Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Atherom der Arterien.
ging die Schilderung von Haller hervor, dass die breiartige,
atheromatöse Masse in einer geschlossenen Höhle wie eine
kleine Balggeschwulst zwischen Intima und Media läge. Nur
das war falsch, dass man die Geschwulst als einen besonderen,
von den Gefässhäuten trennbaren Körper betrachtete. Es ist viel-
mehr die Intima selbst, welche ohne Grenze innerhalb der her-
vorragenden Stelle in die Degeneration übergeht. Je weiter
diese Degeneration fortschreitet, um so mehr bildet sich ein
geschlossener Heerd; zuletzt kann es sein, dass die Haut
darüber fluctuirt und beim Einschnitt die breiige Materie sich
entleert, wie der Eiter beim Einschnitt in einen Abscess.
Untersucht man nun die Masse, welche am Ende dieser Pro-
zesse vorhanden ist, so sehen Sie eine grosse Zahl von Cho-
lestearinplatten, welche schon vom blossen Auge als glitzernde
Tafeln hervortreten, grosse rhombische Tafeln, die zu vielen
[Abbildung] Fig. 117.
nebeneinander liegen, sich decken
und im Ganzen einen Glimmerreflex
erzeugen. Neben diesen Platten
finden sich die unter dem Mi-
kroskop schwarz erscheinenden
Fettkörnchenkugeln, innerhalb
derer die einzelnen Körnchen
zuerst ganz fein sind. Die Ku-
geln sind oft in sehr grosser
Masse vorhanden; einzelne sieht
man zerfallen, sich auseinander
lösen und in Partikelchen, wie in
der Milch, umherschwimmen. Daneben mehr oder weniger
grosse amorphe Gewebsfragmente, welche noch zusammenhal-
ten und mehr der Erweichung der übrigen, nicht fettig verän-
derten Gewebssubstanz angehören; in sie sind hier und da
Körnerhaufen eingesetzt. Diese drei Bestandtheile zu-
[Abbildung] Fig. 117.

Der atheromatöse Brei aus einem Aortenheerde a a' Flüs-
siges Fett, entstanden durch Fettmetamorphose der Zellen der Intima (a),
welche sich in Körnchenkugeln (a' a') umbilden, dann zerfallen und kleine
und grosse Oeltropfen frei werden lassen (fettiger Detritus). b Amorphe
körnig-faltige Schollen erweichten und gequollenen Gewebes. c c' Cho-
lestearinkrystalle: c die grossen rhombischen Tafeln, c' c' feine, rhom-
bische Nadeln. Vergr. 300.

21

Atherom der Arterien.
ging die Schilderung von Haller hervor, dass die breiartige,
atheromatöse Masse in einer geschlossenen Höhle wie eine
kleine Balggeschwulst zwischen Intima und Media läge. Nur
das war falsch, dass man die Geschwulst als einen besonderen,
von den Gefässhäuten trennbaren Körper betrachtete. Es ist viel-
mehr die Intima selbst, welche ohne Grenze innerhalb der her-
vorragenden Stelle in die Degeneration übergeht. Je weiter
diese Degeneration fortschreitet, um so mehr bildet sich ein
geschlossener Heerd; zuletzt kann es sein, dass die Haut
darüber fluctuirt und beim Einschnitt die breiige Materie sich
entleert, wie der Eiter beim Einschnitt in einen Abscess.
Untersucht man nun die Masse, welche am Ende dieser Pro-
zesse vorhanden ist, so sehen Sie eine grosse Zahl von Cho-
lestearinplatten, welche schon vom blossen Auge als glitzernde
Tafeln hervortreten, grosse rhombische Tafeln, die zu vielen
[Abbildung] Fig. 117.
nebeneinander liegen, sich decken
und im Ganzen einen Glimmerreflex
erzeugen. Neben diesen Platten
finden sich die unter dem Mi-
kroskop schwarz erscheinenden
Fettkörnchenkugeln, innerhalb
derer die einzelnen Körnchen
zuerst ganz fein sind. Die Ku-
geln sind oft in sehr grosser
Masse vorhanden; einzelne sieht
man zerfallen, sich auseinander
lösen und in Partikelchen, wie in
der Milch, umherschwimmen. Daneben mehr oder weniger
grosse amorphe Gewebsfragmente, welche noch zusammenhal-
ten und mehr der Erweichung der übrigen, nicht fettig verän-
derten Gewebssubstanz angehören; in sie sind hier und da
Körnerhaufen eingesetzt. Diese drei Bestandtheile zu-
[Abbildung] Fig. 117.

Der atheromatöse Brei aus einem Aortenheerde a a' Flüs-
siges Fett, entstanden durch Fettmetamorphose der Zellen der Intima (a),
welche sich in Körnchenkugeln (a' a') umbilden, dann zerfallen und kleine
und grosse Oeltropfen frei werden lassen (fettiger Detritus). b Amorphe
körnig-faltige Schollen erweichten und gequollenen Gewebes. c c' Cho-
lestearinkrystalle: c die grossen rhombischen Tafeln, c' c' feine, rhom-
bische Nadeln. Vergr. 300.

