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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Leukämie.
war, als wesentlich gebessert das Hospital verliess. In allen
anderen Fällen erfolgte der Tod. Ich will daraus keineswegs
den Schluss ziehen, dass es sich hier um eine absolut unheil-
bare Krankheit handle; ich hoffe im Gegentheil, dass man
endlich auch hier Mittel finden wird, aber es ist gewiss eine
sehr wichtige Thatsache, dass es sich dabei, ähnlich wie bei
der progressiven Muskelatrophie, um Zustände handelt, welche,
sich selbst überlassen, oder, wenn sie unter einer der bis jetzt
bekannten Behandlungen stehen, sich fortwährend verschlim-
mern und endlich zum Tode führen. Es haben diese Fälle
noch ausserdem die besondere Merkwürdigkeit, dass sich ge-
wöhnlich in der letzten Zeit des Lebens eine eigentliche hä-
morrhagische Diathese
ausbildet und Blutungen entstehen,
die besonders häufig in der Nasenhöhle stattfinden (unter der
Form von erschöpfender Epistaxis), die aber unter Umständen
auch an anderen Punkten auftreten können, so in colossaler
Weise als apoplectische Formen im Gehirn oder als melänaar-
tige in der Darmhöhle.

Wenn man nun untersucht, von woher diese sonderbare
Veränderung des Blutes stammt, so zeigt sich, dass in der
grossen Mehrzahl der Fälle mit überzeugender Constanz ein
bestimmtes Organ immer wieder als das wesentlich erkrankte
erscheint, ein Organ, welches häufig schon im Anfange der
Krankheit als Hauptgegenstand der Klagen und Beschwerden
der Kranken erscheint, nämlich die Milz. Daneben leidet sehr
häufig auch eine Partie von Lymphdrüsen, aber das Milzleiden
steht im Vordergrund. Nur in einigen Fällen fand ich die
Milz weniger, die Lymphdrüsen überwiegend verändert, und
zwar in solchem Grade, dass Lymphdrüsen, die man sonst
kaum bemerkt, zu wallnussgrossen Knoten sich entwickelt
hatten, ja dass an einzelnen Stellen fast nichts weiter als
Drüsensubstanz zu bestehen schien. Von den Drüsen z. B.,
welche zwischen den Inguinal- und Lumbaldrüsen gelegen sind,
pflegt man nicht viel zu sprechen; sie haben nicht einmal
einen bequemen Namen. Einzelne von ihnen liegen längs der
Vasa iliaca, einzelne im kleinen Becken. Im Laufe solcher
Leukämien traf ich sie zweimal so vergrössert, dass der ganze

Leukämie.
war, als wesentlich gebessert das Hospital verliess. In allen
anderen Fällen erfolgte der Tod. Ich will daraus keineswegs
den Schluss ziehen, dass es sich hier um eine absolut unheil-
bare Krankheit handle; ich hoffe im Gegentheil, dass man
endlich auch hier Mittel finden wird, aber es ist gewiss eine
sehr wichtige Thatsache, dass es sich dabei, ähnlich wie bei
der progressiven Muskelatrophie, um Zustände handelt, welche,
sich selbst überlassen, oder, wenn sie unter einer der bis jetzt
bekannten Behandlungen stehen, sich fortwährend verschlim-
mern und endlich zum Tode führen. Es haben diese Fälle
noch ausserdem die besondere Merkwürdigkeit, dass sich ge-
wöhnlich in der letzten Zeit des Lebens eine eigentliche hä-
morrhagische Diathese
ausbildet und Blutungen entstehen,
die besonders häufig in der Nasenhöhle stattfinden (unter der
Form von erschöpfender Epistaxis), die aber unter Umständen
auch an anderen Punkten auftreten können, so in colossaler
Weise als apoplectische Formen im Gehirn oder als melänaar-
tige in der Darmhöhle.

