Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

kam trotz dem Klunker von Bärenzähnen, den er kürz¬
lich daran gehängt hatte. Die Kinder jubelten laut
auf, auch sie hatten herrliche Gaben bekommen; das
ältere Mädchen Ohrenringe: da baumelten an feinen
Kettchen durchbrochene Kugeln, in jeder eine kleinere ein¬
geschlossen, -- wie es nur möglich war, diese in das
gegitterte Gelaß hineinzubringen! Und wie allerliebst
mußte das immer spielen, klingen, glöckeln, wenn
man's nun im Ohrläppchen trug! Der Knabe war
beschäftigt, einen Boug, will sagen einen Armring an
seinen Arm zu streifen, in dessen schimmernde Ober¬
fläche gar anmuthige Ordnungen spielender Linien
eingegraben waren, ein Gebilde fast so schön wie jenes,
das an Arthur's eigenem Arme funkelte. Das kleinere
Mädchen schüttelte ein Spielzeug von Erzringen, die
an einem Zinnring hiengen, und ergötzte sich an ihrem
Rasseln. Der Vater aber stand unbeweglich, sprachlos
über ein winziges Objekt gebeugt, das er in der Hand
hielt und das ihm wie ein Weltwunder erscheinen
mußte: eine Fischangel, die ihm von nun an die
kümmerlichen Aushülfen von Bein ersetzen sollte; und
was sein Glück bis zur Höhe des Verstummens stei¬
gerte, das war eine Gußform für dasselbe Geräthe,
die er in der Linken hielt.

Alpin blieb unbemerkt; er wollte sich still zurück¬
ziehen, aber sein Ryno war ihm gefolgt, er schnüffelte
an der Thüre, ihn hörte und witterte Tyras, der ge¬

kam trotz dem Klunker von Bärenzähnen, den er kürz¬
lich daran gehängt hatte. Die Kinder jubelten laut
auf, auch ſie hatten herrliche Gaben bekommen; das
ältere Mädchen Ohrenringe: da baumelten an feinen
Kettchen durchbrochene Kugeln, in jeder eine kleinere ein¬
geſchloſſen, — wie es nur möglich war, dieſe in das
gegitterte Gelaß hineinzubringen! Und wie allerliebſt
mußte das immer ſpielen, klingen, glöckeln, wenn
man's nun im Ohrläppchen trug! Der Knabe war
beſchäftigt, einen Boug, will ſagen einen Armring an
ſeinen Arm zu ſtreifen, in deſſen ſchimmernde Ober¬
fläche gar anmuthige Ordnungen ſpielender Linien
eingegraben waren, ein Gebilde faſt ſo ſchön wie jenes,
das an Arthur's eigenem Arme funkelte. Das kleinere
Mädchen ſchüttelte ein Spielzeug von Erzringen, die
an einem Zinnring hiengen, und ergötzte ſich an ihrem
Raſſeln. Der Vater aber ſtand unbeweglich, ſprachlos
über ein winziges Objekt gebeugt, das er in der Hand
hielt und das ihm wie ein Weltwunder erſcheinen
mußte: eine Fiſchangel, die ihm von nun an die
kümmerlichen Aushülfen von Bein erſetzen ſollte; und
was ſein Glück bis zur Höhe des Verſtummens ſtei¬
gerte, das war eine Gußform für daſſelbe Geräthe,
die er in der Linken hielt.

