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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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gleich nach jenem Auftritt bekam, drohte mei-
nem Leben. Jch war zerstöhrt, konnte meine
Kraft, meine Fröhlichkeit und meinen Trieb
zur Arbeit nicht wiederfinden. Die Lust zu rei-
sen kam mir wieder an, ich durfte es aber nicht
wagen, wegen meiner angegriffenen Gesundheit.
Jch mußte bey jeder etwas heftigen Bewegung
Blut auswerfen. An dem Mädchen rächte ich
mich weiter nicht; dem Kardinal konnte ich es
aber doch nicht so hingehen lassen; ich machte
einige Verse, in denen ich ihn eben nicht schonte.
Es war Witz und Bitterkeit genug darin, sie
kamen bald in Rom herum. Meine Geschichte
war bekannt geworden, man errieth den Dich-
ter, und zugleich die Eminenz. Er mochte es
wahrscheinlich durch aufmerksame Diener erfah-
ren haben, und für seinen Heiligenschein besorgt
geworden seyn.

Jch suchte nun diese Begebenheit zu verges-
sen, und strengte mich an, meine alte Lebens-
weise wieder einzuführen, als ganz unerwartet
ein Billet von meiner treulosen Schönen an

gleich nach jenem Auftritt bekam, drohte mei-
nem Leben. Jch war zerſtoͤhrt, konnte meine
Kraft, meine Froͤhlichkeit und meinen Trieb
zur Arbeit nicht wiederfinden. Die Luſt zu rei-
ſen kam mir wieder an, ich durfte es aber nicht
wagen, wegen meiner angegriffenen Geſundheit.
Jch mußte bey jeder etwas heftigen Bewegung
Blut auswerfen. An dem Maͤdchen raͤchte ich
mich weiter nicht; dem Kardinal konnte ich es
aber doch nicht ſo hingehen laſſen; ich machte
einige Verſe, in denen ich ihn eben nicht ſchonte.
Es war Witz und Bitterkeit genug darin, ſie
kamen bald in Rom herum. Meine Geſchichte
war bekannt geworden, man errieth den Dich-
ter, und zugleich die Eminenz. Er mochte es
wahrſcheinlich durch aufmerkſame Diener erfah-
ren haben, und fuͤr ſeinen Heiligenſchein beſorgt
geworden ſeyn.

Jch ſuchte nun dieſe Begebenheit zu vergeſ-
ſen, und ſtrengte mich an, meine alte Lebens-
weiſe wieder einzufuͤhren, als ganz unerwartet
ein Billet von meiner treuloſen Schoͤnen an

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[181/0189] gleich nach jenem Auftritt bekam, drohte mei- nem Leben. Jch war zerſtoͤhrt, konnte meine Kraft, meine Froͤhlichkeit und meinen Trieb zur Arbeit nicht wiederfinden. Die Luſt zu rei- ſen kam mir wieder an, ich durfte es aber nicht wagen, wegen meiner angegriffenen Geſundheit. Jch mußte bey jeder etwas heftigen Bewegung Blut auswerfen. An dem Maͤdchen raͤchte ich mich weiter nicht; dem Kardinal konnte ich es aber doch nicht ſo hingehen laſſen; ich machte einige Verſe, in denen ich ihn eben nicht ſchonte. Es war Witz und Bitterkeit genug darin, ſie kamen bald in Rom herum. Meine Geſchichte war bekannt geworden, man errieth den Dich- ter, und zugleich die Eminenz. Er mochte es wahrſcheinlich durch aufmerkſame Diener erfah- ren haben, und fuͤr ſeinen Heiligenſchein beſorgt geworden ſeyn. Jch ſuchte nun dieſe Begebenheit zu vergeſ- ſen, und ſtrengte mich an, meine alte Lebens- weiſe wieder einzufuͤhren, als ganz unerwartet ein Billet von meiner treuloſen Schoͤnen an

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/189>, abgerufen am 13.05.2024.