ist von der Zunahme des Inhaltes, allein überall zeigt sich doch wieder eine Verschiedenheit, so dass gewisse Nerven fei- ner, andere gröber sind.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass in den Endstücken die Nervenfasern in der Regel feiner werden, und dass die letzte Verästelung verhältnismässig die feinsten zu enthalten pflegt; jedoch ist dies keine absolute Regel. Beim Opticus finden wir schon vom Augenblicke seines Eintrittes in das Auge an gewöhnlich nur ganz schmale, blasse Fasern (Fig. 79, a.), während die Tastnerven der Haut bis ans Ende verhältniss- mässig breite und dunkel contourirte Fasern zeigen (Fig. 83.). Eine sichere Ansicht über die Bedeutung der verschiedenen Faserarten je nach ihrer Breite und Markhaltigkeit hat sich bis jetzt noch nicht gewinnen lassen. Eine Zeit lang hat man geglaubt, Unterschiede in der Art aufstellen zu können, dass die breiten Fasern als Abkömmlinge der eigentlichen Cerebro- Spinaltheile, die feinen als Theile des Sympathicus betrachtet werden müssten, allein dies ist nicht durchzuführen, und man kann nur soviel sagen, dass die gewöhnlichen peripherischen Nerven allerdings einen grossen Gehalt an breiten, die sym- pathischen einen verhältnissmässig grösseren Theil von feineren Fasern haben. An vielen Orten, wie z. B. im Unterleibe, über- wiegen graue, breite Fasern (Fig. 78, A.), welche von Einigen noch in ihrer Nervennatur bezweifelt werden. Es ist also vor- läufig ein sicherer Schluss über die etwaige Verschiedenheit der Functionen aus dem blossen Bau noch nicht zu ziehen, obwohl kaum bezweifelt werden kann, dass solche Differenzen vorhanden sein müssen, und dass eine breite Faser an sich andere Fähigkeiten, sei es auch nur quantitativ verschiedene, darbieten muss, als eine feine, eine markhaltige andere als eine marklose. Allein über alles das weiss man bis jetzt mit Sicherheit nichts; und seitdem durch die feinere physikalische Untersuchung nachgewiesen ist, dass die Nerven, von denen man früher annahm, dass sie nur nach der einen oder der anderen Seite hin leiteten, die Leitungsfähigkeit nach beiden Seiten hin besitzen, so scheint es nicht gerechtfertigt, Hypo- thesen über die centripetale oder centrifugale Leitung hier an- zuknüpfen.
Eilfte Vorlesung.
ist von der Zunahme des Inhaltes, allein überall zeigt sich doch wieder eine Verschiedenheit, so dass gewisse Nerven fei- ner, andere gröber sind.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass in den Endstücken die Nervenfasern in der Regel feiner werden, und dass die letzte Verästelung verhältnismässig die feinsten zu enthalten pflegt; jedoch ist dies keine absolute Regel. Beim Opticus finden wir schon vom Augenblicke seines Eintrittes in das Auge an gewöhnlich nur ganz schmale, blasse Fasern (Fig. 79, a.), während die Tastnerven der Haut bis ans Ende verhältniss- mässig breite und dunkel contourirte Fasern zeigen (Fig. 83.). Eine sichere Ansicht über die Bedeutung der verschiedenen Faserarten je nach ihrer Breite und Markhaltigkeit hat sich bis jetzt noch nicht gewinnen lassen. Eine Zeit lang hat man geglaubt, Unterschiede in der Art aufstellen zu können, dass die breiten Fasern als Abkömmlinge der eigentlichen Cerebro- Spinaltheile, die feinen als Theile des Sympathicus betrachtet werden müssten, allein dies ist nicht durchzuführen, und man kann nur soviel sagen, dass die gewöhnlichen peripherischen Nerven allerdings einen grossen Gehalt an breiten, die sym- pathischen einen verhältnissmässig grösseren Theil von feineren Fasern haben. An vielen Orten, wie z. B. im Unterleibe, über- wiegen graue, breite Fasern (Fig. 78, A.), welche von Einigen noch in ihrer Nervennatur bezweifelt werden. Es ist also vor- läufig ein sicherer Schluss über die etwaige Verschiedenheit der Functionen aus dem blossen Bau noch nicht zu ziehen, obwohl kaum bezweifelt werden kann, dass solche Differenzen vorhanden sein müssen, und dass eine breite Faser an sich andere Fähigkeiten, sei es auch nur quantitativ verschiedene, darbieten muss, als eine feine, eine markhaltige andere als eine marklose. Allein über alles das weiss man bis jetzt mit Sicherheit nichts; und seitdem durch die feinere physikalische Untersuchung nachgewiesen ist, dass die Nerven, von denen man früher annahm, dass sie nur nach der einen oder der anderen Seite hin leiteten, die Leitungsfähigkeit nach beiden Seiten hin besitzen, so scheint es nicht gerechtfertigt, Hypo- thesen über die centripetale oder centrifugale Leitung hier an- zuknüpfen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0234"n="212"/><fwplace="top"type="header">Eilfte Vorlesung.</fw><lb/>
ist von der Zunahme des Inhaltes, allein überall zeigt sich<lb/>
doch wieder eine Verschiedenheit, so dass gewisse Nerven fei-<lb/>
