Reden waren gerade nicht sehr nach seinem Geschmack, ohne daß er sich übrigens darüber empört fühlte; er liebte sich eben eine gewisse Ruhe und Stille, daher gefiel ihm die Gesinnung Massikomur's, und da seine Worte sichtbar wirkten, so wagte er sich in der Pause, die entstanden war, seinerseits mit einem Vorschlag heraus.
"Ich meine," sagte er, "wir könnten bei der Ge¬ legenheit auch einen Filea, natürlich auch einen Meister, einen Pencerdd, bitten, daß er uns zum Fest ein recht schönes Lied dichte. Ich kenne einen aus der edlen Sängerzunft der Barden, er heißt Guffrud Kullur, ist erfahren in allen Weisen der Dichtkunst und Musik, er baut gar so schöne Lieder, die schönsten Reimge¬ setzel und singt sie mit Cwlwm und Mwchwl, daß es eine Pracht ist!" Seine Zuhörer wußten besser, als unsere Leser, daß die zwei niedlichen Wörter musika¬ lische Sätze und Weisen bedeuteten; Alpin fuhr fort: "Die Mädel hier singen auch gar so ein schönes Lied von ihm; ihr müßt's schon gehört haben." Es machte ihm kein Beschwer, zu wissen, daß die Zuhörer gleich auf Sigunen rathen mußten, denn Keine sang so schön. Er war verschämt mit seiner Liebe und doch auch stolz darauf; wir sind ja, wie sich der Leser erinnert, um einige Wochen zurückgegangen, es stand noch harmloser zwischen den Beiden. Alpin hörte denn nicht ungern, daß Massikomur sagte: "Ja, Sigune singt so etwas gar Schönes, hab's öfter gehört; ist das von dem
Reden waren gerade nicht ſehr nach ſeinem Geſchmack, ohne daß er ſich übrigens darüber empört fühlte; er liebte ſich eben eine gewiſſe Ruhe und Stille, daher gefiel ihm die Geſinnung Maſſikomur's, und da ſeine Worte ſichtbar wirkten, ſo wagte er ſich in der Pauſe, die entſtanden war, ſeinerſeits mit einem Vorſchlag heraus.
„Ich meine,“ ſagte er, „wir könnten bei der Ge¬ legenheit auch einen Filea, natürlich auch einen Meiſter, einen Pencerdd, bitten, daß er uns zum Feſt ein recht ſchönes Lied dichte. Ich kenne einen aus der edlen Sängerzunft der Barden, er heißt Guffrud Kullur, iſt erfahren in allen Weiſen der Dichtkunſt und Muſik, er baut gar ſo ſchöne Lieder, die ſchönſten Reimge¬ ſetzel und ſingt ſie mit Cwlwm und Mwchwl, daß es eine Pracht iſt!“ Seine Zuhörer wußten beſſer, als unſere Leſer, daß die zwei niedlichen Wörter muſika¬ liſche Sätze und Weiſen bedeuteten; Alpin fuhr fort: „Die Mädel hier ſingen auch gar ſo ein ſchönes Lied von ihm; ihr müßt's ſchon gehört haben.“ Es machte ihm kein Beſchwer, zu wiſſen, daß die Zuhörer gleich auf Sigunen rathen mußten, denn Keine ſang ſo ſchön. Er war verſchämt mit ſeiner Liebe und doch auch ſtolz darauf; wir ſind ja, wie ſich der Leſer erinnert, um einige Wochen zurückgegangen, es ſtand noch harmloſer zwiſchen den Beiden. Alpin hörte denn nicht ungern, daß Maſſikomur ſagte: „Ja, Sigune ſingt ſo etwas gar Schönes, hab's öfter gehört; iſt das von dem
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0196"n="183"/>
Reden waren gerade nicht ſehr nach ſeinem Geſchmack,<lb/>
ohne daß er ſich übrigens darüber empört fühlte; er<lb/>
