Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

bestehe, mit demjenigen feinsten Teig, aus welchem die
Götter bestehen, auf eine ganz besondere Weise ver¬
wandt sei. Die Andern hielten zwar auch große
Stücke auf ihren feineren Teig, doch dünkte es ihnen
löblich, diese Feinheit durch Wissenschaften und Künste
weiter zu verfeinern, und diese hielten zu den Barden
und machten sich weiter nicht allzu viel aus ihrem Un¬
glauben. Bald hatten die Einen, bald die Andern
das Uebergewicht, und so war denn auf die Stütze
des Adels nicht eben stets ein sicherer Verlaß für den
höchsten, den Druidenstand. Nun war noch das
Volk da. Es hatte freilich seinen Namen von: Gefolg,
aber so stark auch das Gefolge der adeligen Herrn,
es war doch natürlich nicht alles Volk Gefolg, und die
Zahl der noch übrigen Fäuste stellte eine Macht vor,
groß genug, um als drohendes Mittel in den Händen
einer Partei zu erscheinen und in äußersten Fällen den
Ausschlag zu geben. Druiden- wie Bardenstand sah
bei der Aufnahme seiner Schüler nicht auf die Geburt,
nur auf Talent und Fleiß, der erstere allerdings auf
noch etwas: auf den Sinn unbedingten Gehorsams;
wen er umklammert hatte, der wurde durch strenge
Beherrschung zum strengen Herrschen erzogen. Hie¬
durch gelangte der Orden wohl zu großer Macht über
die zu den Volksfäusten gehörigen Volksgemüther, aber
die aufgeweckten Bardenschüler und ihre Meister hatten
eben auch Eltern, Verwandte, Freunde, gar mancher

beſtehe, mit demjenigen feinſten Teig, aus welchem die
Götter beſtehen, auf eine ganz beſondere Weiſe ver¬
wandt ſei. Die Andern hielten zwar auch große
Stücke auf ihren feineren Teig, doch dünkte es ihnen
löblich, dieſe Feinheit durch Wiſſenſchaften und Künſte
weiter zu verfeinern, und dieſe hielten zu den Barden
und machten ſich weiter nicht allzu viel aus ihrem Un¬
glauben. Bald hatten die Einen, bald die Andern
das Uebergewicht, und ſo war denn auf die Stütze
des Adels nicht eben ſtets ein ſicherer Verlaß für den
höchſten, den Druidenſtand. Nun war noch das
Volk da. Es hatte freilich ſeinen Namen von: Gefolg,
aber ſo ſtark auch das Gefolge der adeligen Herrn,
es war doch natürlich nicht alles Volk Gefolg, und die
Zahl der noch übrigen Fäuſte ſtellte eine Macht vor,
groß genug, um als drohendes Mittel in den Händen
einer Partei zu erſcheinen und in äußerſten Fällen den
Ausſchlag zu geben. Druiden- wie Bardenſtand ſah
bei der Aufnahme ſeiner Schüler nicht auf die Geburt,
nur auf Talent und Fleiß, der erſtere allerdings auf
noch etwas: auf den Sinn unbedingten Gehorſams;
wen er umklammert hatte, der wurde durch ſtrenge
Beherrſchung zum ſtrengen Herrſchen erzogen. Hie¬
durch gelangte der Orden wohl zu großer Macht über
die zu den Volksfäuſten gehörigen Volksgemüther, aber
die aufgeweckten Bardenſchüler und ihre Meiſter hatten
eben auch Eltern, Verwandte, Freunde, gar mancher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="189"/>
be&#x017F;tehe, mit demjenigen fein&#x017F;ten Teig, aus welchem die<lb/>
Götter be&#x017F;tehen, auf eine ganz be&#x017F;ondere Wei&#x017F;e ver¬<lb/>
wandt &#x017F;ei. Die Andern hielten zwar auch große<lb/>
Stücke auf ihren feineren Teig, doch dünkte es ihnen<lb/>
