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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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genheit der Frauen bey seinem Einpfang, die
wenigen bedeutenden Worte, der herzliche Ton,
der Blick von dem sie begleitet waren, hatten
ihn leichter zu bleiben bewogen, als die dank-
baren Einladungen der Männer. Auch mußte
das offne, zutrauliche, arglose Benehmen der
Eltern, Kinder, Geschwister, Hausgenossen,
Domestiken gegen einander wohl jeden Zwang
und jedes Mistrauen verscheuchen. Nicht leicht
konnte man eine Familie finden, in der so wie
in dieser jedes Verhältniß zugleich so rein und
so gebildet sich erhielt, die ganz durch Einen
gemeinschaftlichen Geist belebt zu seyn schien,
indem jeder Einzelne zugleich seinem eignen
Werthe treu blieb. Hier zum erstenmal be-
merkte Florentin die wahre innige Liebe der
Kinder zu den Eltern, und die Achtung der El-
tern für die Rechte ihrer Kinder. Keiner ver-
läugnete sich selbst, um dem andern zu gefallen,
es bestand alles vollkommen gut neben einan-
der. Eben so stimmte alles Aeussere zusam-
men. Allenthalben blickte durch die glänzende
etwas antike Pracht die Bequemlichkeit und

genheit der Frauen bey ſeinem Einpfang, die
wenigen bedeutenden Worte, der herzliche Ton,
der Blick von dem ſie begleitet waren, hatten
ihn leichter zu bleiben bewogen, als die dank-
baren Einladungen der Maͤnner. Auch mußte
das offne, zutrauliche, argloſe Benehmen der
Eltern, Kinder, Geſchwiſter, Hausgenoſſen,
Domeſtiken gegen einander wohl jeden Zwang
und jedes Mistrauen verſcheuchen. Nicht leicht
konnte man eine Familie finden, in der ſo wie
in dieſer jedes Verhaͤltniß zugleich ſo rein und
ſo gebildet ſich erhielt, die ganz durch Einen
gemeinſchaftlichen Geiſt belebt zu ſeyn ſchien,
indem jeder Einzelne zugleich ſeinem eignen
Werthe treu blieb. Hier zum erſtenmal be-
merkte Florentin die wahre innige Liebe der
Kinder zu den Eltern, und die Achtung der El-
tern fuͤr die Rechte ihrer Kinder. Keiner ver-
laͤugnete ſich ſelbſt, um dem andern zu gefallen,
es beſtand alles vollkommen gut neben einan-
der. Eben ſo ſtimmte alles Aeuſſere zuſam-
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[21/0029] genheit der Frauen bey ſeinem Einpfang, die wenigen bedeutenden Worte, der herzliche Ton, der Blick von dem ſie begleitet waren, hatten ihn leichter zu bleiben bewogen, als die dank- baren Einladungen der Maͤnner. Auch mußte das offne, zutrauliche, argloſe Benehmen der Eltern, Kinder, Geſchwiſter, Hausgenoſſen, Domeſtiken gegen einander wohl jeden Zwang und jedes Mistrauen verſcheuchen. Nicht leicht konnte man eine Familie finden, in der ſo wie in dieſer jedes Verhaͤltniß zugleich ſo rein und ſo gebildet ſich erhielt, die ganz durch Einen gemeinſchaftlichen Geiſt belebt zu ſeyn ſchien, indem jeder Einzelne zugleich ſeinem eignen Werthe treu blieb. Hier zum erſtenmal be- merkte Florentin die wahre innige Liebe der Kinder zu den Eltern, und die Achtung der El- tern fuͤr die Rechte ihrer Kinder. Keiner ver- laͤugnete ſich ſelbſt, um dem andern zu gefallen, es beſtand alles vollkommen gut neben einan- der. Eben ſo ſtimmte alles Aeuſſere zuſam- men. Allenthalben blickte durch die glaͤnzende etwas antike Pracht die Bequemlichkeit und

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/29>, abgerufen am 27.04.2024.