Wenn man nun untersucht, von woher diese sonderbare
Veränderung des Blutes stammt, so zeigt sich, dass in der
grossen Mehrzahl der Fälle mit überzeugender Constanz ein
bestimmtes Organ immer wieder als das wesentlich erkrankte
erscheint, ein Organ, welches häufig schon im Anfange der
Krankheit als Hauptgegenstand der Klagen und Beschwerden
der Kranken erscheint, nämlich die Milz. Daneben leidet sehr
häufig auch eine Partie von Lymphdrüsen, aber das Milzleiden
steht im Vordergrund. Nur in einigen Fällen fand ich die
Milz weniger, die Lymphdrüsen überwiegend verändert, und
zwar in solchem Grade, dass Lymphdrüsen, die man sonst
kaum bemerkt, zu wallnussgrossen Knoten sich entwickelt
hatten, ja dass an einzelnen Stellen fast nichts weiter als
Drüsensubstanz zu bestehen schien. Von den Drüsen z. B.,
welche zwischen den Inguinal- und Lumbaldrüsen gelegen sind,
pflegt man nicht viel zu sprechen; sie haben nicht einmal
einen bequemen Namen. Einzelne von ihnen liegen längs der
Vasa iliaca, einzelne im kleinen Becken. Im Laufe solcher
Leukämien traf ich sie zweimal so vergrössert, dass der ganze

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[153/0175] Leukämie. war, als wesentlich gebessert das Hospital verliess. In allen anderen Fällen erfolgte der Tod. Ich will daraus keineswegs den Schluss ziehen, dass es sich hier um eine absolut unheil- bare Krankheit handle; ich hoffe im Gegentheil, dass man endlich auch hier Mittel finden wird, aber es ist gewiss eine sehr wichtige Thatsache, dass es sich dabei, ähnlich wie bei der progressiven Muskelatrophie, um Zustände handelt, welche, sich selbst überlassen, oder, wenn sie unter einer der bis jetzt bekannten Behandlungen stehen, sich fortwährend verschlim- mern und endlich zum Tode führen. Es haben diese Fälle noch ausserdem die besondere Merkwürdigkeit, dass sich ge- wöhnlich in der letzten Zeit des Lebens eine eigentliche hä- morrhagische Diathese ausbildet und Blutungen entstehen, die besonders häufig in der Nasenhöhle stattfinden (unter der Form von erschöpfender Epistaxis), die aber unter Umständen auch an anderen Punkten auftreten können, so in colossaler Weise als apoplectische Formen im Gehirn oder als melänaar- tige in der Darmhöhle. Wenn man nun untersucht, von woher diese sonderbare Veränderung des Blutes stammt, so zeigt sich, dass in der grossen Mehrzahl der Fälle mit überzeugender Constanz ein bestimmtes Organ immer wieder als das wesentlich erkrankte erscheint, ein Organ, welches häufig schon im Anfange der Krankheit als Hauptgegenstand der Klagen und Beschwerden der Kranken erscheint, nämlich die Milz. Daneben leidet sehr häufig auch eine Partie von Lymphdrüsen, aber das Milzleiden steht im Vordergrund. Nur in einigen Fällen fand ich die Milz weniger, die Lymphdrüsen überwiegend verändert, und zwar in solchem Grade, dass Lymphdrüsen, die man sonst kaum bemerkt, zu wallnussgrossen Knoten sich entwickelt hatten, ja dass an einzelnen Stellen fast nichts weiter als Drüsensubstanz zu bestehen schien. Von den Drüsen z. B., welche zwischen den Inguinal- und Lumbaldrüsen gelegen sind, pflegt man nicht viel zu sprechen; sie haben nicht einmal einen bequemen Namen. Einzelne von ihnen liegen längs der Vasa iliaca, einzelne im kleinen Becken. Im Laufe solcher Leukämien traf ich sie zweimal so vergrössert, dass der ganze

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/175>, abgerufen am 25.11.2024.