Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
Schallfang, theils Organ des Ausdrucks der Affecte ist. Das Auge ist §. 307. Die erste große Gruppe umfaßt die mausartigen Thiere. Hier scheiden1 1. Wir fassen in dieser Gruppe zusammen, was Cüvier in der
Schallfang, theils Organ des Ausdrucks der Affecte iſt. Das Auge iſt §. 307. Die erſte große Gruppe umfaßt die mausartigen Thiere. Hier ſcheiden1 1. Wir faſſen in dieſer Gruppe zuſammen, was Cüvier in der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0155" n="143"/> Schallfang, theils Organ des Ausdrucks der Affecte iſt. Das Auge iſt<lb/> vollſtändiger entwickelt, der Geruch zur ſelbſtändigen Naſe ausgebildet,<lb/> höherer Geſchmack wohnt in der breiteren, fleiſchigen Zunge und eigentliche<lb/> Zähne ergreifen, verarbeiten die Speiſe und drohen als Waffe. Das<lb/> freie Spiel der Stimme als Geſang verſchwindet; es iſt nur dem ſorgen-<lb/> loſen Luftthiere gegönnt, der Luft ſeine Luſt im geſetzlos modulirten Schalle<lb/> zurückzugeben, das Landthier ſpielt, wie es überhaupt körperlicher iſt und<lb/> beſtimmteres Seelenleben hat, mehr mit Bewegungen. Wie nun in dieſen<lb/> Sinnenthieren die Seele reicher und höher iſt, ſo iſt natürlich hier auch<lb/> am meiſten Individualität. Man denke nur an Hunde und Pferde, wie<lb/> verſchieden die einzelnen Thiere derſelben Race ſind.</hi> </p> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 307.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Die erſte große Gruppe umfaßt die <hi rendition="#g">mausartigen</hi> Thiere. Hier ſcheiden<note place="right">1</note><lb/> ſich zunächſt einige Gattungen ab, welche durch Bildung und Thun entſchieden<note place="right">2</note><lb/> an niedrigere Klaſſen erinnern und daher häßlich ſind, indem mit dem Bau<lb/> des Säugethiers Beſtimmungen des Fiſch-Amphibien-Vogel-Typus wider-<lb/> ſprechender Weiſe vereinigt erſcheinen. Die ganze Gruppe aber beſteht aus<note place="right">3</note><lb/> meiſt ſehr kleinen Pfotenthieren, welche durch die ſpitzig verlängerte Schnautze,<lb/> durch Hurtigkeit, Zierlichkeit der Geſtalt und Bewegung, Vielheit der Gattungen<lb/> und Individuen der Gruppe der kleineren Vögel analog iſt und, wie dieſe ganz<lb/> Luftthiere ſind, ſo durch Wühlen und Bauen unter der Erde ihrem Elemente<lb/> im engeren Sinne verſchrieben erſcheint als alle übrigen Landthiere.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Wir faſſen in dieſer Gruppe zuſammen, was <hi rendition="#g">Cüvier</hi> in der<lb/> Ordnung der Nager und zahnloſen Thiere begriffen hat, aber wir greifen<lb/> zugleich höher hinauf und ziehen viele Thiere herein, die dieſer in die<lb/> dritte Ordnung ſetzt. Er legt die Zähne und Klauen als Eintheilungs-<lb/> merkmal in ihrer Strenge zu Grunde; allein ſo berechtigt dieſes Verfahren<lb/> iſt, da „das Aeußerſte eines Organiſchen deſſen Inneres anzeigt“ (<hi rendition="#g">Voigt</hi><lb/> Zoologie §. 201), ſo darf es doch wohl nicht dahinführen, um einiger<lb/> Abweichungen willen zu trennen, was durch ſeinen Habitus und namentlich<lb/> durch ſeine Größe zuſammengehört, und einige Thiere von offenbar maus-<lb/> artigem Charakter deßwegen, weil ſie vollſtändigeres Gebiß haben, in<lb/> eine höhere Ordnung, oder z. B. den Igel, die Spitzmaus, den Maul-<lb/> wurf, weil ſie Sohlenläufer ſind, zu dem Bären zu ſtellen, wie <hi rendition="#g">Voigt</hi>.