Frauen in Venedig überlassen war. Jch lernte jeden Sinnenrausch kennen, früher als ich das geheime Feuer im innersten meines Her- zens kannte und verstand, und keine Verderb- niß der verderbtesten Welt hat es daraus vertilgen können. Die Schönheit betete ich an, wo sie sich mir darbot, ein glückliches Naturcll unterstützte mich ... kurz, ich ward nirgend grausam behandelt. Nachher lebte ich eine Zeit lang von aller schönen feinen Welt entfernt bey armen Hirten in den Ge- birgen; dieser schönen Tage werde ich immer mit Freude gedenken. Jch lebte mit lieben holden Kindern zusammen, wahren Kindern der Natur, und der ersten Unschuld; bey ihnen heilte meine Fantasie wenigstens wie- der. ... Einen Gegenstand der Liebe aber, die bis jetzt mir nur unbelohnt, aber tief im Herzen lebt, wo würde ich den wohl fin- den? Er eristirt irgend wo, das weis ich, von dieser frohen Ahndung werde ich im Leben fest- gehalten: aber wo er existirt? wo ich ihn fin- de? -- Aber welche Forderungen werden
Frauen in Venedig uͤberlaſſen war. Jch lernte jeden Sinnenrauſch kennen, fruͤher als ich das geheime Feuer im innerſten meines Her- zens kannte und verſtand, und keine Verderb- niß der verderbteſten Welt hat es daraus vertilgen koͤnnen. Die Schoͤnheit betete ich an, wo ſie ſich mir darbot, ein gluͤckliches Naturcll unterſtuͤtzte mich … kurz, ich ward nirgend grauſam behandelt. Nachher lebte ich eine Zeit lang von aller ſchoͤnen feinen Welt entfernt bey armen Hirten in den Ge- birgen; dieſer ſchoͤnen Tage werde ich immer mit Freude gedenken. Jch lebte mit lieben holden Kindern zuſammen, wahren Kindern der Natur, und der erſten Unſchuld; bey ihnen heilte meine Fantaſie wenigſtens wie- der. … Einen Gegenſtand der Liebe aber, die bis jetzt mir nur unbelohnt, aber tief im Herzen lebt, wo wuͤrde ich den wohl fin- den? Er eriſtirt irgend wo, das weis ich, von dieſer frohen Ahndung werde ich im Leben feſt- gehalten: aber wo er exiſtirt? wo ich ihn fin- de? — Aber welche Forderungen werden
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Frauen in Venedig uͤberlaſſen war. Jch lernte
jeden Sinnenrauſch kennen, fruͤher als ich
das geheime Feuer im innerſten meines Her-
zens kannte und verſtand, und keine Verderb-
niß der verderbteſten Welt hat es daraus
vertilgen koͤnnen. Die Schoͤnheit betete ich
an, wo ſie ſich mir darbot, ein gluͤckliches
Naturcll unterſtuͤtzte mich … kurz, ich ward
nirgend grauſam behandelt. Nachher lebte
ich eine Zeit lang von aller ſchoͤnen feinen
Welt entfernt bey armen Hirten in den Ge-
birgen; dieſer ſchoͤnen Tage werde ich immer
mit Freude gedenken. Jch lebte mit lieben
holden Kindern zuſammen, wahren Kindern
der Natur, und der erſten Unſchuld; bey
ihnen heilte meine Fantaſie wenigſtens wie-
der. … Einen Gegenſtand der Liebe aber,
die bis jetzt mir nur unbelohnt, aber tief im
Herzen lebt, wo wuͤrde ich den wohl fin-
den? Er eriſtirt irgend wo, das weis ich, von
dieſer frohen Ahndung werde ich im Leben feſt-
gehalten: aber wo er exiſtirt? wo ich ihn fin-
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/88>, abgerufen am 24.11.2024.
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