21
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0343" n="321"/><fw place="top" type="header">Atherom der Arterien.</fw><lb/>
ging die Schilderung von <hi rendition="#g">Haller</hi> hervor, dass die breiartige,<lb/>
atheromatöse Masse in einer geschlossenen Höhle wie eine<lb/>
kleine Balggeschwulst zwischen Intima und Media läge. Nur<lb/>
das war falsch, dass man die Geschwulst als einen besonderen,<lb/>
von den Gefässhäuten trennbaren Körper betrachtete. Es ist viel-<lb/>
mehr die Intima selbst, welche ohne Grenze innerhalb der her-<lb/>
vorragenden Stelle in die Degeneration übergeht. Je weiter<lb/>
diese Degeneration fortschreitet, um so mehr bildet sich ein<lb/>
geschlossener Heerd; zuletzt kann es sein, dass die Haut<lb/>
darüber fluctuirt und beim Einschnitt die breiige Materie sich<lb/>
entleert, wie der Eiter beim Einschnitt in einen Abscess.<lb/>
Untersucht man nun die Masse, welche am Ende dieser Pro-<lb/>
zesse vorhanden ist, so sehen Sie eine grosse Zahl von Cho-<lb/>
lestearinplatten, welche schon vom blossen Auge als glitzernde<lb/>
Tafeln hervortreten, grosse rhombische Tafeln, die zu vielen<lb/><figure><head>Fig. 117.</head></figure><lb/>
nebeneinander liegen, sich decken<lb/>
und im Ganzen einen Glimmerreflex<lb/>
erzeugen. Neben diesen Platten<lb/>
finden sich die unter dem Mi-<lb/>
kroskop schwarz erscheinenden<lb/>
Fettkörnchenkugeln, innerhalb<lb/>
derer die einzelnen Körnchen<lb/>
zuerst ganz fein sind. Die Ku-<lb/>
geln sind oft in sehr grosser<lb/>
Masse vorhanden; einzelne sieht<lb/>
man zerfallen, sich auseinander<lb/>
lösen und in Partikelchen, wie in<lb/>
der Milch, umherschwimmen. Daneben mehr oder weniger<lb/>
grosse amorphe Gewebsfragmente, welche noch zusammenhal-<lb/>
ten und mehr der Erweichung der übrigen, nicht fettig verän-<lb/>
derten Gewebssubstanz angehören; in sie sind hier und da<lb/>
Körnerhaufen eingesetzt. <hi rendition="#g">Diese drei Bestandtheile zu-</hi><lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 117. </head><p>Der atheromatöse Brei aus einem Aortenheerde <hi rendition="#i">a a'</hi> Flüs-<lb/>
siges Fett, entstanden durch Fettmetamorphose der Zellen der Intima (<hi rendition="#i">a</hi>),<lb/>
welche sich in Körnchenkugeln (<hi rendition="#i">a' a'</hi>) umbilden, dann zerfallen und kleine<lb/>
und grosse Oeltropfen frei werden lassen (fettiger Detritus). <hi rendition="#i">b</hi> Amorphe<lb/>
körnig-faltige Schollen erweichten und gequollenen Gewebes. <hi rendition="#i">c c'</hi> Cho-<lb/>
lestearinkrystalle: <hi rendition="#i">c</hi> die grossen rhombischen Tafeln, <hi rendition="#i">c' c'</hi> feine, rhom-<lb/>
bische Nadeln. Vergr. 300.</p></figure><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">21</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0343] Atherom der Arterien. ging die Schilderung von Haller hervor, dass die breiartige, atheromatöse Masse in einer geschlossenen Höhle wie eine kleine Balggeschwulst zwischen Intima und Media läge. Nur das war falsch, dass man die Geschwulst als einen besonderen, von den Gefässhäuten trennbaren Körper betrachtete. Es ist viel- mehr die Intima selbst, welche ohne Grenze innerhalb der her- vorragenden Stelle in die Degeneration übergeht. Je weiter diese Degeneration fortschreitet, um so mehr bildet sich ein geschlossener Heerd; zuletzt kann es sein, dass die Haut darüber fluctuirt und beim Einschnitt die breiige Materie sich entleert, wie der Eiter beim Einschnitt in einen Abscess. Untersucht man nun die Masse, welche am Ende dieser Pro- zesse vorhanden ist, so sehen Sie eine grosse Zahl von Cho- lestearinplatten, welche schon vom blossen Auge als glitzernde Tafeln hervortreten, grosse rhombische Tafeln, die zu vielen [Abbildung Fig. 117.] nebeneinander liegen, sich decken und im Ganzen einen Glimmerreflex erzeugen. Neben diesen Platten finden sich die unter dem Mi- kroskop schwarz erscheinenden Fettkörnchenkugeln, innerhalb derer die einzelnen Körnchen zuerst ganz fein sind. Die Ku- geln sind oft in sehr grosser Masse vorhanden; einzelne sieht man zerfallen, sich auseinander lösen und in Partikelchen, wie in der Milch, umherschwimmen. Daneben mehr oder weniger grosse amorphe Gewebsfragmente, welche noch zusammenhal- ten und mehr der Erweichung der übrigen, nicht fettig verän- derten Gewebssubstanz angehören; in sie sind hier und da Körnerhaufen eingesetzt. Diese drei Bestandtheile zu- [Abbildung Fig. 117. Der atheromatöse Brei aus einem Aortenheerde a a' Flüs- siges Fett, entstanden durch Fettmetamorphose der Zellen der Intima (a), welche sich in Körnchenkugeln (a' a') umbilden, dann zerfallen und kleine und grosse Oeltropfen frei werden lassen (fettiger Detritus). b Amorphe körnig-faltige Schollen erweichten und gequollenen Gewebes. c c' Cho- lestearinkrystalle: c die grossen rhombischen Tafeln, c' c' feine, rhom- bische Nadeln. Vergr. 300.] 21

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/343
Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/343>, abgerufen am 28.11.2024.