Auf meiner Wandrung machte ich zufällig die Bekanntschaft eines Schweizers, der mit seiner kranken Frau den Winter in Frank- reich zubringen wollte, um sie wenigstens so lang als möglich zu erhalten, da keine Hoff- nung zu ihrer völligen Wiederherstellung war. Sie starb während des Winters, und er, der über ihren Verlust sehr trauerte, bat mich, ihm auf seiner Rückreise nach Basel Gesell- schaft zu leisten. Jch nahm es gern an, ich hatte die Schweiz noch nicht gesehen. Um sich zu erheitern, reiste er nicht geradezu nach Basel, wo er wohntc, sondern begleitete mich vorher auf meinen Zügen in den Alpen. Jch machte einige gutgelungene Zeichnungen, die er behielt. Unter diesen Beschäftigungen verstrich wieder der Sommer; nun ging ich mit ihm nach Basel, wo ich durch ihn in einigen artigen Häusern bekannt ward.
Die Härte des Winters hielt mich lang in Basel, während dem gab ich Unterricht
mann von Dorf zu Dorf verſorgt zu wer- den.
Auf meiner Wandrung machte ich zufaͤllig die Bekanntſchaft eines Schweizers, der mit ſeiner kranken Frau den Winter in Frank- reich zubringen wollte, um ſie wenigſtens ſo lang als moͤglich zu erhalten, da keine Hoff- nung zu ihrer voͤlligen Wiederherſtellung war. Sie ſtarb waͤhrend des Winters, und er, der uͤber ihren Verluſt ſehr trauerte, bat mich, ihm auf ſeiner Ruͤckreiſe nach Baſel Geſell- ſchaft zu leiſten. Jch nahm es gern an, ich hatte die Schweiz noch nicht geſehen. Um ſich zu erheitern, reiſte er nicht geradezu nach Baſel, wo er wohntc, ſondern begleitete mich vorher auf meinen Zuͤgen in den Alpen. Jch machte einige gutgelungene Zeichnungen, die er behielt. Unter dieſen Beſchaͤftigungen verſtrich wieder der Sommer; nun ging ich mit ihm nach Baſel, wo ich durch ihn in einigen artigen Haͤuſern bekannt ward.
Die Haͤrte des Winters hielt mich lang in Baſel, waͤhrend dem gab ich Unterricht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0202"n="194"/>
mann von Dorf zu Dorf verſorgt zu wer-<lb/>
den.</p><lb/><p>Auf meiner Wandrung machte ich zufaͤllig die<lb/>
Bekanntſchaft eines Schweizers, der mit<lb/>ſeiner kranken Frau den Winter in Frank-<lb/>
reich zubringen wollte, um ſie wenigſtens ſo<lb/>
lang als moͤglich zu erhalten, da keine Hoff-<lb/>
nung zu ihrer voͤlligen Wiederherſtellung war.<lb/>
Sie ſtarb waͤhrend des Winters, und er, der<lb/>
uͤber ihren Verluſt ſehr trauerte, bat mich,<lb/>
ihm auf ſeiner Ruͤckreiſe nach Baſel Geſell-<lb/>ſchaft zu leiſten. Jch nahm es gern an, ich<lb/>
hatte die Schweiz noch nicht geſehen. Um<lb/>ſich zu erheitern, reiſte er nicht geradezu<lb/>
nach Baſel, wo er wohntc, ſondern begleitete<lb/>
mich vorher auf meinen Zuͤgen in den Alpen.<lb/>
Jch machte einige gutgelungene Zeichnungen,<lb/>
die er behielt. Unter dieſen Beſchaͤftigungen<lb/>
verſtrich wieder der Sommer; nun ging ich<lb/>
mit ihm nach Baſel, wo ich durch ihn in<lb/>
einigen artigen Haͤuſern bekannt ward.</p><lb/><p>Die Haͤrte des Winters hielt mich lang<lb/>
in Baſel, waͤhrend dem gab ich Unterricht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[194/0202]
mann von Dorf zu Dorf verſorgt zu wer-
den.
Auf meiner Wandrung machte ich zufaͤllig die
Bekanntſchaft eines Schweizers, der mit
ſeiner kranken Frau den Winter in Frank-
reich zubringen wollte, um ſie wenigſtens ſo
lang als moͤglich zu erhalten, da keine Hoff-
nung zu ihrer voͤlligen Wiederherſtellung war.
Sie ſtarb waͤhrend des Winters, und er, der
uͤber ihren Verluſt ſehr trauerte, bat mich,
ihm auf ſeiner Ruͤckreiſe nach Baſel Geſell-
ſchaft zu leiſten. Jch nahm es gern an, ich
hatte die Schweiz noch nicht geſehen. Um
ſich zu erheitern, reiſte er nicht geradezu
nach Baſel, wo er wohntc, ſondern begleitete
mich vorher auf meinen Zuͤgen in den Alpen.
Jch machte einige gutgelungene Zeichnungen,
die er behielt. Unter dieſen Beſchaͤftigungen
verſtrich wieder der Sommer; nun ging ich
mit ihm nach Baſel, wo ich durch ihn in
einigen artigen Haͤuſern bekannt ward.
Die Haͤrte des Winters hielt mich lang
in Baſel, waͤhrend dem gab ich Unterricht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/202>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.