<lb/> Wir folgen vielmehr <hi rendition="#g">Oken</hi>, der ſich darauf beruft, daß die Eckzähne<lb/> und Backenzähne der Beutelthiere, Maulwürfe, Spitzmäuſe, Fledermäuſe<lb/> verkümmert und gleichförmig ſind, und ſtellen in dieſer großen Gruppe<lb/> Alles zuſammen, was er in ſeiner erſten Stufe von Säugethieren mit der<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0155]
Schallfang, theils Organ des Ausdrucks der Affecte iſt. Das Auge iſt
vollſtändiger entwickelt, der Geruch zur ſelbſtändigen Naſe ausgebildet,
höherer Geſchmack wohnt in der breiteren, fleiſchigen Zunge und eigentliche
Zähne ergreifen, verarbeiten die Speiſe und drohen als Waffe. Das
freie Spiel der Stimme als Geſang verſchwindet; es iſt nur dem ſorgen-
loſen Luftthiere gegönnt, der Luft ſeine Luſt im geſetzlos modulirten Schalle
zurückzugeben, das Landthier ſpielt, wie es überhaupt körperlicher iſt und
beſtimmteres Seelenleben hat, mehr mit Bewegungen. Wie nun in dieſen
Sinnenthieren die Seele reicher und höher iſt, ſo iſt natürlich hier auch
am meiſten Individualität. Man denke nur an Hunde und Pferde, wie
verſchieden die einzelnen Thiere derſelben Race ſind.
§. 307.
Die erſte große Gruppe umfaßt die mausartigen Thiere. Hier ſcheiden
ſich zunächſt einige Gattungen ab, welche durch Bildung und Thun entſchieden
an niedrigere Klaſſen erinnern und daher häßlich ſind, indem mit dem Bau
des Säugethiers Beſtimmungen des Fiſch-Amphibien-Vogel-Typus wider-
ſprechender Weiſe vereinigt erſcheinen. Die ganze Gruppe aber beſteht aus
meiſt ſehr kleinen Pfotenthieren, welche durch die ſpitzig verlängerte Schnautze,
durch Hurtigkeit, Zierlichkeit der Geſtalt und Bewegung, Vielheit der Gattungen
und Individuen der Gruppe der kleineren Vögel analog iſt und, wie dieſe ganz
Luftthiere ſind, ſo durch Wühlen und Bauen unter der Erde ihrem Elemente
im engeren Sinne verſchrieben erſcheint als alle übrigen Landthiere.
1. Wir faſſen in dieſer Gruppe zuſammen, was Cüvier in der
Ordnung der Nager und zahnloſen Thiere begriffen hat, aber wir greifen
zugleich höher hinauf und ziehen viele Thiere herein, die dieſer in die
dritte Ordnung ſetzt. Er legt die Zähne und Klauen als Eintheilungs-
merkmal in ihrer Strenge zu Grunde; allein ſo berechtigt dieſes Verfahren
iſt, da „das Aeußerſte eines Organiſchen deſſen Inneres anzeigt“ (Voigt
Zoologie §. 201), ſo darf es doch wohl nicht dahinführen, um einiger
Abweichungen willen zu trennen, was durch ſeinen Habitus und namentlich
durch ſeine Größe zuſammengehört, und einige Thiere von offenbar maus-
artigem Charakter deßwegen, weil ſie vollſtändigeres Gebiß haben, in
eine höhere Ordnung, oder z. B. den Igel, die Spitzmaus, den Maul-
wurf, weil ſie Sohlenläufer ſind, zu dem Bären zu ſtellen, wie Voigt.
Wir folgen vielmehr Oken, der ſich darauf beruft, daß die Eckzähne
und Backenzähne der Beutelthiere, Maulwürfe, Spitzmäuſe, Fledermäuſe
verkümmert und gleichförmig ſind, und ſtellen in dieſer großen Gruppe
Alles zuſammen, was er in ſeiner erſten Stufe von Säugethieren mit der
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