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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Electrische Substanz der Nerven.
durch die Ablösung von der umliegenden Markscheide sich
deutlich isoliren lässt. Der Axencylinder würde also die eigent-
liche electrische Substanz der Physiker sein, und man
kann allerdings die Hypothese zulassen, welche man aufge-
stellt hat, dass die Markscheide mehr als eine isolirende Masse
vorhanden sei, welche die Electricität in dem Nerven selbst
zusammenhält und deren Entladung eben nur an den marklo-
sen Enden der Nerven zu Stande kommen lässt.

Die Besonderheit des Markstoffes äussert sich am häu-
figsten darin, dass, wenn man einen Nerven zerreisst oder zer-
schneidet, gewöhnlich das Mark aus demselben hervortritt
(Fig. 78, m, m.), indem es namentlich bei Einwirkung von Wasser
eine eigenthümliche Streifung zeigt (Fig. 80 A.). Es nimmt
nämlich Wasser auf, was beweist, dass es keine neutrale fet-
tige Substanz im gewöhnlichen Sinne ist, sondern höchstens
durch sein grosses Quellungsvermögen mit gewissen seifenar-
tigen Verbindungen verglichen werden kann. Je länger die
Einwirkung dauert, um so längere Massen schieben sich aus
dem Nerven heraus. Diese haben ein eigenthümlich bandarti-
ges Aussehen, bekommen immer neue Streifen und Schichtun-
gen, und führen zu den sonderbarsten Figuren. Häufig lösen
sich auch einzelne Stücke los und schwimmen als besondere,
geschichtete Körper herum, welche in neuerer Zeit zu Ver-
wechselungen mit den Corpora amylacea Veranlassung gege-
ben haben, sich aber durch ihre chemischen Reactionen auf das

[Abbildung] Fig. 81.
Bestimmteste von ihnen unterscheiden. --

In Beziehung auf die histologische Verschie-
denheit der Nerven unter sich, ergibt die Untersu-
chung, dass an verschiedenen Orten die eine oder
die andere Art der Ausbildung ausserordentlich vor-
waltet. Einerseits nämlich unterscheiden sich die
Nerven wesentlich durch die Breite der Primitivfa-
sern. Wir haben sehr breite, mittlere und kleine
weisse, und ebenso breite und feine graue Fasern.
Eine sehr beträchtliche Grösse erreichen die grauen
überhaupt selten, weil eben die Grösse abhängig

[Abbildung] Fig. 81.

Breite und schmale Nervenfasern aus dem N. cruralis mit
unregelmässiger Aufquellung des Markstoffes. Vergr. 300.

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Electrische Substanz der Nerven.
durch die Ablösung von der umliegenden Markscheide sich
deutlich isoliren lässt. Der Axencylinder würde also die eigent-
liche electrische Substanz der Physiker sein, und man
kann allerdings die Hypothese zulassen, welche man aufge-
stellt hat, dass die Markscheide mehr als eine isolirende Masse
vorhanden sei, welche die Electricität in dem Nerven selbst
zusammenhält und deren Entladung eben nur an den marklo-
sen Enden der Nerven zu Stande kommen lässt.

Die Besonderheit des Markstoffes äussert sich am häu-
figsten darin, dass, wenn man einen Nerven zerreisst oder zer-
schneidet, gewöhnlich das Mark aus demselben hervortritt
(Fig. 78, m, m.), indem es namentlich bei Einwirkung von Wasser
eine eigenthümliche Streifung zeigt (Fig. 80 A.). Es nimmt
nämlich Wasser auf, was beweist, dass es keine neutrale fet-
tige Substanz im gewöhnlichen Sinne ist, sondern höchstens
durch sein grosses Quellungsvermögen mit gewissen seifenar-
tigen Verbindungen verglichen werden kann. Je länger die
Einwirkung dauert, um so längere Massen schieben sich aus
dem Nerven heraus. Diese haben ein eigenthümlich bandarti-
ges Aussehen, bekommen immer neue Streifen und Schichtun-
gen, und führen zu den sonderbarsten Figuren. Häufig lösen
sich auch einzelne Stücke los und schwimmen als besondere,
geschichtete Körper herum, welche in neuerer Zeit zu Ver-
wechselungen mit den Corpora amylacea Veranlassung gege-
ben haben, sich aber durch ihre chemischen Reactionen auf das

