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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Neuroglia.
wenn man schräge Schnitte macht, oft als sternförmige Ele-
mente zu erkennen (Fig. 94.)

Ein ganz ähnlicher Bau, wie wir ihn früher vom Binde-
gewebe kennen gelernt haben, insbesondere ähnliche Elemente
finden sich auch zwischen den Nervenfasern des Grosshirns vor, aber
sie sind so weich und gebrechlich, dass man meist nur Kerne wahr-
nimmt, die in gewissen Abständen in der Masse zerstreut sind. Wenn

[Abbildung] Fig. 95.
man aber genau sucht, so kann man auch
an frischen Objecten einzelne weiche zellige
Körper erkennen, welche einen feinkörnigen
Inhalt und grosse, granulirte Kerne mit
Kernkörperchen besitzen und als rundliche, oder
linsenförmige Gebilde in einer allerdings nicht sehr beträcht-
lichen Menge zwischen den Nerven-Elementen liegen. An ge-
wissen Stellen ist es freilich bis jetzt unmöglich gewesen,
eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen den beiden Geweben, so na-
mentlich an der Oberfläche des kleinen und grossen Gehirnes
zwischen den Körnern, welche ich vorher schilderte, die mit
grossen Ganglien zusammenhängen, und den Kernen des
Bindegewebes. Sobald man die Theile aus dem Zusammen-
hange gerissen sieht, so kann man nicht leicht einen Unter-
schied machen eine bestimmte Deutung ist nur so lange mög-
lich, als man die Theile in ihrer natürlichen Lage übersieht.

Gewiss ist es von erheblicher Wichtigkeit zu wissen, dass
in allen nervösen Theilen ausser den eigentlichen Nerven-Ele-
menten noch ein zweites Gewebe vorhanden ist, welches sich
anschliesst an die grosse Gruppe von Bildungen, welche den
ganzen Körper durchziehen, und welche wir in den früheren
Vorlesungen als Gewebe der Bindesubstanz kennen gelernt ha-
ben. Spricht man von pathologischen oder physiologischen
Zuständen des Hirns oder Rückenmarks, so handelt es sich
zunächst immer darum, zu zeigen, in wie weit dasjenige Ge-
webe, welches getroffen oder erregt ist, welches leidet, nervö-

[Abbildung] Fig. 95.

Elemente der Neuroglia aus der weissen Substanz der
Grosshirnhemisphäre des Menschen. a freie Kerne mit Kernkörperchen,
b Kerne mit körnigen Resten des bei der Präparation zertrümmerten
Zellenparenchyms, c vollständige Zellen. Vergr. 300.

Neuroglia.
wenn man schräge Schnitte macht, oft als sternförmige Ele-
mente zu erkennen (Fig. 94.)

Ein ganz ähnlicher Bau, wie wir ihn früher vom Binde-
gewebe kennen gelernt haben, insbesondere ähnliche Elemente
finden sich auch zwischen den Nervenfasern des Grosshirns vor, aber
sie sind so weich und gebrechlich, dass man meist nur Kerne wahr-
nimmt, die in gewissen Abständen in der Masse zerstreut sind. Wenn

[Abbildung] Fig. 95.
man aber genau sucht, so kann man auch
an frischen Objecten einzelne weiche zellige
Körper erkennen, welche einen feinkörnigen
Inhalt und grosse, granulirte Kerne mit
Kernkörperchen besitzen und als rundliche, oder
linsenförmige Gebilde in einer allerdings nicht sehr beträcht-
lichen Menge zwischen den Nerven-Elementen liegen. An ge-
wissen Stellen ist es freilich bis jetzt unmöglich gewesen,
eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen den beiden Geweben, so na-
mentlich an der Oberfläche des kleinen und grossen Gehirnes
zwischen den Körnern, welche ich vorher schilderte, die mit
grossen Ganglien zusammenhängen, und den Kernen des
Bindegewebes. Sobald man die Theile aus dem Zusammen-
hange gerissen sieht, so kann man nicht leicht einen Unter-
schied machen eine bestimmte Deutung ist nur so lange mög-
lich, als man die Theile in ihrer natürlichen Lage übersieht.

