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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Vierzehnte Vorlesung.
die Reizbarkeit als eine Eigenschaft ganzer Reihen von Orga-
nen zu betrachten.

Ungleich weniger bekannt, meine Herren, ist die deutlich
nachweisbare Reihe derjenigen Vorgänge, durch welche sich
die nutritive Reizbarkeit äussert, jene Fähigkeit der ein-
zelnen Theile, auf bestimmte Erregungen mehr oder weniger
Material in sich aufzunehmen und umzusetzen. Es ist dies
zugleich der Anfang der wesentlichsten Prozesse, welche wir
in das Gebiet der pathologisch-anatomischen Thatsachen zu
verfolgen haben.

Ein Theil, der sich ernährt, kann entweder innerhalb sei-
ner Ernährung sich beschränken auf die einfache Erhaltung,
oder er kann, wie wir besonders in pathologischen Fällen se
hen, eine grössere Masse von Material in sich aufnehmen, als
im gewöhnlichen Laufe der Dinge geschehen wäre. Verfolgen
wir diese Vorgänge der Aufnahme, so zeigt sich immer, wie
ich es Ihnen früher hervorhob, dass die Zahl der Elemente
vor und nach der Erregung gleich bleibt, und wir unterschei-
den darnach die einfachen Hypertrophien von den hyperplasti-
schen Zuständen, mit welchen sie im äusseren Effect oft eine
so grosse Aehnlichkeit haben (S. 58. Fig. 27, B.). Es ist
aber für die pathologische Auffassung äusserst wichtig zu wis-
sen, dass ein Theil, der vermöge irgend einer Energie eine
grosse Quantität von Material in sich aufnimmt, nicht noth-
wendiger Weise deshalb in einen dauerhaften Zustand der
Vergrösserung zu gerathen braucht, sondern dass im Gegen-
theile gerade unter solchen Verhältnissen oft eine nachträg-
liche Störung in der inneren Einrichtung hervortritt, welche
den Bestand des Theiles in Frage stellt und welche der
nächste Grund wird für den Untergang dieses Theiles. Jedes
Gewebe besitzt erfahrungsmässig nur gewisse Möglichkeiten
der Vergrösserung, innerhalb deren es im Stande ist, sich re-
gelmässig zu conserviren; wird dieser Grad, und namentlich
schnell, überschritten, so sehen wir immer, dass für das wei-
tere Leben des Theiles Hindernisse erwachsen, und dass, wenn
der Prozess besonders schnell von Statten geht, eine Schwä-
chung des Theiles bis zu vollständigem Vergehen desselben
eintritt.


Vierzehnte Vorlesung.
die Reizbarkeit als eine Eigenschaft ganzer Reihen von Orga-
nen zu betrachten.

Ungleich weniger bekannt, meine Herren, ist die deutlich
nachweisbare Reihe derjenigen Vorgänge, durch welche sich
die nutritive Reizbarkeit äussert, jene Fähigkeit der ein-
zelnen Theile, auf bestimmte Erregungen mehr oder weniger
Material in sich aufzunehmen und umzusetzen. Es ist dies
zugleich der Anfang der wesentlichsten Prozesse, welche wir
in das Gebiet der pathologisch-anatomischen Thatsachen zu
verfolgen haben.

Ein Theil, der sich ernährt, kann entweder innerhalb sei-
ner Ernährung sich beschränken auf die einfache Erhaltung,
oder er kann, wie wir besonders in pathologischen Fällen se
hen, eine grössere Masse von Material in sich aufnehmen, als
im gewöhnlichen Laufe der Dinge geschehen wäre. Verfolgen
wir diese Vorgänge der Aufnahme, so zeigt sich immer, wie
ich es Ihnen früher hervorhob, dass die Zahl der Elemente
vor und nach der Erregung gleich bleibt, und wir unterschei-
den darnach die einfachen Hypertrophien von den hyperplasti-
schen Zuständen, mit welchen sie im äusseren Effect oft eine
so grosse Aehnlichkeit haben (S. 58. Fig. 27, B.). Es ist
aber für die pathologische Auffassung äusserst wichtig zu wis-
sen, dass ein Theil, der vermöge irgend einer Energie eine
grosse Quantität von Material in sich aufnimmt, nicht noth-
wendiger Weise deshalb in einen dauerhaften Zustand der
Vergrösserung zu gerathen braucht, sondern dass im Gegen-
theile gerade unter solchen Verhältnissen oft eine nachträg-
liche Störung in der inneren Einrichtung hervortritt, welche
den Bestand des Theiles in Frage stellt und welche der
nächste Grund wird für den Untergang dieses Theiles. Jedes
Gewebe besitzt erfahrungsmässig nur gewisse Möglichkeiten
der Vergrösserung, innerhalb deren es im Stande ist, sich re-
gelmässig zu conserviren; wird dieser Grad, und namentlich
schnell, überschritten, so sehen wir immer, dass für das wei-
tere Leben des Theiles Hindernisse erwachsen, und dass, wenn
der Prozess besonders schnell von Statten geht, eine Schwä-
chung des Theiles bis zu vollständigem Vergehen desselben
eintritt.


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[266/0288] Vierzehnte Vorlesung. die Reizbarkeit als eine Eigenschaft ganzer Reihen von Orga- nen zu betrachten. Ungleich weniger bekannt, meine Herren, ist die deutlich nachweisbare Reihe derjenigen Vorgänge, durch welche sich die nutritive Reizbarkeit äussert, jene Fähigkeit der ein- zelnen Theile, auf bestimmte Erregungen mehr oder weniger Material in sich aufzunehmen und umzusetzen. Es ist dies zugleich der Anfang der wesentlichsten Prozesse, welche wir in das Gebiet der pathologisch-anatomischen Thatsachen zu verfolgen haben. Ein Theil, der sich ernährt, kann entweder innerhalb sei- ner Ernährung sich beschränken auf die einfache Erhaltung, oder er kann, wie wir besonders in pathologischen Fällen se hen, eine grössere Masse von Material in sich aufnehmen, als im gewöhnlichen Laufe der Dinge geschehen wäre. Verfolgen wir diese Vorgänge der Aufnahme, so zeigt sich immer, wie ich es Ihnen früher hervorhob, dass die Zahl der Elemente vor und nach der Erregung gleich bleibt, und wir unterschei- den darnach die einfachen Hypertrophien von den hyperplasti- schen Zuständen, mit welchen sie im äusseren Effect oft eine so grosse Aehnlichkeit haben (S. 58. Fig. 27, B.). Es ist aber für die pathologische Auffassung äusserst wichtig zu wis- sen, dass ein Theil, der vermöge irgend einer Energie eine grosse Quantität von Material in sich aufnimmt, nicht noth- wendiger Weise deshalb in einen dauerhaften Zustand der Vergrösserung zu gerathen braucht, sondern dass im Gegen- theile gerade unter solchen Verhältnissen oft eine nachträg- liche Störung in der inneren Einrichtung hervortritt, welche den Bestand des Theiles in Frage stellt und welche der nächste Grund wird für den Untergang dieses Theiles. Jedes Gewebe besitzt erfahrungsmässig nur gewisse Möglichkeiten der Vergrösserung, innerhalb deren es im Stande ist, sich re- gelmässig zu conserviren; wird dieser Grad, und namentlich schnell, überschritten, so sehen wir immer, dass für das wei- tere Leben des Theiles Hindernisse erwachsen, und dass, wenn der Prozess besonders schnell von Statten geht, eine Schwä- chung des Theiles bis zu vollständigem Vergehen desselben eintritt.

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/288>, abgerufen am 24.11.2024.