x017F;chwant's,<lb/>
von die&#x017F;en Tagen, von ge&#x017F;tern, von heute an wird mein<lb/>
Leben &#x2014; wenn ich's rette &#x2014; eine Jagd werden &#x2014;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0259] gebracht hätte, aber —“ Er nahm ſeine Erzählung wieder auf, als hätte er ſie nicht unterbrochen gehabt: „Es träumte mir in der Nacht nach der Wolfsjagd, ich ſtehe wieder im Wald und ziele und wolle eben abſchnellen auf den jungen Prieſter, da fühle ich meine Hand gehalten und ſehe einen Glanz um mich und neben mir ſteht Talieſin, der Glanz geht von ſeiner Stirn aus und er ſpricht: ‚Dieſe ſoll nicht Pfeil niederſtrecken, ſondern neuer Talieſin.‘ Es kam dann das Erz zu uns und ich erfreute mich noch eine Zeit der Jagd mit den neuen Waffen, aber der Traum kehrte öfters wieder, Gedanken wie Blitze ſind mir in manchen Stunden aufgeſtiegen, unſer alter Götterglaube und Dienſt wollte mir vorkommen glanzlos, zerbrech¬ lich, matt, wie Bein und Stein gegen das gediegene glänzende Metall, das Jagen fieng an, mir zu entleiden — und nun auf der Reiſe — drüben in Turik — bei den Barden — es wurde heller und heller — ſchicken thut mich Niemand, als mein Vater zu Odgal, die Ver¬ wandten einmal wieder zu begrüßen und nach der Baſe zu ſchauen, aber jetzt, ſeitdem es mir ſo wetter¬ leuchtet im Kopf und jetzt ſeit dem Feſte da, wo der alte Wuſt mir wieder ſo gröblich vor Augen geplatzt iſt, jetzt muß ich wandern, wandern, es läßt mir keine Ruhe, und dann — ja, ich ſpür's, mir ſchwant's, von dieſen Tagen, von geſtern, von heute an wird mein Leben — wenn ich's rette — eine Jagd werden —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/259
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/259>, abgerufen am 11.06.2024.