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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Dreizehnte Vorlesung.
ser Natur oder bloss interstitielle Masse ist. Für die Deutung
krankhafter Procezze gewinnen wir von vornherein die wich-
tige Scheidung, dass alle die verschiedenen Hirn- und Rücken-
marksaffectionen bald mehr interstitiell, bald mehr parenchymatös
sein können, und die Erfahrung lehrt, dass gerade das inter-
stitielle Gewebe des Hirns und Rückenmarkes einer der häu-
figsten Sitze krankhafter Veränderung z. B. der fettigen De-
generation ist.

Innerhalb der Neuroglia verlaufen die Gefässe, welche da-
her von der Nervenmasse fast überall noch durch ein leichtes
Zwischenlager getrennt sind und nicht im unmittelbaren Con-
takt mit derselben sich befinden. Die Neuroglia erstreckt sich
in der besonders weichen Form, welche sie an den Central-
Organen, besonders am Gehirne hat, nur noch auf diejenigen
Theile, welche als directe Verlängerungen der Hirnsubstanz
betrachtet werden müssen, nämlich auf die höheren Sinnes-
nerven. Der Olfactorius, Opticus und Acusticus tragen in sich
noch dieselbe Beschaffenheit der Zwischenmasse, während in
den übrigen Theilen, selbst schon im Opticus, eine zunehmende
Masse eines derberen Gewebes auftritt, welches den ganzen
Charakter des Perineuriums annimmt.

Perineurium und Neuroglia sind also äquivalente Theile,
nur dass die eine eine weiche, markige, gebrechliche Beschaf-
fenheit hat, während das andere sich den bekannten fibrösen
Theilen anschliesst. Das Neurilem aber verhält sich zum Pe-
rineurium, wie die Hirn- und Rückenmarkshäute zu der Neu-
roglia.

Ueberall, wo Neuroglia vorhanden ist, zeigt sich eine ganz
besondere Eigenthümlichkeit, welche sich weder chemisch noch
physikalisch bis jetzt deuten lässt; überall da besteht die Mög-
lichkeit, dass jene eigenthümlichen Körper vorkommen, welche
schon durch ihren Bau an die Pflanzenstärke-Körner erinnern,
durch ihre chemische Reaction sich aber denselben vollständig
an die Seite stellen, die viel discutirten Corpora amylacea
(Fig. 95, ca.). Am ausgedehntesten und mächtigsten liegen
sie im Ependyma der Ventrikel, desgleichen in dem
grossen Hirne und zwar um so reichlicher, je reichlicher
die Dicke der Ependymaschicht ist. Man findet sie gewöhn-

Dreizehnte Vorlesung.
ser Natur oder bloss interstitielle Masse ist. Für die Deutung
krankhafter Procezze gewinnen wir von vornherein die wich-
tige Scheidung, dass alle die verschiedenen Hirn- und Rücken-
marksaffectionen bald mehr interstitiell, bald mehr parenchymatös
sein können, und die Erfahrung lehrt, dass gerade das inter-
stitielle Gewebe des Hirns und Rückenmarkes einer der häu-
figsten Sitze krankhafter Veränderung z. B. der fettigen De-
generation ist.

Innerhalb der Neuroglia verlaufen die Gefässe, welche da-
her von der Nervenmasse fast überall noch durch ein leichtes
Zwischenlager getrennt sind und nicht im unmittelbaren Con-
takt mit derselben sich befinden. Die Neuroglia erstreckt sich
in der besonders weichen Form, welche sie an den Central-
Organen, besonders am Gehirne hat, nur noch auf diejenigen
Theile, welche als directe Verlängerungen der Hirnsubstanz
betrachtet werden müssen, nämlich auf die höheren Sinnes-
nerven. Der Olfactorius, Opticus und Acusticus tragen in sich
noch dieselbe Beschaffenheit der Zwischenmasse, während in
den übrigen Theilen, selbst schon im Opticus, eine zunehmende
Masse eines derberen Gewebes auftritt, welches den ganzen
Charakter des Perineuriums annimmt.