ner, andere gröber sind.</p><lb/><p>Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass in den Endstücken<lb/>
die Nervenfasern in der Regel feiner werden, und dass die<lb/>
letzte Verästelung verhältnismässig die feinsten zu enthalten<lb/>
pflegt; jedoch ist dies keine absolute Regel. Beim Opticus<lb/>
finden wir schon vom Augenblicke seines Eintrittes in das Auge<lb/>
an gewöhnlich nur ganz schmale, blasse Fasern (Fig. 79, <hirendition="#i">a</hi>.),<lb/>
während die Tastnerven der Haut bis ans Ende verhältniss-<lb/>
mässig breite und dunkel contourirte Fasern zeigen (Fig. 83.).<lb/>
Eine sichere Ansicht über die Bedeutung der verschiedenen<lb/>
Faserarten je nach ihrer Breite und Markhaltigkeit hat sich<lb/>
bis jetzt noch nicht gewinnen lassen. Eine Zeit lang hat man<lb/>
geglaubt, Unterschiede in der Art aufstellen zu können, dass<lb/>
die breiten Fasern als Abkömmlinge der eigentlichen Cerebro-<lb/>
Spinaltheile, die feinen als Theile des Sympathicus betrachtet<lb/>
werden müssten, allein dies ist nicht durchzuführen, und man<lb/>
kann nur soviel sagen, dass die gewöhnlichen peripherischen<lb/>
Nerven allerdings einen grossen Gehalt an breiten, die sym-<lb/>
pathischen einen verhältnissmässig grösseren Theil von feineren<lb/>
Fasern haben. An vielen Orten, wie z. B. im Unterleibe, über-<lb/>
wiegen graue, breite Fasern (Fig. 78, <hirendition="#i">A</hi>.), welche von Einigen<lb/>
noch in ihrer Nervennatur bezweifelt werden. Es ist also vor-<lb/>
läufig ein sicherer Schluss über die etwaige Verschiedenheit<lb/>
der Functionen aus dem blossen Bau noch nicht zu ziehen,<lb/>
obwohl kaum bezweifelt werden kann, dass solche Differenzen<lb/>
vorhanden sein müssen, und dass eine breite Faser an sich<lb/>
andere Fähigkeiten, sei es auch nur quantitativ verschiedene,<lb/>
darbieten muss, als eine feine, eine markhaltige andere als<lb/>
eine marklose. Allein über alles das weiss man bis jetzt mit<lb/>
Sicherheit nichts; und seitdem durch die feinere physikalische<lb/>
Untersuchung nachgewiesen ist, dass die Nerven, von denen<lb/>
man früher annahm, dass sie nur nach der einen oder der<lb/>
anderen Seite hin leiteten, die Leitungsfähigkeit nach beiden<lb/>
Seiten hin besitzen, so scheint es nicht gerechtfertigt, Hypo-<lb/>
thesen über die centripetale oder centrifugale Leitung hier an-<lb/>
zuknüpfen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[212/0234]
Eilfte Vorlesung.
ist von der Zunahme des Inhaltes, allein überall zeigt sich
doch wieder eine Verschiedenheit, so dass gewisse Nerven fei-
ner, andere gröber sind.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass in den Endstücken
die Nervenfasern in der Regel feiner werden, und dass die
letzte Verästelung verhältnismässig die feinsten zu enthalten
pflegt; jedoch ist dies keine absolute Regel. Beim Opticus
finden wir schon vom Augenblicke seines Eintrittes in das Auge
an gewöhnlich nur ganz schmale, blasse Fasern (Fig. 79, a.),
während die Tastnerven der Haut bis ans Ende verhältniss-
mässig breite und dunkel contourirte Fasern zeigen (Fig. 83.).
Eine sichere Ansicht über die Bedeutung der verschiedenen
Faserarten je nach ihrer Breite und Markhaltigkeit hat sich
bis jetzt noch nicht gewinnen lassen. Eine Zeit lang hat man
geglaubt, Unterschiede in der Art aufstellen zu können, dass
die breiten Fasern als Abkömmlinge der eigentlichen Cerebro-
Spinaltheile, die feinen als Theile des Sympathicus betrachtet
werden müssten, allein dies ist nicht durchzuführen, und man
kann nur soviel sagen, dass die gewöhnlichen peripherischen
Nerven allerdings einen grossen Gehalt an breiten, die sym-
pathischen einen verhältnissmässig grösseren Theil von feineren
Fasern haben. An vielen Orten, wie z. B. im Unterleibe, über-
wiegen graue, breite Fasern (Fig. 78, A.), welche von Einigen
noch in ihrer Nervennatur bezweifelt werden. Es ist also vor-
läufig ein sicherer Schluss über die etwaige Verschiedenheit
der Functionen aus dem blossen Bau noch nicht zu ziehen,
obwohl kaum bezweifelt werden kann, dass solche Differenzen
vorhanden sein müssen, und dass eine breite Faser an sich
andere Fähigkeiten, sei es auch nur quantitativ verschiedene,
darbieten muss, als eine feine, eine markhaltige andere als
eine marklose. Allein über alles das weiss man bis jetzt mit
Sicherheit nichts; und seitdem durch die feinere physikalische
Untersuchung nachgewiesen ist, dass die Nerven, von denen
man früher annahm, dass sie nur nach der einen oder der
anderen Seite hin leiteten, die Leitungsfähigkeit nach beiden
Seiten hin besitzen, so scheint es nicht gerechtfertigt, Hypo-
thesen über die centripetale oder centrifugale Leitung hier an-
zuknüpfen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/234>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.