löblich, die&#x017F;e Feinheit durch Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften und Kün&#x017F;te<lb/>
weiter zu verfeinern, und die&#x017F;e hielten zu den Barden<lb/>
und machten &#x017F;ich weiter nicht allzu viel aus ihrem Un¬<lb/>
glauben. Bald hatten die Einen, bald die Andern<lb/>
das Uebergewicht, und &#x017F;o war denn auf die Stütze<lb/>
des Adels nicht eben &#x017F;tets ein &#x017F;icherer Verlaß für den<lb/>
höch&#x017F;ten, den Druiden&#x017F;tand. Nun war noch das<lb/>
Volk da. Es hatte freilich &#x017F;einen Namen von: Gefolg,<lb/>
aber &#x017F;o &#x017F;tark auch das Gefolge der adeligen Herrn,<lb/>
es war doch natürlich nicht alles Volk Gefolg, und die<lb/>
Zahl der noch übrigen Fäu&#x017F;te &#x017F;tellte eine Macht vor,<lb/>
groß genug, um als drohendes Mittel in den Händen<lb/>
einer Partei zu er&#x017F;cheinen und in äußer&#x017F;ten Fällen den<lb/>
Aus&#x017F;chlag zu geben. Druiden- wie Barden&#x017F;tand &#x017F;ah<lb/>
bei der Aufnahme &#x017F;einer Schüler nicht auf die Geburt,<lb/>
nur auf Talent und Fleiß, der er&#x017F;tere allerdings auf<lb/>
noch etwas: auf den Sinn unbedingten Gehor&#x017F;ams;<lb/>
wen er umklammert hatte, der wurde durch &#x017F;trenge<lb/>
Beherr&#x017F;chung zum &#x017F;trengen Herr&#x017F;chen erzogen. Hie¬<lb/>
durch gelangte der Orden wohl zu großer Macht über<lb/>
die zu den Volksfäu&#x017F;ten gehörigen Volksgemüther, aber<lb/>
die aufgeweckten Barden&#x017F;chüler und ihre Mei&#x017F;ter hatten<lb/>
eben auch Eltern, Verwandte, Freunde, gar mancher<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0202] beſtehe, mit demjenigen feinſten Teig, aus welchem die Götter beſtehen, auf eine ganz beſondere Weiſe ver¬ wandt ſei. Die Andern hielten zwar auch große Stücke auf ihren feineren Teig, doch dünkte es ihnen löblich, dieſe Feinheit durch Wiſſenſchaften und Künſte weiter zu verfeinern, und dieſe hielten zu den Barden und machten ſich weiter nicht allzu viel aus ihrem Un¬ glauben. Bald hatten die Einen, bald die Andern das Uebergewicht, und ſo war denn auf die Stütze des Adels nicht eben ſtets ein ſicherer Verlaß für den höchſten, den Druidenſtand. Nun war noch das Volk da. Es hatte freilich ſeinen Namen von: Gefolg, aber ſo ſtark auch das Gefolge der adeligen Herrn, es war doch natürlich nicht alles Volk Gefolg, und die Zahl der noch übrigen Fäuſte ſtellte eine Macht vor, groß genug, um als drohendes Mittel in den Händen einer Partei zu erſcheinen und in äußerſten Fällen den Ausſchlag zu geben. Druiden- wie Bardenſtand ſah bei der Aufnahme ſeiner Schüler nicht auf die Geburt, nur auf Talent und Fleiß, der erſtere allerdings auf noch etwas: auf den Sinn unbedingten Gehorſams; wen er umklammert hatte, der wurde durch ſtrenge Beherrſchung zum ſtrengen Herrſchen erzogen. Hie¬ durch gelangte der Orden wohl zu großer Macht über die zu den Volksfäuſten gehörigen Volksgemüther, aber die aufgeweckten Bardenſchüler und ihre Meiſter hatten eben auch Eltern, Verwandte, Freunde, gar mancher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/202
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/202>, abgerufen am 04.12.2024.