Polarstern des guten Tons, |die Seele aller Jntriguen, der Freund aller lustigen Köpfe, der Anführer aller tollen Streiche, der Tyrann aller zärtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus, in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich mit meinen tausend Dukaten zu leben angefan- gen, als waren es eben so viele Tonnen Gol- des, so nahmen sie ein rasches Ende. Die Börsen meiner Anhänger benutzte ich nicht, wiewohl sie mir offen standen, weil ich sie nicht brauchte: ich war sehr glücklich im Spiel, und spielte viel. Einigen kläglichen dummen Teu- feln, die weder das Spiel, noch sich selbst ver- standen, (denn sie hatten in wahrer blinder Wuth ihr ganzes Vermögen gegen mich gesetzt und verloren) deren Frauen ich kannte und bedauerte, hatte ich ihren Verlust zurückgege- ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß- muth gerieth.
Jn dieser brillanten Epoche bekam ich ei- nen Brief von Manfredi. Sein Vater war gleich nach Empfang seines Briefes zu ihm
Polarſtern des guten Tons, |die Seele aller Jntriguen, der Freund aller luſtigen Koͤpfe, der Anfuͤhrer aller tollen Streiche, der Tyrann aller zaͤrtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus, in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich mit meinen tauſend Dukaten zu leben angefan- gen, als waren es eben ſo viele Tonnen Gol- des, ſo nahmen ſie ein raſches Ende. Die Boͤrſen meiner Anhaͤnger benutzte ich nicht, wiewohl ſie mir offen ſtanden, weil ich ſie nicht brauchte: ich war ſehr gluͤcklich im Spiel, und ſpielte viel. Einigen klaͤglichen dummen Teu- feln, die weder das Spiel, noch ſich ſelbſt ver- ſtanden, (denn ſie hatten in wahrer blinder Wuth ihr ganzes Vermoͤgen gegen mich geſetzt und verloren) deren Frauen ich kannte und bedauerte, hatte ich ihren Verluſt zuruͤckgege- ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß- muth gerieth.
Jn dieſer brillanten Epoche bekam ich ei- nen Brief von Manfredi. Sein Vater war gleich nach Empfang ſeines Briefes zu ihm
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0161"n="153"/>
Polarſtern des guten Tons, |die Seele aller<lb/>
Jntriguen, der Freund aller luſtigen Koͤpfe,<lb/>
der Anfuͤhrer aller tollen Streiche, der Tyrann<lb/>
aller zaͤrtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten<lb/>
Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus,<lb/>
in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich<lb/>
mit meinen tauſend Dukaten zu leben angefan-<lb/>
gen, als waren es eben ſo viele Tonnen Gol-<lb/>
des, ſo nahmen ſie ein raſches Ende. Die<lb/>
Boͤrſen meiner Anhaͤnger benutzte ich nicht,<lb/>
wiewohl ſie mir offen ſtanden, weil ich ſie nicht<lb/>
brauchte: ich war ſehr gluͤcklich im Spiel, und<lb/>ſpielte viel. Einigen klaͤglichen dummen Teu-<lb/>
feln, die weder das Spiel, noch ſich ſelbſt ver-<lb/>ſtanden, (denn ſie hatten in wahrer blinder<lb/>
Wuth ihr ganzes Vermoͤgen gegen mich geſetzt<lb/>
und verloren) deren Frauen ich kannte und<lb/>
bedauerte, hatte ich ihren Verluſt zuruͤckgege-<lb/>
ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß-<lb/>
muth gerieth.</p><lb/><p>Jn dieſer brillanten Epoche bekam ich ei-<lb/>
nen Brief von Manfredi. Sein Vater war<lb/>
gleich nach Empfang ſeines Briefes zu ihm<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[153/0161]
Polarſtern des guten Tons, |die Seele aller
Jntriguen, der Freund aller luſtigen Koͤpfe,
der Anfuͤhrer aller tollen Streiche, der Tyrann
aller zaͤrtlichen, und der Ehrgeiz aller koketten
Frauen geworden. Es gab kein gutes Haus,
in das ich nicht freyen Zutritt hatte. Da ich
mit meinen tauſend Dukaten zu leben angefan-
gen, als waren es eben ſo viele Tonnen Gol-
des, ſo nahmen ſie ein raſches Ende. Die
Boͤrſen meiner Anhaͤnger benutzte ich nicht,
wiewohl ſie mir offen ſtanden, weil ich ſie nicht
brauchte: ich war ſehr gluͤcklich im Spiel, und
ſpielte viel. Einigen klaͤglichen dummen Teu-
feln, die weder das Spiel, noch ſich ſelbſt ver-
ſtanden, (denn ſie hatten in wahrer blinder
Wuth ihr ganzes Vermoͤgen gegen mich geſetzt
und verloren) deren Frauen ich kannte und
bedauerte, hatte ich ihren Verluſt zuruͤckgege-
ben, wodurch ich bald in den Ruf der Groß-
muth gerieth.
Jn dieſer brillanten Epoche bekam ich ei-
nen Brief von Manfredi. Sein Vater war
gleich nach Empfang ſeines Briefes zu ihm
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/161>, abgerufen am 12.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.