Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,1. Reutlingen u. a., 1851.
zu werfen, wobei auch auf die Anmerkungen zu §. 402 ff. zurückverwiesen
zu werfen, wobei auch auf die Anmerkungen zu §. 402 ff. zurückverwieſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0168" n="156"/> zu werfen, wobei auch auf die Anmerkungen zu §. 402 ff. zurückverwieſen<lb/> werden kann. Die erſte beſteht darin, daß die einzelne Theilungsreihe<lb/> ihre Glieder miſcht. Sie iſt nur in beſchränktem Umfange möglich, ſofern<lb/> nämlich daraus nicht nur unbeſtimmt ein Unterſchied der äſthetiſchen Wir-<lb/> kung, ſondern eine Eintheilung von Zweigen entſtehen ſoll; ſo gibt es<lb/> z. B. ein geſchichtliches Genrebild: da verbindet ſich die rein menſchliche<lb/> mit der geſchichtlichen Phantaſie. Iſt die Hauptperſon darin eine heroiſche,<lb/> hier aber in gemüthlicher, einfach gefühlvoller Situation vorgeſtellt, ſo<lb/> liegt zugleich eine Verbindung des einfach Schönen mit dem Erhabenen vor.<lb/> Am ſtärkſten miſchen ſich die Glieder dieſer letztern Theilungsreihe (§. 402)<lb/> im Drama, doch nicht ſo, daß Zweige entſtehen, ſondern dieſe Miſchungen<lb/> ſind mehr allgemein durch die Geſchichte der Style bedingt; dennoch läßt<lb/> ſich ein Drama mit humoriſtiſchen Beſtandtheilen von einem rein ernſten<lb/> und ein rein komiſches Luſtſpiel von einem zugleich ernſt rührenden bleibend<lb/> unterſcheiden. Dagegen können ſich die Verſchiedenheiten der dritten unter<lb/> den hier aufgeführten Reihen (Auffaſſung des Moments und Grad des<lb/> Stoffumfangs) wohl miſchen, aber nicht ſo, daß dadurch an ſich ſchon<lb/> ſelbſtändige Zweige entſtänden, z. B. einfache Compoſition in bewegter<lb/> Handlung, umfangreiche in ruhigem Momente, und die der vierten Reihe<lb/> (Material und Technik) nur theilweiſe, z. B. in der Verbindung von<lb/> Vocal- und Inſtrumentalmuſik, von gebundener und ungebundener Sprache,<lb/> von verſchiedenen Versmaaßen in der Poeſie. Nun iſt aber die weit-<lb/> ſchichtige Möglichkeit von Verbindungen aller dieſer Reihen untereinander<lb/> und zugleich mit der erſten (bildende Phantaſie u. ſ. w.) noch ins<lb/> Auge zu faſſen, nicht um ſie hier zu erſchöpfen, ſondern mehr nur, um<lb/> die Schranken dieſes in abſtracto nicht zu überſehenden Gebiets zu erkennen.<lb/> Dieſe Schranken legen ſich weſentlich in den zwei Sätzen nieder: erſtens,<lb/> nicht jedes einzelne Glied einer Reihe kann ſich mit jedem einzelnen Gliede<lb/> der andern Reihen verbinden, z. B. das Komiſche nicht mit der Landſchaft,<lb/> Erz ſehr ſchwer mit der epiſch bildenden, rein menſchlichen oder geſchicht-<lb/> lichen, einfach ſchönen oder erhabenen, figurenreichen Stoff umfaſſenden<lb/> Phantaſie in der Compoſition des Relief; zweitens, nicht jede Verbindung<lb/> (wie ſchon angedeutet) gibt einen ſelbſtändigen Zweig, z. B. Landſchaft<lb/><hi rendition="#aq">al fresco</hi> iſt als ſolche ein Zweig der Malerei in der doppelten Unter-<lb/> ſcheidung gegenüber den andern durch den Stoff bedingten Zweigen (Hiſtorie,<lb/> Genre, Porträt) und gegenüber einem andern Material (Oel), aber ob<lb/> der Stoff heiter oder ernſt erhaben (Gewitter, Sturm u. ſ. w.) aufgefaßt<lb/> iſt, dieſer Unterſchied begründet keinen beſonders benannten Zweig; übrigens<lb/> liegt hier vor eine Verbindung der bildenden, empfindenden, landſchaftlichen,<lb/> einfach ſchönen oder erhabenen Phantaſie mit einem Gliede der Theilungs-<lb/> reihe nach dem Material. Statt weiteren Eingehens wollen wir die<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0168]
zu werfen, wobei auch auf die Anmerkungen zu §. 402 ff. zurückverwieſen
werden kann. Die erſte beſteht darin, daß die einzelne Theilungsreihe
ihre Glieder miſcht. Sie iſt nur in beſchränktem Umfange möglich, ſofern
nämlich daraus nicht nur unbeſtimmt ein Unterſchied der äſthetiſchen Wir-
kung, ſondern eine Eintheilung von Zweigen entſtehen ſoll; ſo gibt es
z. B. ein geſchichtliches Genrebild: da verbindet ſich die rein menſchliche
mit der geſchichtlichen Phantaſie. Iſt die Hauptperſon darin eine heroiſche,
hier aber in gemüthlicher, einfach gefühlvoller Situation vorgeſtellt, ſo
liegt zugleich eine Verbindung des einfach Schönen mit dem Erhabenen vor.
