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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Fünfzehnte Vorlesung.
hältnissen in einer Reihe von solchen Fällen eintreten sehen,
welche man nach alter Tradition schon fettige Degeneration
nannte, und zwar ist es namentlich die fettige Degenera-
tion der Muskeln
, welche in vielen Fällen nichts weiter dar-
stellt, als die mehr oder weniger weit fortgeschrittene Ent-
wickelung von Fettzellgewebe zwischen den Muskelprimitivbün-
deln. Es ist dies ein ähnlicher Vorgang, wie wir ihn bei der
Mästung von Thieren finden, und wie manche einfach gemästete
Muskeln auch beim Menschen ihn darstellen. Zwischen die
einzelnen Muskelprimitivbündel schieben sich Fettzellen ein,
welche natürlich streifenweise nach dem Verlauf der Muskelfasern
[Abbildung] Fig. 107.
liegen; letztere können sich da-
bei erhalten. Die Grundlage der
Entwickelung ist hier das Zwischen-
gewebe des Muskels. Im Anfang
der Entwickelung und bei einer
sehr grossen Regelmässigkeit der-
selben kann es sein, dass ganz
einfache Reihen hintereinander
liegender Fettzellen mit den Rei-
hen der Muskelelemente ab-
wechseln. In diesem Falle, wo die Primitivbündel auseinan-
der gedrängt werden und gewöhnlich in Folge der Entwick-
lung des vielen Fettes die Circulation im Muskel gestört, das
Fleisch blass wird, da sieht es für das blosse Auge so aus,
als sei gar kein Muskelfleisch mehr vorhanden. Untersucht
man z. B. an einer Unterextremität, welche in Folge einer
Ankylose des Knie's unbewegt gewesen ist, die Gastrocnemii,
so findet man nur eine gelbliche, kaum streifig aussehende
Masse ohne jedes fleischige Ansehen, allein bei feinerer Unter-
suchung zeigt sich, dass die an sich erhaltenen Primitivbündel
noch immer durch das Fett hindurchgehen. In diesem Falle
bildet das Fett eine Erschwerung für den Muskelgebrauch,
aber die Muskelprimitivbündel sind doch noch vorhanden und
[Abbildung] Fig. 108.

Interstitielle Fettwucherung (Mästung) der Muskeln.
f f, Reihen von interstitiellen Fettzellen; m, m, m Muskelprimitivbündel.
Vergr. 300.

Fünfzehnte Vorlesung.
hältnissen in einer Reihe von solchen Fällen eintreten sehen,
welche man nach alter Tradition schon fettige Degeneration
nannte, und zwar ist es namentlich die fettige Degenera-
tion der Muskeln
, welche in vielen Fällen nichts weiter dar-
stellt, als die mehr oder weniger weit fortgeschrittene Ent-
wickelung von Fettzellgewebe zwischen den Muskelprimitivbün-
deln. Es ist dies ein ähnlicher Vorgang, wie wir ihn bei der
Mästung von Thieren finden, und wie manche einfach gemästete
Muskeln auch beim Menschen ihn darstellen. Zwischen die
einzelnen Muskelprimitivbündel schieben sich Fettzellen ein,
welche natürlich streifenweise nach dem Verlauf der Muskelfasern
[Abbildung] Fig. 107.
liegen; letztere können sich da-
bei erhalten. Die Grundlage der
Entwickelung ist hier das Zwischen-
gewebe des Muskels. Im Anfang
der Entwickelung und bei einer
sehr grossen Regelmässigkeit der-
selben kann es sein, dass ganz
einfache Reihen hintereinander
liegender Fettzellen mit den Rei-
hen der Muskelelemente ab-
wechseln. In diesem Falle, wo die Primitivbündel auseinan-
der gedrängt werden und gewöhnlich in Folge der Entwick-
lung des vielen Fettes die Circulation im Muskel gestört, das
Fleisch blass wird, da sieht es für das blosse Auge so aus,
als sei gar kein Muskelfleisch mehr vorhanden. Untersucht
man z. B. an einer Unterextremität, welche in Folge einer
Ankylose des Knie’s unbewegt gewesen ist, die Gastrocnemii,
so findet man nur eine gelbliche, kaum streifig aussehende
Masse ohne jedes fleischige Ansehen, allein bei feinerer Unter-
suchung zeigt sich, dass die an sich erhaltenen Primitivbündel
noch immer durch das Fett hindurchgehen. In diesem Falle
bildet das Fett eine Erschwerung für den Muskelgebrauch,
aber die Muskelprimitivbündel sind doch noch vorhanden und
[Abbildung] Fig. 108.

Interstitielle Fettwucherung (Mästung) der Muskeln.
f f, Reihen von interstitiellen Fettzellen; m, m, m Muskelprimitivbündel.
Vergr. 300.

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[292/0314] Fünfzehnte Vorlesung. hältnissen in einer Reihe von solchen Fällen eintreten sehen, welche man nach alter Tradition schon fettige Degeneration nannte, und zwar ist es namentlich die fettige Degenera- tion der Muskeln, welche in vielen Fällen nichts weiter dar- stellt, als die mehr oder weniger weit fortgeschrittene Ent- wickelung von Fettzellgewebe zwischen den Muskelprimitivbün- deln. Es ist dies ein ähnlicher Vorgang, wie wir ihn bei der Mästung von Thieren finden, und wie manche einfach gemästete Muskeln auch beim Menschen ihn darstellen. Zwischen die einzelnen Muskelprimitivbündel schieben sich Fettzellen ein, welche natürlich streifenweise nach dem Verlauf der Muskelfasern [Abbildung Fig. 107.] liegen; letztere können sich da- bei erhalten. Die Grundlage der Entwickelung ist hier das Zwischen- gewebe des Muskels. Im Anfang der Entwickelung und bei einer sehr grossen Regelmässigkeit der- selben kann es sein, dass ganz einfache Reihen hintereinander liegender Fettzellen mit den Rei- hen der Muskelelemente ab- wechseln. In diesem Falle, wo die Primitivbündel auseinan- der gedrängt werden und gewöhnlich in Folge der Entwick- lung des vielen Fettes die Circulation im Muskel gestört, das Fleisch blass wird, da sieht es für das blosse Auge so aus, als sei gar kein Muskelfleisch mehr vorhanden. Untersucht man z. B. an einer Unterextremität, welche in Folge einer Ankylose des Knie’s unbewegt gewesen ist, die Gastrocnemii, so findet man nur eine gelbliche, kaum streifig aussehende Masse ohne jedes fleischige Ansehen, allein bei feinerer Unter- suchung zeigt sich, dass die an sich erhaltenen Primitivbündel noch immer durch das Fett hindurchgehen. In diesem Falle bildet das Fett eine Erschwerung für den Muskelgebrauch, aber die Muskelprimitivbündel sind doch noch vorhanden und [Abbildung Fig. 108. Interstitielle Fettwucherung (Mästung) der Muskeln. f f, Reihen von interstitiellen Fettzellen; m, m, m Muskelprimitivbündel. Vergr. 300.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/314>, abgerufen am 01.05.2024.