Perineurium und Neuroglia sind also äquivalente Theile,
nur dass die eine eine weiche, markige, gebrechliche Beschaf-
fenheit hat, während das andere sich den bekannten fibrösen
Theilen anschliesst. Das Neurilem aber verhält sich zum Pe-
rineurium, wie die Hirn- und Rückenmarkshäute zu der Neu-
roglia.

Ueberall, wo Neuroglia vorhanden ist, zeigt sich eine ganz
besondere Eigenthümlichkeit, welche sich weder chemisch noch
physikalisch bis jetzt deuten lässt; überall da besteht die Mög-
lichkeit, dass jene eigenthümlichen Körper vorkommen, welche
schon durch ihren Bau an die Pflanzenstärke-Körner erinnern,
durch ihre chemische Reaction sich aber denselben vollständig
an die Seite stellen, die viel discutirten Corpora amylacea
(Fig. 95, ca.). Am ausgedehntesten und mächtigsten liegen
sie im Ependyma der Ventrikel, desgleichen in dem
grossen Hirne und zwar um so reichlicher, je reichlicher
die Dicke der Ependymaschicht ist. Man findet sie gewöhn-

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[252/0274] Dreizehnte Vorlesung. ser Natur oder bloss interstitielle Masse ist. Für die Deutung krankhafter Procezze gewinnen wir von vornherein die wich- tige Scheidung, dass alle die verschiedenen Hirn- und Rücken- marksaffectionen bald mehr interstitiell, bald mehr parenchymatös sein können, und die Erfahrung lehrt, dass gerade das inter- stitielle Gewebe des Hirns und Rückenmarkes einer der häu- figsten Sitze krankhafter Veränderung z. B. der fettigen De- generation ist. Innerhalb der Neuroglia verlaufen die Gefässe, welche da- her von der Nervenmasse fast überall noch durch ein leichtes Zwischenlager getrennt sind und nicht im unmittelbaren Con- takt mit derselben sich befinden. Die Neuroglia erstreckt sich in der besonders weichen Form, welche sie an den Central- Organen, besonders am Gehirne hat, nur noch auf diejenigen Theile, welche als directe Verlängerungen der Hirnsubstanz betrachtet werden müssen, nämlich auf die höheren Sinnes- nerven. Der Olfactorius, Opticus und Acusticus tragen in sich noch dieselbe Beschaffenheit der Zwischenmasse, während in den übrigen Theilen, selbst schon im Opticus, eine zunehmende Masse eines derberen Gewebes auftritt, welches den ganzen Charakter des Perineuriums annimmt. Perineurium und Neuroglia sind also äquivalente Theile, nur dass die eine eine weiche, markige, gebrechliche Beschaf- fenheit hat, während das andere sich den bekannten fibrösen Theilen anschliesst. Das Neurilem aber verhält sich zum Pe- rineurium, wie die Hirn- und Rückenmarkshäute zu der Neu- roglia. Ueberall, wo Neuroglia vorhanden ist, zeigt sich eine ganz besondere Eigenthümlichkeit, welche sich weder chemisch noch physikalisch bis jetzt deuten lässt; überall da besteht die Mög- lichkeit, dass jene eigenthümlichen Körper vorkommen, welche schon durch ihren Bau an die Pflanzenstärke-Körner erinnern, durch ihre chemische Reaction sich aber denselben vollständig an die Seite stellen, die viel discutirten Corpora amylacea (Fig. 95, ca.). Am ausgedehntesten und mächtigsten liegen sie im Ependyma der Ventrikel, desgleichen in dem grossen Hirne und zwar um so reichlicher, je reichlicher die Dicke der Ependymaschicht ist. Man findet sie gewöhn-

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/274>, abgerufen am 28.11.2024.