Gewiss ist es von erheblicher Wichtigkeit zu wissen, dass
in allen nervösen Theilen ausser den eigentlichen Nerven-Ele-
menten noch ein zweites Gewebe vorhanden ist, welches sich
anschliesst an die grosse Gruppe von Bildungen, welche den
ganzen Körper durchziehen, und welche wir in den früheren
Vorlesungen als Gewebe der Bindesubstanz kennen gelernt ha-
ben. Spricht man von pathologischen oder physiologischen
Zuständen des Hirns oder Rückenmarks, so handelt es sich
zunächst immer darum, zu zeigen, in wie weit dasjenige Ge-
webe, welches getroffen oder erregt ist, welches leidet, nervö-

[Abbildung] Fig. 95.

Elemente der Neuroglia aus der weissen Substanz der
Grosshirnhemisphäre des Menschen. a freie Kerne mit Kernkörperchen,
b Kerne mit körnigen Resten des bei der Präparation zertrümmerten
Zellenparenchyms, c vollständige Zellen. Vergr. 300.

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[251/0273] Neuroglia. wenn man schräge Schnitte macht, oft als sternförmige Ele- mente zu erkennen (Fig. 94.) Ein ganz ähnlicher Bau, wie wir ihn früher vom Binde- gewebe kennen gelernt haben, insbesondere ähnliche Elemente finden sich auch zwischen den Nervenfasern des Grosshirns vor, aber sie sind so weich und gebrechlich, dass man meist nur Kerne wahr- nimmt, die in gewissen Abständen in der Masse zerstreut sind. Wenn [Abbildung Fig. 95.] man aber genau sucht, so kann man auch an frischen Objecten einzelne weiche zellige Körper erkennen, welche einen feinkörnigen Inhalt und grosse, granulirte Kerne mit Kernkörperchen besitzen und als rundliche, oder linsenförmige Gebilde in einer allerdings nicht sehr beträcht- lichen Menge zwischen den Nerven-Elementen liegen. An ge- wissen Stellen ist es freilich bis jetzt unmöglich gewesen, eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen den beiden Geweben, so na- mentlich an der Oberfläche des kleinen und grossen Gehirnes zwischen den Körnern, welche ich vorher schilderte, die mit grossen Ganglien zusammenhängen, und den Kernen des Bindegewebes. Sobald man die Theile aus dem Zusammen- hange gerissen sieht, so kann man nicht leicht einen Unter- schied machen eine bestimmte Deutung ist nur so lange mög- lich, als man die Theile in ihrer natürlichen Lage übersieht. Gewiss ist es von erheblicher Wichtigkeit zu wissen, dass in allen nervösen Theilen ausser den eigentlichen Nerven-Ele- menten noch ein zweites Gewebe vorhanden ist, welches sich anschliesst an die grosse Gruppe von Bildungen, welche den ganzen Körper durchziehen, und welche wir in den früheren Vorlesungen als Gewebe der Bindesubstanz kennen gelernt ha- ben. Spricht man von pathologischen oder physiologischen Zuständen des Hirns oder Rückenmarks, so handelt es sich zunächst immer darum, zu zeigen, in wie weit dasjenige Ge- webe, welches getroffen oder erregt ist, welches leidet, nervö- [Abbildung Fig. 95. Elemente der Neuroglia aus der weissen Substanz der Grosshirnhemisphäre des Menschen. a freie Kerne mit Kernkörperchen, b Kerne mit körnigen Resten des bei der Präparation zertrümmerten Zellenparenchyms, c vollständige Zellen. Vergr. 300.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/273>, abgerufen am 24.11.2024.