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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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eben so gleichgültig beantwortet wurden. Es
gab einen Augenblick der sonderbarsten verle-
gensten Stille, ich fühlte das unschickliche,
wollte durchaus wieder in meine vorige
Stimmung kommen, die Anstrengung ge-
lang mir schlecht, ich ward völlig verdrießlich,
und ... schlief endlich ein! Als ich erwachte,
schien der Tag hell ins Zimmer hinein; ich
fand mich allein, noch auf demselben Sopha:
es währte einige Minuten eh ich mich entsinnen
konnte, wie ich in dieses Zimmer gekommen,
und was mit mir vorgegangen war? Aber mit
welcher Beschämung fiel mir nun mein ganzes
Abentheuer und mein unerklärlich albernes Be-
nehmen ein. Die Thüren waren alle offen,
kein Mensch kam mir in den Weg, ich schlich
mich unbemerkt aus dem Hause, und eilte aus
der Gegend, so schnell als möglich. Jch war
überzeugt, daß meine Geschichte so höchst lä-
cherlich, als sie wirklich war, und gewiß mit
den unvortheilhaftesten Zusätzen, in Venedig
herumkommen würde, und traute mich gar
nicht, mich die erste Zeit wieder dort sehen zu

eben ſo gleichguͤltig beantwortet wurden. Es
gab einen Augenblick der ſonderbarſten verle-
genſten Stille, ich fuͤhlte das unſchickliche,
wollte durchaus wieder in meine vorige
Stimmung kommen, die Anſtrengung ge-
lang mir ſchlecht, ich ward voͤllig verdrießlich,
und … ſchlief endlich ein! Als ich erwachte,
ſchien der Tag hell ins Zimmer hinein; ich
fand mich allein, noch auf demſelben Sopha:
es waͤhrte einige Minuten eh ich mich entſinnen
konnte, wie ich in dieſes Zimmer gekommen,
und was mit mir vorgegangen war? Aber mit
welcher Beſchaͤmung fiel mir nun mein ganzes
Abentheuer und mein unerklaͤrlich albernes Be-
nehmen ein. Die Thuͤren waren alle offen,
kein Menſch kam mir in den Weg, ich ſchlich
mich unbemerkt aus dem Hauſe, und eilte aus
der Gegend, ſo ſchnell als moͤglich. Jch war
uͤberzeugt, daß meine Geſchichte ſo hoͤchſt laͤ-
cherlich, als ſie wirklich war, und gewiß mit
den unvortheilhafteſten Zuſaͤtzen, in Venedig
herumkommen wuͤrde, und traute mich gar
nicht, mich die erſte Zeit wieder dort ſehen zu

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[206/0214] eben ſo gleichguͤltig beantwortet wurden. Es gab einen Augenblick der ſonderbarſten verle- genſten Stille, ich fuͤhlte das unſchickliche, wollte durchaus wieder in meine vorige Stimmung kommen, die Anſtrengung ge- lang mir ſchlecht, ich ward voͤllig verdrießlich, und … ſchlief endlich ein! Als ich erwachte, ſchien der Tag hell ins Zimmer hinein; ich fand mich allein, noch auf demſelben Sopha: es waͤhrte einige Minuten eh ich mich entſinnen konnte, wie ich in dieſes Zimmer gekommen, und was mit mir vorgegangen war? Aber mit welcher Beſchaͤmung fiel mir nun mein ganzes Abentheuer und mein unerklaͤrlich albernes Be- nehmen ein. Die Thuͤren waren alle offen, kein Menſch kam mir in den Weg, ich ſchlich mich unbemerkt aus dem Hauſe, und eilte aus der Gegend, ſo ſchnell als moͤglich. Jch war uͤberzeugt, daß meine Geſchichte ſo hoͤchſt laͤ- cherlich, als ſie wirklich war, und gewiß mit den unvortheilhafteſten Zuſaͤtzen, in Venedig herumkommen wuͤrde, und traute mich gar nicht, mich die erſte Zeit wieder dort ſehen zu

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/214>, abgerufen am 11.05.2024.