schien mir so gut und so würdig, daß ich da- von an Manfredi schrieb, und nachdem ich ihm meine letzte Begebenheit mitgetheilt, wendete ich meine ganze Beredsamkeit an, ihn zu bewe- gen, daß er sogleich seine Kompagnie in Stich lassen und zu mir nach Rom kommen sollte, um mir nachzuahmen.
Jch bekam nach einiger Zeit eine freund- schaftliche Antwort von meinem guten Man- fredi. Zu mir könnte er aber nicht kommen, der Marchese halte es nicht für rathsam, daß er seine Laufbahn unterbreche, und habe es ihm untersagt. Meine Katastrophe in Vene- dig habe er schon durch seinen Vater erfahren, der überaus aufgebracht wegen meiner Unbe- sonnenheiten gewesen sey. Man hatte es ihm nemlich aus Venedig mit allen möglichen Ver- kehrtheiten und Verfälschungen berichtet. Vom Antheil an der Mordthat sprach er mich übri- gens zwar frey, aber ich hätte mich niemals, meynte er, in solche gefährliche Gesellschaften mischen sollen. Da ich aber doch die Ehre nicht verletzt hätte, so habe er noch nicht auf-
ſchien mir ſo gut und ſo wuͤrdig, daß ich da- von an Manfredi ſchrieb, und nachdem ich ihm meine letzte Begebenheit mitgetheilt, wendete ich meine ganze Beredſamkeit an, ihn zu bewe- gen, daß er ſogleich ſeine Kompagnie in Stich laſſen und zu mir nach Rom kommen ſollte, um mir nachzuahmen.
Jch bekam nach einiger Zeit eine freund- ſchaftliche Antwort von meinem guten Man- fredi. Zu mir koͤnnte er aber nicht kommen, der Marcheſe halte es nicht fuͤr rathſam, daß er ſeine Laufbahn unterbreche, und habe es ihm unterſagt. Meine Kataſtrophe in Vene- dig habe er ſchon durch ſeinen Vater erfahren, der uͤberaus aufgebracht wegen meiner Unbe- ſonnenheiten geweſen ſey. Man hatte es ihm nemlich aus Venedig mit allen moͤglichen Ver- kehrtheiten und Verfaͤlſchungen berichtet. Vom Antheil an der Mordthat ſprach er mich uͤbri- gens zwar frey, aber ich haͤtte mich niemals, meynte er, in ſolche gefaͤhrliche Geſellſchaften miſchen ſollen. Da ich aber doch die Ehre nicht verletzt haͤtte, ſo habe er noch nicht auf-
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ſchien mir ſo gut und ſo wuͤrdig, daß ich da-
von an Manfredi ſchrieb, und nachdem ich ihm
meine letzte Begebenheit mitgetheilt, wendete
ich meine ganze Beredſamkeit an, ihn zu bewe-
gen, daß er ſogleich ſeine Kompagnie in Stich
laſſen und zu mir nach Rom kommen ſollte, um
mir nachzuahmen.
Jch bekam nach einiger Zeit eine freund-
ſchaftliche Antwort von meinem guten Man-
fredi. Zu mir koͤnnte er aber nicht kommen,
der Marcheſe halte es nicht fuͤr rathſam, daß
er ſeine Laufbahn unterbreche, und habe es
ihm unterſagt. Meine Kataſtrophe in Vene-
dig habe er ſchon durch ſeinen Vater erfahren,
der uͤberaus aufgebracht wegen meiner Unbe-
ſonnenheiten geweſen ſey. Man hatte es ihm
nemlich aus Venedig mit allen moͤglichen Ver-
kehrtheiten und Verfaͤlſchungen berichtet. Vom
Antheil an der Mordthat ſprach er mich uͤbri-
gens zwar frey, aber ich haͤtte mich niemals,
meynte er, in ſolche gefaͤhrliche Geſellſchaften
miſchen ſollen. Da ich aber doch die Ehre
nicht verletzt haͤtte, ſo habe er noch nicht auf-
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/175>, abgerufen am 24.11.2024.
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