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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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Polarstern des guten Tons, |die Seele aller
Jntriguen, der Freund aller lustigen Köpfe,
der Anführer aller tollen Streiche, der Tyrann
aller zärtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten
Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus,
in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich
mit meinen tausend Dukaten zu leben angefan-
gen, als waren es eben so viele Tonnen Gol-
des, so nahmen sie ein rasches Ende. Die
Börsen meiner Anhänger benutzte ich nicht,
wiewohl sie mir offen standen, weil ich sie nicht
brauchte: ich war sehr glücklich im Spiel, und
spielte viel. Einigen kläglichen dummen Teu-
feln, die weder das Spiel, noch sich selbst ver-
standen, (denn sie hatten in wahrer blinder
Wuth ihr ganzes Vermögen gegen mich gesetzt
und verloren) deren Frauen ich kannte und
bedauerte, hatte ich ihren Verlust zurückgege-
ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß-
muth gerieth.

Jn dieser brillanten Epoche bekam ich ei-
nen Brief von Manfredi. Sein Vater war
gleich nach Empfang seines Briefes zu ihm

Polarſtern des guten Tons, |die Seele aller
Jntriguen, der Freund aller luſtigen Koͤpfe,
der Anfuͤhrer aller tollen Streiche, der Tyrann
aller zaͤrtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten
Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus,
in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich
mit meinen tauſend Dukaten zu leben angefan-
gen, als waren es eben ſo viele Tonnen Gol-
des, ſo nahmen ſie ein raſches Ende. Die
Boͤrſen meiner Anhaͤnger benutzte ich nicht,
wiewohl ſie mir offen ſtanden, weil ich ſie nicht
brauchte: ich war ſehr gluͤcklich im Spiel, und
ſpielte viel. Einigen klaͤglichen dummen Teu-
feln, die weder das Spiel, noch ſich ſelbſt ver-
ſtanden, (denn ſie hatten in wahrer blinder
Wuth ihr ganzes Vermoͤgen gegen mich geſetzt
und verloren) deren Frauen ich kannte und
bedauerte, hatte ich ihren Verluſt zuruͤckgege-
ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß-
muth gerieth.

Jn dieſer brillanten Epoche bekam ich ei-
nen Brief von Manfredi. Sein Vater war
gleich nach Empfang ſeines Briefes zu ihm

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[153/0161] Polarſtern des guten Tons, |die Seele aller Jntriguen, der Freund aller luſtigen Koͤpfe, der Anfuͤhrer aller tollen Streiche, der Tyrann aller zaͤrtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus, in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich mit meinen tauſend Dukaten zu leben angefan- gen, als waren es eben ſo viele Tonnen Gol- des, ſo nahmen ſie ein raſches Ende. Die Boͤrſen meiner Anhaͤnger benutzte ich nicht, wiewohl ſie mir offen ſtanden, weil ich ſie nicht brauchte: ich war ſehr gluͤcklich im Spiel, und ſpielte viel. Einigen klaͤglichen dummen Teu- feln, die weder das Spiel, noch ſich ſelbſt ver- ſtanden, (denn ſie hatten in wahrer blinder Wuth ihr ganzes Vermoͤgen gegen mich geſetzt und verloren) deren Frauen ich kannte und bedauerte, hatte ich ihren Verluſt zuruͤckgege- ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß- muth gerieth. Jn dieſer brillanten Epoche bekam ich ei- nen Brief von Manfredi. Sein Vater war gleich nach Empfang ſeines Briefes zu ihm

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/161>, abgerufen am 12.05.2024.