die aber nicht mehr zurückgeführt werden können auf einen sichtbaren oder unmittelbar erkennbaren Grund. Wir können keine bestimmte chemische Veränderung, keine Umwandlung der Ernährungszustände der Theile wahrnehmen; wir sehen nur eine Verrückung, eine Dislokation der Partikeln.
Bei dem Flimmer-Epithel sehen Sie die Bewegungen der feinen Cilien, welche an der Oberfläche der Zellen sitzen und welche, indem sie sich in einer gewissen Richtung bewe- gen, in dieser Richtung auf kleine Theile, welche ihnen nahe kommen, einen lokomotorischen Effect ausüben. Isoliren wir die einzelnen Zellen, so zeigt sich, dass eine jede oben einen Saum von einer gewissen Dicke hat von welchem kleine haar- förmige Verlängerungen hervortreten. Diese bewegen sich alle in der Art, dass eine Cilie, welche im ruhigen Zustande ganz gerade steht, sich umbiegt und wieder zurückschlägt. Aber wir sind ausser Stande innerhalb der einzelnen Cilien weitere Veränderungen wahrzunehmen, durch welche die Be- wegung vermittelt würde.
Gerade so verhält es sich mit den Drüsenzellen, von wel- chen wir gar nicht zweifelhaft sein können, dass sie einen be- stimmten lokomotorischen Effect haben. Denn nachdem Lud- wig durch die Untersuchung der Speicheldrüsen gezeigt hat, dass der Druck des ausströmenden Speichels grösser ist, als der Druck des zuströmenden Blutes, so kann darüber kein Zweifel sein, dass die Drüsenzellen einen bestimmten motorischen Effect auf die Flüssigkeit ausüben, dass von der Drüse die Secret-Masse mit einer bestimmten Gewalt her- vorgetrieben wird, nicht durch den Blutdruck oder eine beson- dere Muskel-Action, sondern durch die specifische Energie der Zellen als solcher. Allein an einer Drüsenzelle, während sie fungirt, können wir eben so wenig einen eigenthümlichen, ma- teriellen Vorgang der constituirenden Theilchen wahrnehmen, wie an den Nerven, den Muskeln oder dem Flimmer-Epithel.
Diese Thatsachen werden wesentlich verstärkt dadurch, dass wir wahrnehmen, wie gerade die functionellen Verrich- tungen der einzelnen Theile eine gewisse Störung erfahren durch eine längere Dauer der Verrichtung. An allen Theilen treten gewisse Zustände der Ermüdung auf. Zustände, wo
Vierzehnte Vorlesung.
die aber nicht mehr zurückgeführt werden können auf einen sichtbaren oder unmittelbar erkennbaren Grund. Wir können keine bestimmte chemische Veränderung, keine Umwandlung der Ernährungszustände der Theile wahrnehmen; wir sehen nur eine Verrückung, eine Dislokation der Partikeln.
Bei dem Flimmer-Epithel sehen Sie die Bewegungen der feinen Cilien, welche an der Oberfläche der Zellen sitzen und welche, indem sie sich in einer gewissen Richtung bewe- gen, in dieser Richtung auf kleine Theile, welche ihnen nahe kommen, einen lokomotorischen Effect ausüben. Isoliren wir die einzelnen Zellen, so zeigt sich, dass eine jede oben einen Saum von einer gewissen Dicke hat von welchem kleine haar- förmige Verlängerungen hervortreten. Diese bewegen sich alle in der Art, dass eine Cilie, welche im ruhigen Zustande ganz gerade steht, sich umbiegt und wieder zurückschlägt. Aber wir sind ausser Stande innerhalb der einzelnen Cilien weitere Veränderungen wahrzunehmen, durch welche die Be- wegung vermittelt würde.
Gerade so verhält es sich mit den Drüsenzellen, von wel- chen wir gar nicht zweifelhaft sein können, dass sie einen be- stimmten lokomotorischen Effect haben. Denn nachdem Lud- wig durch die Untersuchung der Speicheldrüsen gezeigt hat, dass der Druck des ausströmenden Speichels grösser ist, als der Druck des zuströmenden Blutes, so kann darüber kein Zweifel sein, dass die Drüsenzellen einen bestimmten motorischen Effect auf die Flüssigkeit ausüben, dass von der Drüse die Secret-Masse mit einer bestimmten Gewalt her- vorgetrieben wird, nicht durch den Blutdruck oder eine beson- dere Muskel-Action, sondern durch die specifische Energie der Zellen als solcher. Allein an einer Drüsenzelle, während sie fungirt, können wir eben so wenig einen eigenthümlichen, ma- teriellen Vorgang der constituirenden Theilchen wahrnehmen, wie an den Nerven, den Muskeln oder dem Flimmer-Epithel.
Diese Thatsachen werden wesentlich verstärkt dadurch, dass wir wahrnehmen, wie gerade die functionellen Verrich- tungen der einzelnen Theile eine gewisse Störung erfahren durch eine längere Dauer der Verrichtung. An allen Theilen treten gewisse Zustände der Ermüdung auf. Zustände, wo
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Vierzehnte Vorlesung.
die aber nicht mehr zurückgeführt werden können auf einen
sichtbaren oder unmittelbar erkennbaren Grund. Wir können
keine bestimmte chemische Veränderung, keine Umwandlung
der Ernährungszustände der Theile wahrnehmen; wir sehen
nur eine Verrückung, eine Dislokation der Partikeln.
Bei dem Flimmer-Epithel sehen Sie die Bewegungen der
feinen Cilien, welche an der Oberfläche der Zellen sitzen
und welche, indem sie sich in einer gewissen Richtung bewe-
gen, in dieser Richtung auf kleine Theile, welche ihnen nahe
kommen, einen lokomotorischen Effect ausüben. Isoliren wir
die einzelnen Zellen, so zeigt sich, dass eine jede oben einen
Saum von einer gewissen Dicke hat von welchem kleine haar-
förmige Verlängerungen hervortreten. Diese bewegen sich
alle in der Art, dass eine Cilie, welche im ruhigen Zustande
ganz gerade steht, sich umbiegt und wieder zurückschlägt.
Aber wir sind ausser Stande innerhalb der einzelnen Cilien
weitere Veränderungen wahrzunehmen, durch welche die Be-
wegung vermittelt würde.
Gerade so verhält es sich mit den Drüsenzellen, von wel-
chen wir gar nicht zweifelhaft sein können, dass sie einen be-
stimmten lokomotorischen Effect haben. Denn nachdem Lud-
wig durch die Untersuchung der Speicheldrüsen gezeigt hat,
dass der Druck des ausströmenden Speichels grösser ist, als
der Druck des zuströmenden Blutes, so kann darüber kein
Zweifel sein, dass die Drüsenzellen einen bestimmten
motorischen Effect auf die Flüssigkeit ausüben, dass von
der Drüse die Secret-Masse mit einer bestimmten Gewalt her-
vorgetrieben wird, nicht durch den Blutdruck oder eine beson-
dere Muskel-Action, sondern durch die specifische Energie der
Zellen als solcher. Allein an einer Drüsenzelle, während sie
fungirt, können wir eben so wenig einen eigenthümlichen, ma-
teriellen Vorgang der constituirenden Theilchen wahrnehmen,
wie an den Nerven, den Muskeln oder dem Flimmer-Epithel.
Diese Thatsachen werden wesentlich verstärkt dadurch,
dass wir wahrnehmen, wie gerade die functionellen Verrich-
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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/284>, abgerufen am 24.11.2024.
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