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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Sechszehnte Vorlesung.
wie Sie bei solchen Leuten auch durch den Auswurf in grosser
Menge zu Tage gefördert werden, wodurch der Auswurf die
bekannten rauchgrauen Flecke bekommt (Fig. 11, b.). Auf
den ersten Blick ist es schwierig, einen Unterschied zwischen
Pigment- und Fettkörnchen-Zellen zu machen, insofern in
beiden Fällen dasselbe Bild vorliegt. Wir haben Zellen,
welche in einem Falle gelbbräunlich aussehende Körperchen
darstellen, in dem anderen dagegen unzweifelhaft graues, brau-
nes oder schwarzes Pigment enthalten. Die Unterscheidung
der gewöhnlich sogenannten Körnchenzellen, womit man im-
mer Fettkörnchenzellen meint, ist insofern sehr wesentlich, als
wir an anderen Punkten, z. B. am Gehirn, beide Arten von
Körnchenzellen, Fett und Pigment haltende, nebeneinander fin-
den, und wenn es sich um kleinere Verhältnisse handelt, es
für die Deutung des Fundes sehr wesentlich zu wissen ist, ob
das Ding in die eine oder die andere Reihe gehört. Denn
auch hier kann die Anhäufung vieler kleiner Fetttheilchen durch
die Vervielfältigung der lichtbrechenden Punkte eine intensiv
gelbe Farbe bedingen. Der verschiedene Gehalt an Fett und
der Grad der Zertheilung desselben erzeugt eine grosse Reihe
von Verschiedenheiten, welche sich endlich auch für die äussere
Anschauung sehr deutlich zu erkennen geben, so dass, je feiner
und dichter die fettigen Theile sind, um so mehr auch für
das blosse Auge ein rein gelbes oder bräunlich-gelbes Aussehen
erzeugt werden kann. Was wir gelbe Hirnerweichung nennen,
ist eben auch nichts weiter, als eine Form der fettigen Dege-
neration, wo das gelbe Aussehen der Heerde durch die An-
häufung eines feinkörnigen Fettes bedingt ist. Sobald dieses
entfernt wird, so verschwindet auch die Farbe, obgleich das
extrahirte Fett gar nicht so gefärbt ist, wie die Stelle, von wo
es herstammt. Die Lichtbrechung zwischen den kleinsten Par-
tikeln ist die Hauptbedingung für dieses Farbenphänomen.

Es versteht sich dabei von selbst, dass an einem Punkte,
wo die fettige Degeneration einen hohen Grad erreicht, immer
eine grosse Opacität sich einstellen wird. Ein Theil, welcher
durchsichtig ist, wird undurchsichtig, wenn er fettig wird; das
sehen Sie z. B. an der Hornhaut, deren Trübung so stark
wird, dass im Arcus senilis eine ganz undurchsichtige Zone

Sechszehnte Vorlesung.
wie Sie bei solchen Leuten auch durch den Auswurf in grosser
Menge zu Tage gefördert werden, wodurch der Auswurf die
bekannten rauchgrauen Flecke bekommt (Fig. 11, b.). Auf
den ersten Blick ist es schwierig, einen Unterschied zwischen
Pigment- und Fettkörnchen-Zellen zu machen, insofern in
beiden Fällen dasselbe Bild vorliegt. Wir haben Zellen,
welche in einem Falle gelbbräunlich aussehende Körperchen
darstellen, in dem anderen dagegen unzweifelhaft graues, brau-
nes oder schwarzes Pigment enthalten. Die Unterscheidung
der gewöhnlich sogenannten Körnchenzellen, womit man im-
mer Fettkörnchenzellen meint, ist insofern sehr wesentlich, als
wir an anderen Punkten, z. B. am Gehirn, beide Arten von
Körnchenzellen, Fett und Pigment haltende, nebeneinander fin-
den, und wenn es sich um kleinere Verhältnisse handelt, es
für die Deutung des Fundes sehr wesentlich zu wissen ist, ob
das Ding in die eine oder die andere Reihe gehört. Denn
auch hier kann die Anhäufung vieler kleiner Fetttheilchen durch
die Vervielfältigung der lichtbrechenden Punkte eine intensiv
gelbe Farbe bedingen. Der verschiedene Gehalt an Fett und
der Grad der Zertheilung desselben erzeugt eine grosse Reihe
von Verschiedenheiten, welche sich endlich auch für die äussere
Anschauung sehr deutlich zu erkennen geben, so dass, je feiner
und dichter die fettigen Theile sind, um so mehr auch für
das blosse Auge ein rein gelbes oder bräunlich-gelbes Aussehen
erzeugt werden kann. Was wir gelbe Hirnerweichung nennen,
ist eben auch nichts weiter, als eine Form der fettigen Dege-
neration, wo das gelbe Aussehen der Heerde durch die An-
häufung eines feinkörnigen Fettes bedingt ist. Sobald dieses
entfernt wird, so verschwindet auch die Farbe, obgleich das
extrahirte Fett gar nicht so gefärbt ist, wie die Stelle, von wo
es herstammt. Die Lichtbrechung zwischen den kleinsten Par-
tikeln ist die Hauptbedingung für dieses Farbenphänomen.