[Abbildung] Fig. 81.
Bestimmteste von ihnen unterscheiden. —

In Beziehung auf die histologische Verschie-
denheit der Nerven unter sich, ergibt die Untersu-
chung, dass an verschiedenen Orten die eine oder
die andere Art der Ausbildung ausserordentlich vor-
waltet. Einerseits nämlich unterscheiden sich die
Nerven wesentlich durch die Breite der Primitivfa-
sern. Wir haben sehr breite, mittlere und kleine
weisse, und ebenso breite und feine graue Fasern.
Eine sehr beträchtliche Grösse erreichen die grauen
überhaupt selten, weil eben die Grösse abhängig

[Abbildung] Fig. 81.

Breite und schmale Nervenfasern aus dem N. cruralis mit
unregelmässiger Aufquellung des Markstoffes. Vergr. 300.

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[211/0233] Electrische Substanz der Nerven. durch die Ablösung von der umliegenden Markscheide sich deutlich isoliren lässt. Der Axencylinder würde also die eigent- liche electrische Substanz der Physiker sein, und man kann allerdings die Hypothese zulassen, welche man aufge- stellt hat, dass die Markscheide mehr als eine isolirende Masse vorhanden sei, welche die Electricität in dem Nerven selbst zusammenhält und deren Entladung eben nur an den marklo- sen Enden der Nerven zu Stande kommen lässt. Die Besonderheit des Markstoffes äussert sich am häu- figsten darin, dass, wenn man einen Nerven zerreisst oder zer- schneidet, gewöhnlich das Mark aus demselben hervortritt (Fig. 78, m, m.), indem es namentlich bei Einwirkung von Wasser eine eigenthümliche Streifung zeigt (Fig. 80 A.). Es nimmt nämlich Wasser auf, was beweist, dass es keine neutrale fet- tige Substanz im gewöhnlichen Sinne ist, sondern höchstens durch sein grosses Quellungsvermögen mit gewissen seifenar- tigen Verbindungen verglichen werden kann. Je länger die Einwirkung dauert, um so längere Massen schieben sich aus dem Nerven heraus. Diese haben ein eigenthümlich bandarti- ges Aussehen, bekommen immer neue Streifen und Schichtun- gen, und führen zu den sonderbarsten Figuren. Häufig lösen sich auch einzelne Stücke los und schwimmen als besondere, geschichtete Körper herum, welche in neuerer Zeit zu Ver- wechselungen mit den Corpora amylacea Veranlassung gege- ben haben, sich aber durch ihre chemischen Reactionen auf das [Abbildung Fig. 81.] Bestimmteste von ihnen unterscheiden. — In Beziehung auf die histologische Verschie- denheit der Nerven unter sich, ergibt die Untersu- chung, dass an verschiedenen Orten die eine oder die andere Art der Ausbildung ausserordentlich vor- waltet. Einerseits nämlich unterscheiden sich die Nerven wesentlich durch die Breite der Primitivfa- sern. Wir haben sehr breite, mittlere und kleine weisse, und ebenso breite und feine graue Fasern. Eine sehr beträchtliche Grösse erreichen die grauen überhaupt selten, weil eben die Grösse abhängig [Abbildung Fig. 81. Breite und schmale Nervenfasern aus dem N. cruralis mit unregelmässiger Aufquellung des Markstoffes. Vergr. 300.] 14*

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/233>, abgerufen am 24.11.2024.