Am ſtärkſten miſchen ſich die Glieder dieſer letztern Theilungsreihe (§. 402)
im Drama, doch nicht ſo, daß Zweige entſtehen, ſondern dieſe Miſchungen
ſind mehr allgemein durch die Geſchichte der Style bedingt; dennoch läßt
ſich ein Drama mit humoriſtiſchen Beſtandtheilen von einem rein ernſten
und ein rein komiſches Luſtſpiel von einem zugleich ernſt rührenden bleibend
unterſcheiden. Dagegen können ſich die Verſchiedenheiten der dritten unter
den hier aufgeführten Reihen (Auffaſſung des Moments und Grad des
Stoffumfangs) wohl miſchen, aber nicht ſo, daß dadurch an ſich ſchon
ſelbſtändige Zweige entſtänden, z. B. einfache Compoſition in bewegter
Handlung, umfangreiche in ruhigem Momente, und die der vierten Reihe
(Material und Technik) nur theilweiſe, z. B. in der Verbindung von
Vocal- und Inſtrumentalmuſik, von gebundener und ungebundener Sprache,
von verſchiedenen Versmaaßen in der Poeſie. Nun iſt aber die weit-
ſchichtige Möglichkeit von Verbindungen aller dieſer Reihen untereinander
und zugleich mit der erſten (bildende Phantaſie u. ſ. w.) noch ins
Auge zu faſſen, nicht um ſie hier zu erſchöpfen, ſondern mehr nur, um
die Schranken dieſes in abſtracto nicht zu überſehenden Gebiets zu erkennen.
Dieſe Schranken legen ſich weſentlich in den zwei Sätzen nieder: erſtens,
nicht jedes einzelne Glied einer Reihe kann ſich mit jedem einzelnen Gliede
der andern Reihen verbinden, z. B. das Komiſche nicht mit der Landſchaft,
Erz ſehr ſchwer mit der epiſch bildenden, rein menſchlichen oder geſchicht-
lichen, einfach ſchönen oder erhabenen, figurenreichen Stoff umfaſſenden
Phantaſie in der Compoſition des Relief; zweitens, nicht jede Verbindung
(wie ſchon angedeutet) gibt einen ſelbſtändigen Zweig, z. B. Landſchaft
al fresco iſt als ſolche ein Zweig der Malerei in der doppelten Unter-
ſcheidung gegenüber den andern durch den Stoff bedingten Zweigen (Hiſtorie,
Genre, Porträt) und gegenüber einem andern Material (Oel), aber ob
der Stoff heiter oder ernſt erhaben (Gewitter, Sturm u. ſ. w.) aufgefaßt
iſt, dieſer Unterſchied begründet keinen beſonders benannten Zweig; übrigens
liegt hier vor eine Verbindung der bildenden, empfindenden, landſchaftlichen,
einfach ſchönen oder erhabenen Phantaſie mit einem Gliede der Theilungs-
reihe nach dem Material. Statt weiteren Eingehens wollen wir die
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