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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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ich sie selbst in ihren eignen Häusern über-
raschte, mich mit ihnen zu Tische setzte,
und von ihrer miserabeln (Gott verzeih mir
die Sünde) Kocherey aus einer Schüssel mit
ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als
ob es mir ganz vortrefflich schmeckte, dank-
te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob
sie meine Kameraden wären. Jch sage das
eben nicht darum, als ob es so besonders
tugendhaft von mir wäre, ich weiß recht
wohl, daß es gegen die Aufklärung und
gegen die reine Menschlichkeit liefe, wenn
ich anders handelte, aber, ich vermuthete,
die Halunken würden von meiner Herablas-
sung gerührt seyn, und in alles einwilligen,
was ich von ihnen verlangte, es wäre denn
doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten
und ihrer edlen Herzen gewesen. Aber mir
nichts, dir nichts! sie blieben bey ihrem star-
ren Eigensinn, es fehlte nicht viel, so hätten
sie sich gegen mich zusammen gerottet, bloß
aus Egoismus, weil mir, wie sie sagten, al-
lein der Vortheil zufließe, und sie freylich

ich ſie ſelbſt in ihren eignen Haͤuſern uͤber-
raſchte, mich mit ihnen zu Tiſche ſetzte,
und von ihrer miſerabeln (Gott verzeih mir
die Suͤnde) Kocherey aus einer Schuͤſſel mit
ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als
ob es mir ganz vortrefflich ſchmeckte, dank-
te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob
ſie meine Kameraden waͤren. Jch ſage das
eben nicht darum, als ob es ſo beſonders
tugendhaft von mir waͤre, ich weiß recht
wohl, daß es gegen die Aufklaͤrung und
gegen die reine Menſchlichkeit liefe, wenn
ich anders handelte, aber, ich vermuthete,
die Halunken wuͤrden von meiner Herablaſ-
ſung geruͤhrt ſeyn, und in alles einwilligen,
was ich von ihnen verlangte, es waͤre denn
doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten
und ihrer edlen Herzen geweſen. Aber mir
nichts, dir nichts! ſie blieben bey ihrem ſtar-
ren Eigenſinn, es fehlte nicht viel, ſo haͤtten
ſie ſich gegen mich zuſammen gerottet, bloß
aus Egoismus, weil mir, wie ſie ſagten, al-
lein der Vortheil zufließe, und ſie freylich

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[267/0275] ich ſie ſelbſt in ihren eignen Haͤuſern uͤber- raſchte, mich mit ihnen zu Tiſche ſetzte, und von ihrer miſerabeln (Gott verzeih mir die Suͤnde) Kocherey aus einer Schuͤſſel mit ihnen verzehrte! Jch that nicht anders, als ob es mir ganz vortrefflich ſchmeckte, dank- te ihnen, und unterhielt mich mit ihnen, als ob ſie meine Kameraden waͤren. Jch ſage das eben nicht darum, als ob es ſo beſonders tugendhaft von mir waͤre, ich weiß recht wohl, daß es gegen die Aufklaͤrung und gegen die reine Menſchlichkeit liefe, wenn ich anders handelte, aber, ich vermuthete, die Halunken wuͤrden von meiner Herablaſ- ſung geruͤhrt ſeyn, und in alles einwilligen, was ich von ihnen verlangte, es waͤre denn doch ein Beweis ihrer verfeinerten Sitten und ihrer edlen Herzen geweſen. Aber mir nichts, dir nichts! ſie blieben bey ihrem ſtar- ren Eigenſinn, es fehlte nicht viel, ſo haͤtten ſie ſich gegen mich zuſammen gerottet, bloß aus Egoismus, weil mir, wie ſie ſagten, al- lein der Vortheil zufließe, und ſie freylich

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/275>, abgerufen am 24.11.2024.