auf dem Hineinwachsen und Verschmelzen von Membranscheide- wänden in das Innere des Zellenraumes beruht, so handelt es sich hier eben nicht um eine innerhalb der Dottermasse ge- schehende freie organisatorische Bewegung, sondern um fort- gehende Theilungsacte des ursprünglich einfachen Elementes. Allein lange schon bevor diese einfache Anschauung von den Vorgängen der Dotterfurchung gewonnen war, liess sich mit Bestimmtheit übersehen, dass in den pathologischen Vorgängen eine Vergleichung der plastischen Exsudate oder des Blastems mit den Inhaltsmassen des Eies an sich unzulässig ist, und dass, wo wir wirklich geformte Theile finden, diese auch wie- der von einem präexistirenden Theile, einer Zelle ausgegangen sind.
Der Modus dieser Neubildung ist, so viel es scheint, ein doppelter. Entweder handelt es sich nämlich in der That um einfache Theilung, wie wir sie bei Gelegenheit der Reizung besprochen haben (S. 276). Wir sehen dann die ganze Reihe von Veränderungen von der Theilung des Kernkör- perchens bis zur endlichen Theilung der Zelle. Wenn ein Epithelelement zwei Kerne bekommt und sich theilt und dieses sich wiederholt, so kann daraus durch fortgehende Wiederholung eine lange Reihe von Entwickelungen hervorgehn. Bekommt Jemand durch fortgesetzte Reibung der Haut eine Reizung und wird der Reiz bis zu einem gewissen Grade gesteigert, so wird sich das Epithel verdicken, und wenn die Wucherung sehr stark ist, so kann sie zu grossen geschwulstartigen Bil- dungen sich erheben. Derselbe Modus der Entwickelung, welchen Epithelialschichten darbieten, treffen wir auch im Innern der Organe. An einem Knorpel z. B., wo das einfache zellige Element in eine Zwischenmasse eingeschlossen ist, tritt endlich an die Stelle desselben eine Anhäufung zahlreicher Elemente, die ganze Gruppe wiederum abgeschlossen durch ihre Zwischenlage. Das ist also an sich ein sehr einfacher Modus, der jedoch, da er von verschiedenartigen Theilen aus- geht, sehr verschiedene Resultate bringen kann.
Nun haben wir aber noch eine andere Reihe von Neubil- dungen im Körper, welche freilich viel weniger gut gekannt sind, und deren besondere Eigenthümlichkeit sich bis jetzt
Neubildung durch Theilung.
auf dem Hineinwachsen und Verschmelzen von Membranscheide- wänden in das Innere des Zellenraumes beruht, so handelt es sich hier eben nicht um eine innerhalb der Dottermasse ge- schehende freie organisatorische Bewegung, sondern um fort- gehende Theilungsacte des ursprünglich einfachen Elementes. Allein lange schon bevor diese einfache Anschauung von den Vorgängen der Dotterfurchung gewonnen war, liess sich mit Bestimmtheit übersehen, dass in den pathologischen Vorgängen eine Vergleichung der plastischen Exsudate oder des Blastems mit den Inhaltsmassen des Eies an sich unzulässig ist, und dass, wo wir wirklich geformte Theile finden, diese auch wie- der von einem präexistirenden Theile, einer Zelle ausgegangen sind.
Der Modus dieser Neubildung ist, so viel es scheint, ein doppelter. Entweder handelt es sich nämlich in der That um einfache Theilung, wie wir sie bei Gelegenheit der Reizung besprochen haben (S. 276). Wir sehen dann die ganze Reihe von Veränderungen von der Theilung des Kernkör- perchens bis zur endlichen Theilung der Zelle. Wenn ein Epithelelement zwei Kerne bekommt und sich theilt und dieses sich wiederholt, so kann daraus durch fortgehende Wiederholung eine lange Reihe von Entwickelungen hervorgehn. Bekommt Jemand durch fortgesetzte Reibung der Haut eine Reizung und wird der Reiz bis zu einem gewissen Grade gesteigert, so wird sich das Epithel verdicken, und wenn die Wucherung sehr stark ist, so kann sie zu grossen geschwulstartigen Bil- dungen sich erheben. Derselbe Modus der Entwickelung, welchen Epithelialschichten darbieten, treffen wir auch im Innern der Organe. An einem Knorpel z. B., wo das einfache zellige Element in eine Zwischenmasse eingeschlossen ist, tritt endlich an die Stelle desselben eine Anhäufung zahlreicher Elemente, die ganze Gruppe wiederum abgeschlossen durch ihre Zwischenlage. Das ist also an sich ein sehr einfacher Modus, der jedoch, da er von verschiedenartigen Theilen aus- geht, sehr verschiedene Resultate bringen kann.
Nun haben wir aber noch eine andere Reihe von Neubil- dungen im Körper, welche freilich viel weniger gut gekannt sind, und deren besondere Eigenthümlichkeit sich bis jetzt
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[357/0379]
Neubildung durch Theilung.
auf dem Hineinwachsen und Verschmelzen von Membranscheide-
wänden in das Innere des Zellenraumes beruht, so handelt es
sich hier eben nicht um eine innerhalb der Dottermasse ge-
schehende freie organisatorische Bewegung, sondern um fort-
gehende Theilungsacte des ursprünglich einfachen Elementes.
Allein lange schon bevor diese einfache Anschauung von den
Vorgängen der Dotterfurchung gewonnen war, liess sich mit
Bestimmtheit übersehen, dass in den pathologischen Vorgängen
eine Vergleichung der plastischen Exsudate oder des Blastems
mit den Inhaltsmassen des Eies an sich unzulässig ist, und
dass, wo wir wirklich geformte Theile finden, diese auch wie-
der von einem präexistirenden Theile, einer Zelle ausgegangen
sind.
Der Modus dieser Neubildung ist, so viel es scheint, ein
doppelter. Entweder handelt es sich nämlich in der That
um einfache Theilung, wie wir sie bei Gelegenheit der
Reizung besprochen haben (S. 276). Wir sehen dann die ganze
Reihe von Veränderungen von der Theilung des Kernkör-
perchens bis zur endlichen Theilung der Zelle. Wenn ein
Epithelelement zwei Kerne bekommt und sich theilt und dieses
sich wiederholt, so kann daraus durch fortgehende Wiederholung
eine lange Reihe von Entwickelungen hervorgehn. Bekommt
Jemand durch fortgesetzte Reibung der Haut eine Reizung
und wird der Reiz bis zu einem gewissen Grade gesteigert,
so wird sich das Epithel verdicken, und wenn die Wucherung
sehr stark ist, so kann sie zu grossen geschwulstartigen Bil-
dungen sich erheben. Derselbe Modus der Entwickelung,
welchen Epithelialschichten darbieten, treffen wir auch im
Innern der Organe. An einem Knorpel z. B., wo das einfache
zellige Element in eine Zwischenmasse eingeschlossen ist, tritt
endlich an die Stelle desselben eine Anhäufung zahlreicher
Elemente, die ganze Gruppe wiederum abgeschlossen durch
ihre Zwischenlage. Das ist also an sich ein sehr einfacher
Modus, der jedoch, da er von verschiedenartigen Theilen aus-
geht, sehr verschiedene Resultate bringen kann.
Nun haben wir aber noch eine andere Reihe von Neubil-
dungen im Körper, welche freilich viel weniger gut gekannt
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/379>, abgerufen am 16.07.2024.
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