Doch soll es mir wohl noch gelingen, die schlechten Gewohnheiten wieder abzustreifen. -- Jch sehe, es ist heute nichts mehr mit Jhnen anzufangen, Sie sind bitter. -- Das doch nicht! Wo ist der Thor, der auf ein sicheres, dauerndes Lebensglück rechnet? Aber lassen Sie es mich Jhnen gestehen: Betty's Schick- sal, und das Jhrige, das ich so deutlich vor mir sehe, das von Eduard und Juliane, was ich nur ahnde, es hat mich verwirrt und be- trübt. Aus welchen losen Fäden ist der Traum eures Glücks gesponnen! -- Es lebt dafür in unsrer Seele etwas, das, dem ungebildeten Menschen fremd, uns über jeden Glückswechsel erhebt! --
Nein, Siegen oder Untergehen! rief Flo- rentin aus, als er allein war. -- Und doch hatte die freudige Gelassenheit, mit der der Doktor die letzten Worte gesprochen, etwas in ihm erregt, das ihn nachdenklich machte. Am Ende blieb er aber freylich dennoch überzeugt: daß er seinem jetzigen Plane folgen müsse; daß es für ihn keine andre Thätigkeit gebe, als in
Doch ſoll es mir wohl noch gelingen, die ſchlechten Gewohnheiten wieder abzuſtreifen. — Jch ſehe, es iſt heute nichts mehr mit Jhnen anzufangen, Sie ſind bitter. — Das doch nicht! Wo iſt der Thor, der auf ein ſicheres, dauerndes Lebensgluͤck rechnet? Aber laſſen Sie es mich Jhnen geſtehen: Betty’s Schick- ſal, und das Jhrige, das ich ſo deutlich vor mir ſehe, das von Eduard und Juliane, was ich nur ahnde, es hat mich verwirrt und be- truͤbt. Aus welchen loſen Faͤden iſt der Traum eures Gluͤcks geſponnen! — Es lebt dafuͤr in unſrer Seele etwas, das, dem ungebildeten Menſchen fremd, uns uͤber jeden Gluͤckswechſel erhebt! —
Nein, Siegen oder Untergehen! rief Flo- rentin aus, als er allein war. — Und doch hatte die freudige Gelaſſenheit, mit der der Doktor die letzten Worte geſprochen, etwas in ihm erregt, das ihn nachdenklich machte. Am Ende blieb er aber freylich dennoch uͤberzeugt: daß er ſeinem jetzigen Plane folgen muͤſſe; daß es fuͤr ihn keine andre Thaͤtigkeit gebe, als in
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Doch ſoll es mir wohl noch gelingen, die
ſchlechten Gewohnheiten wieder abzuſtreifen. —
Jch ſehe, es iſt heute nichts mehr mit Jhnen
anzufangen, Sie ſind bitter. — Das doch
nicht! Wo iſt der Thor, der auf ein ſicheres,
dauerndes Lebensgluͤck rechnet? Aber laſſen
Sie es mich Jhnen geſtehen: Betty’s Schick-
ſal, und das Jhrige, das ich ſo deutlich vor
mir ſehe, das von Eduard und Juliane, was
ich nur ahnde, es hat mich verwirrt und be-
truͤbt. Aus welchen loſen Faͤden iſt der Traum
eures Gluͤcks geſponnen! — Es lebt dafuͤr in
unſrer Seele etwas, das, dem ungebildeten
Menſchen fremd, uns uͤber jeden Gluͤckswechſel
erhebt! —
Nein, Siegen oder Untergehen! rief Flo-
rentin aus, als er allein war. — Und doch
hatte die freudige Gelaſſenheit, mit der der
Doktor die letzten Worte geſprochen, etwas in
ihm erregt, das ihn nachdenklich machte. Am
Ende blieb er aber freylich dennoch uͤberzeugt:
daß er ſeinem jetzigen Plane folgen muͤſſe; daß
es fuͤr ihn keine andre Thaͤtigkeit gebe, als in
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/372>, abgerufen am 28.11.2024.
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