Es versteht sich dabei von selbst, dass an einem Punkte,
wo die fettige Degeneration einen hohen Grad erreicht, immer
eine grosse Opacität sich einstellen wird. Ein Theil, welcher
durchsichtig ist, wird undurchsichtig, wenn er fettig wird; das
sehen Sie z. B. an der Hornhaut, deren Trübung so stark
wird, dass im Arcus senilis eine ganz undurchsichtige Zone

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[312/0334] Sechszehnte Vorlesung. wie Sie bei solchen Leuten auch durch den Auswurf in grosser Menge zu Tage gefördert werden, wodurch der Auswurf die bekannten rauchgrauen Flecke bekommt (Fig. 11, b.). Auf den ersten Blick ist es schwierig, einen Unterschied zwischen Pigment- und Fettkörnchen-Zellen zu machen, insofern in beiden Fällen dasselbe Bild vorliegt. Wir haben Zellen, welche in einem Falle gelbbräunlich aussehende Körperchen darstellen, in dem anderen dagegen unzweifelhaft graues, brau- nes oder schwarzes Pigment enthalten. Die Unterscheidung der gewöhnlich sogenannten Körnchenzellen, womit man im- mer Fettkörnchenzellen meint, ist insofern sehr wesentlich, als wir an anderen Punkten, z. B. am Gehirn, beide Arten von Körnchenzellen, Fett und Pigment haltende, nebeneinander fin- den, und wenn es sich um kleinere Verhältnisse handelt, es für die Deutung des Fundes sehr wesentlich zu wissen ist, ob das Ding in die eine oder die andere Reihe gehört. Denn auch hier kann die Anhäufung vieler kleiner Fetttheilchen durch die Vervielfältigung der lichtbrechenden Punkte eine intensiv gelbe Farbe bedingen. Der verschiedene Gehalt an Fett und der Grad der Zertheilung desselben erzeugt eine grosse Reihe von Verschiedenheiten, welche sich endlich auch für die äussere Anschauung sehr deutlich zu erkennen geben, so dass, je feiner und dichter die fettigen Theile sind, um so mehr auch für das blosse Auge ein rein gelbes oder bräunlich-gelbes Aussehen erzeugt werden kann. Was wir gelbe Hirnerweichung nennen, ist eben auch nichts weiter, als eine Form der fettigen Dege- neration, wo das gelbe Aussehen der Heerde durch die An- häufung eines feinkörnigen Fettes bedingt ist. Sobald dieses entfernt wird, so verschwindet auch die Farbe, obgleich das extrahirte Fett gar nicht so gefärbt ist, wie die Stelle, von wo es herstammt. Die Lichtbrechung zwischen den kleinsten Par- tikeln ist die Hauptbedingung für dieses Farbenphänomen. Es versteht sich dabei von selbst, dass an einem Punkte, wo die fettige Degeneration einen hohen Grad erreicht, immer eine grosse Opacität sich einstellen wird. Ein Theil, welcher durchsichtig ist, wird undurchsichtig, wenn er fettig wird; das sehen Sie z. B. an der Hornhaut, deren Trübung so stark wird, dass im Arcus senilis eine ganz undurchsichtige Zone

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/334>, abgerufen am 24.11.2024.