Alpin blieb unbemerkt; er wollte ſich ſtill zurück¬
ziehen, aber ſein Ryno war ihm gefolgt, er ſchnüffelte
an der Thüre, ihn hörte und witterte Tyras, der ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0181" n="168"/>
kam trotz dem Klunker von Bärenzähnen, den er kürz¬<lb/>
lich daran gehängt hatte. Die Kinder jubelten laut<lb/>
auf, auch &#x017F;ie hatten herrliche Gaben bekommen; das<lb/>
ältere Mädchen Ohrenringe: da baumelten an feinen<lb/>
Kettchen durchbrochene Kugeln, in jeder eine kleinere ein¬<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, &#x2014; wie es nur möglich war, die&#x017F;e in das<lb/>
gegitterte Gelaß hineinzubringen! Und wie allerlieb&#x017F;t<lb/>
mußte das immer &#x017F;pielen, klingen, glöckeln, wenn<lb/>
man's nun im Ohrläppchen trug! Der Knabe war<lb/>
be&#x017F;chäftigt, einen Boug, will &#x017F;agen einen Armring an<lb/>
&#x017F;einen Arm zu &#x017F;treifen, in de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chimmernde Ober¬<lb/>
fläche gar anmuthige Ordnungen &#x017F;pielender Linien<lb/>
eingegraben waren, ein Gebilde fa&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chön wie jenes,<lb/>
das an Arthur's eigenem Arme funkelte. Das kleinere<lb/>
Mädchen &#x017F;chüttelte ein Spielzeug von Erzringen, die<lb/>
an einem Zinnring hiengen, und ergötzte &#x017F;ich an ihrem<lb/>
Ra&#x017F;&#x017F;eln. Der Vater aber &#x017F;tand unbeweglich, &#x017F;prachlos<lb/>
über ein winziges Objekt gebeugt, das er in der Hand<lb/>
hielt und das ihm wie ein Weltwunder er&#x017F;cheinen<lb/>
mußte: eine Fi&#x017F;changel, die ihm von nun an die<lb/>
kümmerlichen Aushülfen von Bein er&#x017F;etzen &#x017F;ollte; und<lb/>
was &#x017F;ein Glück bis zur Höhe des Ver&#x017F;tummens &#x017F;tei¬<lb/>
gerte, das war eine Gußform für da&#x017F;&#x017F;elbe Geräthe,<lb/>
die er in der Linken hielt.</p><lb/>
        <p>Alpin blieb unbemerkt; er wollte &#x017F;ich &#x017F;till zurück¬<lb/>
ziehen, aber &#x017F;ein Ryno war ihm gefolgt, er &#x017F;chnüffelte<lb/>
an der Thüre, ihn hörte und witterte Tyras, der ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0181] kam trotz dem Klunker von Bärenzähnen, den er kürz¬ lich daran gehängt hatte. Die Kinder jubelten laut auf, auch ſie hatten herrliche Gaben bekommen; das ältere Mädchen Ohrenringe: da baumelten an feinen Kettchen durchbrochene Kugeln, in jeder eine kleinere ein¬ geſchloſſen, — wie es nur möglich war, dieſe in das gegitterte Gelaß hineinzubringen! Und wie allerliebſt mußte das immer ſpielen, klingen, glöckeln, wenn man's nun im Ohrläppchen trug! Der Knabe war beſchäftigt, einen Boug, will ſagen einen Armring an ſeinen Arm zu ſtreifen, in deſſen ſchimmernde Ober¬ fläche gar anmuthige Ordnungen ſpielender Linien eingegraben waren, ein Gebilde faſt ſo ſchön wie jenes, das an Arthur's eigenem Arme funkelte. Das kleinere Mädchen ſchüttelte ein Spielzeug von Erzringen, die an einem Zinnring hiengen, und ergötzte ſich an ihrem Raſſeln. Der Vater aber ſtand unbeweglich, ſprachlos über ein winziges Objekt gebeugt, das er in der Hand hielt und das ihm wie ein Weltwunder erſcheinen mußte: eine Fiſchangel, die ihm von nun an die kümmerlichen Aushülfen von Bein erſetzen ſollte; und was ſein Glück bis zur Höhe des Verſtummens ſtei¬ gerte, das war eine Gußform für daſſelbe Geräthe, die er in der Linken hielt. Alpin blieb unbemerkt; er wollte ſich ſtill zurück¬ ziehen, aber ſein Ryno war ihm gefolgt, er ſchnüffelte an der Thüre, ihn hörte und witterte Tyras, der ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/181
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/181>, abgerufen am 04.12.2024.