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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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aber irgend einer Regung ihres guten empfind-
lichen Herzens überließ, oder in ihrer natür-
lichen Anmuth, kunstlos, ohne Anmaßung
und ohne Absicht sich gar nicht bemerkt glaub-
te; dann wußte er ihr etwas angenehmes
zu sagen, oder sie durch einen Blick seiner
Theilnahme zu versichern. Dann ließ er sich
auch gern ihre kleine Siegermine gefallen, und
ertrug gutmüthig ihre muthwilligen Neckereyen.
Nach und nach war die Zufriedenheit ihres lau-
nenhaften Lehrers allein bedeutend für Julianen;
der laute Beyfall der Menge ward ihr gleich-
gültiger, zuletzt beinah verhaßt.

Eduard bemerkte mit Freude diese Verände-
rung. Er scherzte eines Tages darüber, daß
Florentin mehr Einfluß auf ihre Bildung habe
als er. -- "Sie haben mir es niemals merken
lassen, sagte Juliane, daß ich zu eitel sey. --
Jch liebte Sie Juliane, so wie Sie sind. --
Und jetzt merken Sie erst, daß ich besser seyn
könnte! ich kann mich wenig auf Jhre Erzie-
hungskunst verlassen. -- Die Liebe weiß nur
zu lieben; wie sollte sie erziehen? -- Sie er-

aber irgend einer Regung ihres guten empfind-
lichen Herzens uͤberließ, oder in ihrer natuͤr-
lichen Anmuth, kunſtlos, ohne Anmaßung
und ohne Abſicht ſich gar nicht bemerkt glaub-
te; dann wußte er ihr etwas angenehmes
zu ſagen, oder ſie durch einen Blick ſeiner
Theilnahme zu verſichern. Dann ließ er ſich
auch gern ihre kleine Siegermine gefallen, und
ertrug gutmuͤthig ihre muthwilligen Neckereyen.
Nach und nach war die Zufriedenheit ihres lau-
nenhaften Lehrers allein bedeutend fuͤr Julianen;
der laute Beyfall der Menge ward ihr gleich-
guͤltiger, zuletzt beinah verhaßt.

Eduard bemerkte mit Freude dieſe Veraͤnde-
rung. Er ſcherzte eines Tages daruͤber, daß
Florentin mehr Einfluß auf ihre Bildung habe
als er. — „Sie haben mir es niemals merken
laſſen, ſagte Juliane, daß ich zu eitel ſey. —
Jch liebte Sie Juliane, ſo wie Sie ſind. —
Und jetzt merken Sie erſt, daß ich beſſer ſeyn
koͤnnte! ich kann mich wenig auf Jhre Erzie-
hungskunſt verlaſſen. — Die Liebe weiß nur
zu lieben; wie ſollte ſie erziehen? — Sie er-

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[56/0064] aber irgend einer Regung ihres guten empfind- lichen Herzens uͤberließ, oder in ihrer natuͤr- lichen Anmuth, kunſtlos, ohne Anmaßung und ohne Abſicht ſich gar nicht bemerkt glaub- te; dann wußte er ihr etwas angenehmes zu ſagen, oder ſie durch einen Blick ſeiner Theilnahme zu verſichern. Dann ließ er ſich auch gern ihre kleine Siegermine gefallen, und ertrug gutmuͤthig ihre muthwilligen Neckereyen. Nach und nach war die Zufriedenheit ihres lau- nenhaften Lehrers allein bedeutend fuͤr Julianen; der laute Beyfall der Menge ward ihr gleich- guͤltiger, zuletzt beinah verhaßt. Eduard bemerkte mit Freude dieſe Veraͤnde- rung. Er ſcherzte eines Tages daruͤber, daß Florentin mehr Einfluß auf ihre Bildung habe als er. — „Sie haben mir es niemals merken laſſen, ſagte Juliane, daß ich zu eitel ſey. — Jch liebte Sie Juliane, ſo wie Sie ſind. — Und jetzt merken Sie erſt, daß ich beſſer ſeyn koͤnnte! ich kann mich wenig auf Jhre Erzie- hungskunſt verlaſſen. — Die Liebe weiß nur zu lieben; wie ſollte ſie erziehen? — Sie er-

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/64>, abgerufen am 24.11.2024.