liebte ſich eben eine gewiſſe Ruhe und Stille, daher<lb/>
gefiel ihm die Geſinnung Maſſikomur's, und da ſeine<lb/>
Worte ſichtbar wirkten, ſo wagte er ſich in der Pauſe, die<lb/>
entſtanden war, ſeinerſeits mit einem Vorſchlag heraus.</p><lb/><p>„Ich meine,“ſagte er, „wir könnten bei der Ge¬<lb/>
legenheit auch einen Filea, natürlich auch einen Meiſter,<lb/>
einen Pencerdd, bitten, daß er uns zum Feſt ein recht<lb/>ſchönes Lied dichte. Ich kenne einen aus der edlen<lb/>
Sängerzunft der Barden, er heißt Guffrud Kullur, iſt<lb/>
erfahren in allen Weiſen der Dichtkunſt und Muſik,<lb/>
er baut gar ſo ſchöne Lieder, die ſchönſten Reimge¬<lb/>ſetzel und ſingt ſie mit Cwlwm und Mwchwl, daß es<lb/>
eine Pracht iſt!“ Seine Zuhörer wußten beſſer, als<lb/>
unſere Leſer, daß die zwei niedlichen Wörter muſika¬<lb/>
liſche Sätze und Weiſen bedeuteten; Alpin fuhr fort:<lb/>„Die Mädel hier ſingen auch gar ſo ein ſchönes Lied<lb/>
von ihm; ihr müßt's ſchon gehört haben.“ Es machte<lb/>
ihm kein Beſchwer, zu wiſſen, daß die Zuhörer gleich<lb/>
auf Sigunen rathen mußten, denn Keine ſang ſo ſchön.<lb/>
Er war verſchämt mit ſeiner Liebe und doch auch ſtolz<lb/>
darauf; wir ſind ja, wie ſich der Leſer erinnert, um<lb/>
einige Wochen zurückgegangen, es ſtand noch harmloſer<lb/>
zwiſchen den Beiden. Alpin hörte denn nicht ungern,<lb/>
daß Maſſikomur ſagte: „Ja, Sigune ſingt ſo etwas<lb/>
gar Schönes, hab's öfter gehört; iſt das von dem<lb/></p></div></body></text></TEI>
[183/0196]
Reden waren gerade nicht ſehr nach ſeinem Geſchmack,
ohne daß er ſich übrigens darüber empört fühlte; er
liebte ſich eben eine gewiſſe Ruhe und Stille, daher
gefiel ihm die Geſinnung Maſſikomur's, und da ſeine
Worte ſichtbar wirkten, ſo wagte er ſich in der Pauſe, die
entſtanden war, ſeinerſeits mit einem Vorſchlag heraus.
„Ich meine,“ ſagte er, „wir könnten bei der Ge¬
legenheit auch einen Filea, natürlich auch einen Meiſter,
einen Pencerdd, bitten, daß er uns zum Feſt ein recht
ſchönes Lied dichte. Ich kenne einen aus der edlen
Sängerzunft der Barden, er heißt Guffrud Kullur, iſt
erfahren in allen Weiſen der Dichtkunſt und Muſik,
er baut gar ſo ſchöne Lieder, die ſchönſten Reimge¬
ſetzel und ſingt ſie mit Cwlwm und Mwchwl, daß es
eine Pracht iſt!“ Seine Zuhörer wußten beſſer, als
unſere Leſer, daß die zwei niedlichen Wörter muſika¬
liſche Sätze und Weiſen bedeuteten; Alpin fuhr fort:
„Die Mädel hier ſingen auch gar ſo ein ſchönes Lied
von ihm; ihr müßt's ſchon gehört haben.“ Es machte
ihm kein Beſchwer, zu wiſſen, daß die Zuhörer gleich
auf Sigunen rathen mußten, denn Keine ſang ſo ſchön.
Er war verſchämt mit ſeiner Liebe und doch auch ſtolz
darauf; wir ſind ja, wie ſich der Leſer erinnert, um
einige Wochen zurückgegangen, es ſtand noch harmloſer
zwiſchen den Beiden. Alpin hörte denn nicht ungern,
daß Maſſikomur ſagte: „Ja, Sigune ſingt ſo etwas
gar Schönes, hab's öfter gehört; iſt das von dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/196>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.